Wenige Tage nach der als einmalige Jubiläums-Show geplanten Neuauflage des ZDF-Klassikers „Wetten, dass ..?“ stehen zwei Dinge fest: Thomas Gottschalk hat das Moderieren einer großen Live-Show mit unterhaltsamen Wetten und prominenten Gästen nicht verlernt – und das ZDF täte gut daran, den von fast 14 Millionen Zuschauern geäußerten Wunsch nach mehr davon nicht einfach unter den Teppich zu kehren. Für die regelmäßige Rückkehr von „Wetten, dass ..?“ ins deutsche Fernsehen spricht einiges.
Die Einschaltquote spricht eine deutliche Sprache
Natürlich war am Samstag viel Neugier dabei. Ob Thomas Gottschalk es wohl noch drauf hat? Ob das Konzept mit den Wetten wieder funktioniert? Ob die Promis auf dem Sofa überhaupt was halbwegs Interessantes zu sagen haben? Und natürlich garantiert eine einmalige sensationelle Einschaltquote von 13,8 Millionen Zuschauern nicht die Wiederholung dieses Erfolgs – aber auszuschließen ist es eben auch nicht. Und mal ehrlich: Wie dumm müsste man beim ZDF sein, diesen Rettungsring fürs lineare Fernsehen nicht zu packen und ganz, ganz fest zu halten?
Ein Marktanteil von 45,7 Prozent – also fast die Hälfte aller, die zu der Zeit ferngesehen haben – ist (bei aller möglicherweise berechtigten Kritik an der Messung der Einschaltquote) etwas, von dem Programmdirektoren heute eigentlich nur noch im Fieberwahn fantasieren können. Selbst die größte Konkurrenz hatte keine Chance: Für den ARD-Krimi „Das Lied des toten Mädchens“ interessierten sich 3,94 Millionen Zuschauer, für die Musik-Show „The Masked Singer“ auf ProSieben gerade mal 2,20 Millionen.
Nostalgie liegt im Trend
Am Samstagabend gab sich sogar der Streamingdienst Netflix geschlagen: „Absolutes Verständnis für alle, die heute Abend lieber Fernsehen gucken“, hieß es bei Twitter unter dem Hashtag #Wettendass. Mag sein, dass viele Menschen dem linearen Fernsehen abgeschworen haben und keinen Sinn mehr darin sehen, zu einer festgelegten Uhrzeit auf dem Sofa einzufinden und auf den Bildschirm zu gucken, wo es doch Mediatheken und Streamingdienste, Tablets und Notebooks gibt. Aber viele mögen auch die verlässliche Struktur in einer Welt mit zu vielen Freiheiten. Überhaupt ist der Retro-Trend seit Jahren ungebrochen: Vintage-Mode, Retro-Möbel, 80er-Jahre-Partys – die Sehnsucht nach dem vermeintlich besseren Leben von früher wird bleiben. Warum nicht auch im Fernsehen? Um den Zeitgeist können sich ja andere kümmern.

Der Samstagabend braucht gute Unterhaltung
Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, sich am Wochenende den Abend zu zu vertreiben – wenn man jedoch den Platz vor dem Fernseher bevorzugt, kann es zäh werden. Hier ein Hollywood-Blockbuster, dort ein Krimi, vielleicht noch eine Quiz-Show. Aber die Art von Unterhaltung, bei der sich bedenkenlos die ganze Familie gleichzeitig vor dem TV-Gerät versammeln kann, dieses Lagerfeuer, an dem einfach alle sitzen, da gibt es außer „Verstehen Sie Spaß?“ (ARD) und „Denn sie wissen nicht, was passiert“ (RTL) aktuell nicht mehr viele Shows. Viel zu oft schaut jeder am eigenen Gerät – und es ist nachvollziehbar, weil es nicht wirklich eine Alternative gibt.
Das ZDF hat keine andere Wahl mehr
Als das ZDF einst das Ende der Show bekannt gab, sprach Programmdirektor Norbert Himmler von veränderten Sehgewohnheiten und verloren gegangener Anziehungskraft des Formats. Der Aufwand für eine so große Show stehe nicht mehr im Verhältnis zur Zuschauer-Resonanz. Nach der Ausstrahlung am Samstag ließ er mitteilen: „Wir freuen uns sehr über den großartigen Erfolg der Jubiläumsausgabe. Eine Fortsetzung war eigentlich nie geplant. Angesichts der großen Resonanz werden wir aber sicher darüber noch einmal nachdenken.“

Thomas Gottschalk zeigte sich skeptisch: „Ich glaube nicht, dass das ZDF seine Pläne ändert. Wenn sie mich fragen, fange ich an, zu überlegen.“ Ein bisschen bitten lassen will er sich wohl schon. Schließlich hatte „Wetten, dass ..?“-Erfinder Frank Elstner ihm noch in der Show geraten: „Rede mit dem Programmdirektor vom ZDF!“ Auch Udo Lindenberg plädierte für eine Fortsetzung, es sei doch „eine geile Sendung“. Schon vor Jahren hatte Gottschalk nach eigenen Angaben eine jährliche Ausgabe vorgeschlagen: „Einmal pro Jahr im Winter eine Ausgabe aus der O2-Arena oder im Sommer von Mallorca? Das hätte ich gemacht, bis ich umfalle.“
Thomas Gottschalk hat sonst nichts vor
Gerade erst hat der 71-Jährige sein Gastspiel beim Radio beendet. Nach knapp zwei Jahren war er am Montag zum letzten Mal in „Gottschalk & Zöller“ bei SWR3 zu hören. Er wolle wieder mehr reisen und mehr Zeit in den USA verbringen, hieß es. Als Start seines Ruhestands will er das aber offensichtlich nicht verstanden wissen: „Mit mir ist zu rechnen. Nicht mehr wöchentlich, aber irgendwann bin ich zurück.“ Und auch das muss nicht nur fürs Radio gelten.
Denn er sagt es selbst: Wenn fast 14 Millionen Zuschauer etwas gut finden, sei es blöd zu sagen, er mache es nicht. Und: „Können täte ich‘s!“ Seine Eignung steht außer Frage, den Altherrenwitzen zum Trotz. Klar können Günther Jauch, Kai Pflaume, Jörg Pilawa oder Barbara Schöneberger auch moderieren. Aber „Wetten, dass ..?“ funktioniert nur mit Gottschalk (und vielleicht noch Michelle Hunziker). „Meine Welt ist die Live-Show“, sagt er. Jetzt braucht er nur noch einen Sendeplatz …