Am lebhaftesten erinnert er sich an die Begegnung mit Paul McCartney. Fast eine Stunde hatte er mit dem Ex-Beatle gesprochen, da ging dessen damalige Ehefrau Heather Mills dazwischen und beschied, das Interview sei zu Ende. Sir Paul reagierte ungnädig. Mit harschen Worten schickte der Ehemann sie aus dem Raum. „Das wirst du mir bezahlen“, fauchte die Gattin zurück. „Es wurde in der Tat teuer“, schmunzelt Günter Schneidewind, der den britischen Megastar damals für den Südwestrundfunk (SWR) interviewte. „Genau gesagt, 25 Millionen Pfund.“ Auf diese stolze Summe belief sich die Abfindung, die McCartney für die Scheidung von seiner zweiten Frau hinblättern musste.

Ein Höhepunkt: Günter Schneidewind 2001 mit Ex-Beatle Paul McCartney.
Ein Höhepunkt: Günter Schneidewind 2001 mit Ex-Beatle Paul McCartney. | Bild: Privatarchiv Günter Schneidewind

Er kennt sie alle

Günter Schneidewind kennt viele solcher Geschichten. Fast 30 Jahre lang unterhielt der frühere Kultmoderator des SWR damit seine Hörer.

Und er kannte sie alle: Mick Jagger, David Bowie, Phil Collins, die Jungs von Led Zeppelin und Deep Purple. In Sendungen wie „Guten Abend, Baden-Württemberg“ plauderte er aus dem Nähkästchen und erzählte von den großen und kleinen Schwächen der Stars, die er im Lauf der Gespräche aus seinen Gästen herauskitzelte.

Das war 1999: Treffen mit Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger in Stuttgart.
Das war 1999: Treffen mit Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger in Stuttgart. | Bild: Privatarchiv Günter Schneidewind

Vom Moderator zum Autor

Mittlerweile sitzen andere vor dem Mikrofon im SWR-Studio in Stuttgart. Im Herbst 2018 verabschiedete sich Schneidewind, mittlerweile 66, von seiner Hörergemeinde und trat in den Ruhestand. Untätig ist er deswegen nicht: Mit seinen Geschichten aus der Welt des Rock‘n‘Roll tourt der frühere Moderator durch die Lande und erlaubt seinem Publikum einen Blick hinter die Kulissen. Zwei Bücher über die Begegnungen hat er veröffentlicht. „Der große Schneidewind“ nennt sich ganz unbescheiden der Erstling – er wurde zum Bestseller. Etwas später folgte der zweite Band.

Und das macht er heute: Günter Schneidewind beim Signieren seiner Bücher nach einer Autoren-lesung  im Vineum in Meersburg.
Und das macht er heute: Günter Schneidewind beim Signieren seiner Bücher nach einer Autoren-lesung im Vineum in Meersburg. | Bild: Dieter Löffler

Schneidewind machen diese Auftritte sichtlich Spaß, wie sich unlängst bei einer Lesung im Vineum Meersburg zeigte, wo er auf Einladung der Stadtbücherei las. Story folgt auf Story, Anekdote auf Anekdote. Queen-Gitarrist Brian May griff während eines Interviews zu einem Tablett mit Süßigkeiten, vergaß im Redefluss jedoch das Essen und schmierte sich die schmelzende Schokolade versehentlich in sein imposantes Wuschelhaar. Deep-Purple-Sänger Ian Gillan verriet den Rundfunkhörern zum Entsetzen des Moderators, dass er den Gastgeber kurz vor der Sendung auf der Herrentoilette beim gemeinsamen Pinkeln kennengelernt hatte.

Schnappschuss mit Jimmy Page, Gitarrist von Led Zeppelin.
Schnappschuss mit Jimmy Page, Gitarrist von Led Zeppelin. | Bild: Privatarchiv Günter Schneidewind
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In die Wiege gelegt wurde Schneidewind diese Karriere nicht. Bis zum Mauerfall 1989 lebte er als DDR-Bürger hinter dem Eisernen Vorhang, wo man laut Walter Ulbricht „dieses ganze Yeah-Yeah-Yeah“ nicht haben wollte. Daran musste sich auch Rockmusik-Fan Schneidewind halten, obwohl er in der DDR für das Jugendradio arbeitete. Mit dem Mauerfall kam ein Angebot vom SWR und Schneidewind wechselte nach Stuttgart. Den Spitznamen „Der große Schneidewind“ verpasste ihm der Ende Oktober verstorbene Radiokollege Thomas Schmidt – in Anlehnung an den Großen Brockhaus. Denn: Der neue Kollege aus dem Osten stellte sich rasch als wandelndes Poplexikon heraus.

„Je größer die Stars, desto bescheidener sind sie.“
Günter Schneidewind, früherer SWR-Moderator

Interviews führt Schneidewind als Ruheständler keine mehr, doch die Liebe zur Musik und ihren Machern ist geblieben. „Je größer die Stars, desto bescheidener sind sie“, lautet seine Erkenntnis nach drei Jahrzehnten. Zum Beispiel Paul McCartney. Garstig war er vielleicht zu seiner damaligen Ehefrau, nicht aber zu Mitmusikern, Fans und Journalisten. „Im Gegenteil, er interessierte sich sehr für Deutschland und erkundigte sich nach meinen Erfahrungen mit der DDR und der Wiedervereinigung“, erinnert sich Schneidewind. Ein Großer eben.