Vermutlich kennen einige der Viertklässler in der Stuttgarter Grundschule Cossu. Über ihre Eltern. Aber sollten diese ihren Sprösslingen ein Video von ihm zeigen, dann werden die Kinder zuerst mit Sicherheit rufen: „Das ist doch Herr Staier, unser Lehrer und Erzieher!“

Lukas Staier alias Cossu führt zwei Leben. Eins als Künstler, Entertainer, Comedian, Rapper und Content Creator – und ein zweites als Pädagoge. Der 34-Jährige hat es sich in diesen beiden Welten bequem eingerichtet. „Ich mache das, was mir am meisten Spaß macht, und bin zudem mein eigener Chef“, sagt Staier.

Er liebt die Bühne, die großen Auftritte, die Kunst. Aber gleichzeitig die Arbeit mit den Kindern. Es gebe durchaus Parallelen, sagt er. „Die jeweilige Gruppe muss sich auf mich einlassen, mir zuhören.“

Die sozialen Medien haben Cossu groß gemacht, sein Leben komplett verändert. Er kann mittlerweile von seinem Schaffen leben. Mehr als eine halbe Million Menschen folgen ihm auf den Plattformen Instagram, TikTok, YouTube und Facebook. Wenn er wie in dieser Woche in Stuttgart bei einer Veranstaltung mit jungen Menschen der Generation Z auftritt, kommen sie auf ihn zu und wollen sich mit ihm ablichten lassen. Ein Selfie mit Cossu ist cool.

Es war ein kurzes Video, nur eine halbe Minute lang, das er auf TikTok hochgeladen hat. Er kann sich sogar noch an das Datum erinnern. Es war der 14. Januar 2021. Seitdem kann er sein Leben in ein Davor und in ein Danach unterteilen. Er hat während Corona den Nerv einer ganzen Generation getroffen, sogenannte Reels in Mundart hatte es bis dato nicht gegeben.

Sein Spruch: „Wem g‘härsch du?“

Staier ist in Haslach im Kinzigtal aufgewachsen, er beherrscht den badisch-alemannischen Dialekt. Also veröffentlichte er ein Video, in dem er sagt: „In Germany in the Black Forest we don‘t say: Hey girl, where are you from? We say: Maidle, komma mal her. Wem g‘härsch du?“

In wenigen Stunden wird der Beitrag tausende Mal geteilt. Staier produziert von da an täglich ein neues Video im gleichen Stil. Bis er so viele Follower hat, dass sich erste Unternehmen bei ihm melden und ihm Geld dafür anbieten, wenn er für sie Werbung macht. Plötzlich verdient er 2000 Euro am Tag.

Zum Beispiel fragt ein Hotel an, das dringend Stellen besetzen möchte, ob er nicht einen lustigen Clip für die Generation Z erstelle könne. Cossu macht das – und nach einer Woche hat das Hotel alle neun Stellen vergeben. „Ich erarbeite für jeden ein eigenes, authentisches und humorvolles Video“, sagt er.

Cossu hatte vorher auch schon Kunst gemacht, er trat im Vorprogramm von Comedian Bülent Ceylan auf. Er schrieb eigene Rap-Songs. Aber er konnte davon nicht leben, also beschloss er nach vier Jahren, doch noch sein Referendariat als Realschullehrer zu beginnen.

In Heidelberg hatte er Sport, Deutsch und Geografie studiert. Er wollte im Februar 2021 seine Stelle antreten. Doch dann kam der Erfolg und junge Menschen laufen seitdem mit T-Shirts herum, auf denen steht: „Wem g‘härsch du?“

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Inzwischen lebt Staier nicht mehr im Schwarzwald, sondern in Stuttgart. Hier geht er auch einmal in der Woche zu seiner Klasse, die er pädagogisch betreut, er hilft bei den Hausaufgaben und spielt mit ihnen. Während Corona hat er sie sogar unterrichtet. Er braucht das als Ausgleich für den Kopf.

Ob er vielleicht irgendwann nur noch als Lehrer arbeitet? „Das kann ich mir vorstellen.“ Einen Plan habe er allerdings nicht, sagt Staier. „Ich bin stinkfaul.“ Träume hat er trotzdem: ein eigenes Bühnenprogramm und vor vielen Leuten rappen.