Der Brand ist nach dem Abgang der glücklos agierenden Intendantin Insa Pijanka zwar vorerst gelöscht, die verbliebenen Glutnester aber treten bei der Südwestdeutschen Philharmonie erst nach und nach zutage. Eines zeigte sich bei der jüngsten Sitzung des Orchesterausschusses in einer viel zu optimistisch angesetzten Planung. Kosteneinsparungen durch nicht besetzte Stellen werden die Folgen wohl in Grenzen halten.

Glück im Unglück also? Wohl eher: ein weiteres Problem als Lösung. Und doch, vielleicht lässt sich das als gutes Omen deuten. Denn bei solidem Krisenmanagement könnten die Hiobsbotschaften tatsächlich bald der Vergangenheit angehören.

Kommen Abonnenten und Sponsoren zurück?

Einen Ansatzpunkt bieten die fast 1000 abgesprungenen Abonnenten: Die meisten von ihnen haben ja nicht etwa aus geschwundenem Interesse an klassischer Musik gekündigt. Es liegt also nahe, diese Kontakte wieder aufzugreifen und für eine zweite Chance zu werben. Oder die verloren gegangenen Sponsoren: Pro Jahr hatten sie einst dem Orchester im Schnitt 67.000 Euro beschert. Doch dann warfen sie der Reihe nach entnervt das Handtuch, die verbliebenen 3000 Euro reichen für die Portokasse.

Gelingt es dem Interims-Trio an der Spitze (Chefdirigent Gabriel Venzago, Organisationsleiter Rouven Schöll und Musikschuldirektor Dieter Dörrenbächer), geschwundenes Vertrauen zurückzugewinnen, könnte sich das wieder ändern. Ihr größter Trumpf: Das Orchester hat während der Querelen hohe Professionalität bewiesen und sein Niveau halten, vielleicht sogar steigern können. Der neue Chefdirigent vermochte gar, so etwas wie unverhoffte Aufbruchstimmung zu entfachen.

Für unverhoffte Aufbruchstimmung verantwortlich: Chefdirigent Gabriel Venzago.
Für unverhoffte Aufbruchstimmung verantwortlich: Chefdirigent Gabriel Venzago. | Bild: Nikolaj Lund

Doch kann dies nicht davon ablenken, dass neben der akuten Krisenbewältigung bereits heute ein Zukunftskonzept für diesen Betrieb auf die Tagesordnung gehört. Ob in 20 Jahren noch Konstanzer Klassik-Liebhaber in nennenswerter Anzahl eine bessere Schul-Aula aufsuchen, um auf Holzstühlen bei durchwachsener Akustik der Interpretation einer Brahms-Sinfonie zu lauschen, während in anderen Städten längst schicke Musentempel aus dem Boden geschossen sind: Mit Blick auf die Publikumsforschung erscheint dieses Szenario wenig wahrscheinlich.

Und der bewährte Trick, dieses Problem auf den Intendantenschreibtisch abzuschieben, hat sich verbraucht. Es ist nun an den politischen Entscheidungsträgern selbst, mit einer konkret ausformulierten Vision den Rahmen für eine dazu passende Personalfindung zu bilden. Und zwar jetzt.

Das könnte Sie auch interessieren

Bei nüchterner Betrachtung stehen ihnen dabei zwei Optionen zur Auswahl.

Variante Nummer eins: Die Stadt will sich trotz Spardrucks nicht länger von kleineren Bodensee-Städten wie Bregenz und St. Gallen vorführen lassen und errichtet ein Konzerthaus, das mit ansprechender Architektur, überzeugender Akustik und gehobener Gastronomie den Bedürfnissen einer kommenden Großstadtkultur gerecht wird.

Variante Nummer zwei: Das Orchester streicht den Namen Konstanz, versteht sich fortan als Institution für die gesamte Bodensee-Region und erweitert damit seinen potenziellen Kundenstamm.

Die erste Option kostet Geld, die zweite künstlerischen Anspruch. Die Konstanzer Kulturpolitik ist also gefordert. Ob alle Akteure verstehen, dass damit mal nicht parteipolitische Ränkespiele gemeint sind?