Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist Insa Pijanka an der Reihe, Intendantin der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz.
Können Sie ohne Hoffnung denken?
Es wäre ein sehr begrenztes Denken.
Können Sie sich überhaupt ohne Heimat denken?
Eine interessante Frage, denn ich habe bereits vor vielen Jahren meine Heimat verloren. Zumindest wenn man sein Elternhaus als Kern der Heimat betrachtet. Mit dem frühen Tod meiner Eltern war diese Heimat sehr plötzlich nicht mehr existent. Insofern muss ich mich fragen, was einem alles Heimat sein kann. Für mich bedeuten vor allem Menschen, welche mir nahe stehen, Heimat. In diesem Sinne ist Heimat ein Gefühl – Geborgenheit, menschliche Nähe, Vertrauen und vieles mehr. Sie ist etwas Ideelles, was ich in mir tragen und was nicht an einen Ort gebunden ist, beziehungsweise das ich immer mitnehme, egal, wo ich mich befinde. Daher können mir sehr viele Orte Heimat sein.
Warum scheuen Revolutionäre den Humor?
Es kommt sehr darauf an, von welcher Art von Humor wir sprechen. Revolutionäre scheuen eine gewisse Art des Humors, der subversiv ist, entlarvend und nicht kontrollierbar – Ironie, Satire etc. Revolutionäre sind zudem selten selbstironisch.
Was ertragen sie nur mit Humor?
Eigentlich alles, was mir widerfährt. Gerade in schwierigen Momenten oder wenn einem Ignoranz entgegentritt, hilft nur noch Humor, auch wenn der dann manchmal sehr schwarz werden kann. Zudem ist ein gewisses Maß an Selbstironie nie schädlich, um sich selbst immer wieder zu hinterfragen.
Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
Um mit Max Frisch selber zu sprechen: „Es gibt kein Leben ohne Angst vor dem andern [dem Nichtsein, das wir als Tod bezeichnen]; schon weil es ohne diese Angst, die unsere Tiefe ist, kein Leben gibt: erst aus dem Nichtsein, das wir ahnen, begreifen wir für Augenblicke, dass wir leben.“ In diesem Sinne könnte ich von einer „Angst“ sprechen, die aber durchaus auch ihre sinnvollen Seiten hat. Wobei es wohl eher eine Angst vor dem Sterben als vor dem Tod selbst ist, denn der Tod ist unvermeidbar. Der Vorgang des Sterbens hingegen kann sehr unterschiedlich ausfallen und macht mir durchaus Angst, zumal ich schon mir sehr nahe stehende Menschen beim Sterben begleitet habe und gesehen habe, was Krankheit, Schmerz, Angst etc. mit einem Menschen machen. Wovor ich aber am meisten Angst habe, ist gar nicht mein eigenes Sterben. Denn das Überleben des Verlustes kann viel beängstigender sein.
Was tun sie dagegen?
Leben, Wachsein! Und das mit möglichst viel Humor.