Frau Immanuel, Sie sind seit mehr als zehn Jahren beim „Bergdoktor“ dabei. Macht die Arbeit nach der langen Zeit immer noch so viel Spaß wie am Anfang?
Ich muss sagen, wenn man das Glück hat, in so einem Format mitwirken zu dürfen, dann macht das sogar noch mehr Spaß. (lacht) Zum einen arbeiten wir mit einem Sender und einer Produktionsfirma, bei denen man auch Wünsche anmelden darf. Das finde ich toll. Und zum anderen ist es das größte Glück, eine Rolle spielen zu dürfen, die den Menschen Heiterkeit und Freude ins Herz zaubert.
Was für Wünsche melden Sie denn so an beim Sender und der Produktionsfirma?
In all den Jahren … Es sind gar nicht die großen Sachen. Aber es gibt Produktionen, da darf man als Schauspieler gar nichts äußern. Beim „Bergdoktor“ kann man durchaus fragen, ob man für Dr. Fendrich nicht mal was Kleines, Freches einbauen kann – das wird dann geprüft und manchmal wohlwollend übernommen. Es ist ein schönes Miteinander, das man in unserer Branche nicht ganz so oft hat.
Die Figur der Dr. Vera Fendrich ist eine relativ kleine Rolle. Fühlen Sie sich dadurch eingeschränkt?
Jedes Serienformat hat seine Vorgaben. „Edel & Starck“ zum Beispiel war personengetrieben. Da waren Felix Edel uns Sandra Starck in jeder Szene zu sehen, ob einzeln oder zusammen. Beim „Bergdoktor“ ist es so, dass wir zwar eine Serie drehen, aber jede Folge auch als einzelner Spielfilm wahrgenommen werden kann. Das heißt, wir haben eine Verteilung von 70 Prozent Episodenfall und 30 Prozent Hauptcast.
Da gibt es die Gruber-Familie, Dr. Gruber und sein Liebesleben, seine Freundschaft mit Dr. Alexander Kahnweiler. Alle diese dauerhaften Protagonisten unter einen Hut zu bringen – dafür haben wir nicht viel Sendezeit. Damit müssen sich die kleineren Rollen begnügen. Aber ich sag‘s mal so: Das ist wie beim Essen – wenn beim Milchreis die schöne Zimtnote fehlt, dann ist er nicht so vollmundig und lecker. Und was wäre „Der Bergdoktor“ ohne Dr. Fendrich?
Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann aus der Serie auszusteigen?
Nein. Erstens muss ich sagen, dass ich finde, dass Dr. Fendrich und Dr. Kahnweiler zum „Bergdoktor“ gehören wie … Sie sind wie das Tüpfelchen auf dem i, die Kirsche auf der Torte. Wir haben das große Privileg, in den dramatischen und teilweise sehr spannenden Geschichten, die in der neuen Staffel auch fast manchmal Krimi-Aspekte haben, der comic relief zu sein. Wir bringen die Leute zum Lachen, wir ermöglichen den Zuschauern das Aufatmen. Wir sind der Sonnenschein für unser Publikum – darauf kann man stolz sein.

Zu einem Foto von den Dreharbeiten, das Sie auf Instagram veröffentlicht haben, haben Sie geschrieben, das seien die schönsten Folgen, die es bislang gab. Was macht die Episoden so besonders?
Ich war tiefenbegeistert von den Drehbüchern. Unsere Welt ist im Moment Herausforderung genug. Diese Folgen sind so in sich rund, hell und hoffnungsvoll, sie sind unfassbar gut gemachte Unterhaltung mit Wendungen, die selbst ich nicht hätte voraussehen können. Und ich bin ein kleiner Detektiv beim Drehbuchlesen! Wir haben eine tolle Besetzung, ich bin wirklich von den Socken und superstolz. Und ich werde auf jeden Fall ab dem 4. Januar mit meiner Familie vor dem Fernseher sitzen und schauen.
Die Szenen mit Dr. Fendrich haben viele komische Elemente. Geht es hinter der Kamera ähnlich beschwingt zu?
Auf jeden Fall! Das wird jeder sagen, der schon lange dabei ist, aber auch die, die neu sind: „Bergdoktor“ ist wie nach Hause kommen. Hans Sigl ist ein guter Gastgeber. Man schätzt sich untereinander, man freut sich miteinander, man unterstützt sich. Ich bin auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich nicht regelmäßig im Bild bin, wie Ronja Forcher, Monika Baumgartner oder Heiko Ruprecht, freundschaftlich verbunden, sie unterstützen mich mit Rat und Tat, wenn ich mal eine berufliche Frage habe. Es ist eine sehr wohlwollende, freundliche Zugewandtheit – das ist etwas, das ich jedem Menschen wünsche.
Wie verstehen Sie sich mit Mark Keller, der Ihren Serien-Ehemann Dr. Alexander Kahnweiler spielt?
Ich finde es ja total spannend, wie er immer seinen Sport macht und seine Sportlernahrung isst. Er ist wirklich fit wie ein Turnschuh. Und er hat das Herz am rechten Fleck, für mich ist er wie ein großer Bruder.
Würden Sie sich eigentlich wünschen, dass Dr. Fendrich mal aus der Klinik rauskommt?
Vera kommt in dieser Staffel tatsächlich ein klitzekleines bisschen mehr raus. Das ist für mich eine große Freude, dass man von Vera mal Seiten sieht, die man von ihr bisher nicht kannte. Man merkt: Auch sie ist ein Mensch.
Was vor dem Start von Staffel 17 schon kein Geheimnis mehr ist: Jens-Torben, der Adoptivsohn von Dr. Fendrich und Dr. Kahnweiler, kommt zurück. Was dürfen Sie verraten?
So wie man Dr. Fendrich von einer anderen Seite kennenlernt, wird man sich über die Wandlung von Jens-Torben wundern. Wir erleben die Familie Kahnweiler-Fendrich von einer anderen, ganz neuen Seite – und ich kann nur sagen: Alle Eltern, die möglicherweise mit ihren pubertierenden Kindern vor dem Fernseher sitzen, werden sich wiedererkennen. (lacht)
Ihr Sohn ist noch nicht in der Pubertät, oder?
Doch, er ist 13 und auch in der Pubertät, aber es ist noch im Rahmen. Pubertät ist ja ein Abnabelungsprozess. Was ich faszinierend finde, ist, dass die Kinder, auch wenn sie liebevoll und sicher in der Familie gebunden sind, anfangen, von heute auf morgen ihre eigenen Wege zu gehen. Das ist viel Wandel, aber für mich als Mutter ist es auch ein Geschenk, das Wunder einer menschlichen Entwicklung begleiten zu dürfen.

„Der Bergdoktor“ hat ein sehr treues und engagiertes Publikum, es gibt auch Fan-Tage. Wie erleben Sie die Fans der Serie?
So unterschiedlich, wie die Menschen sind, so unterschiedlich ist auch unser Zielpublikum. Das geht durch die Generationen, durch die Schichten, durch die Nationalitäten. Es gibt unter den Schauspielern solche, die das Bad in der Menge suchen und genießen. Ich gehöre eigentlich nicht dazu. Ich bin durch den großen Erfolg von „Edel & Starck“ Anfang der 2000er-Jahre quasi über Nacht berühmt geworden. Ich habe teilweise gestaunt, wie begeisterungsfähig Menschen sind. Ich dachte immer: Leute, ich mache doch nur Fernsehen, ich bin nur eine Schauspielerin, die eine Hauptrolle in einer beliebten Serie spielt.
Was ich aber so angenehm finde bei den „Bergdoktor“-Fans: Sie sind so respektvoll, so treu, so beständig in ihrer Art der Wertschätzung, Würdigung und Zuneigung – immer mit einer gesunden Distanz und so, dass man als Schauspieler wirklich anfängt, das zu genießen und die Begeisterung anzunehmen kann, ohne sich bedrängt zu fühlen. Das ist bei einem Format, das in der Woche von über acht Millionen Menschen geschaut wird, wenn man die Abrufe in der Mediathek einrechnet, ein ganz großes Geschenk, dass man sich als Schauspieler in einer großen Masse aufgehoben und geborgen fühlt. Das hat viel damit zu tun, dass das eine große Gemeinschaft ist, in der die Fans wissen, dass wir sie ebenso auf Händen tragen wie sie uns.
Was ist denn Ihrer Meinung nach das Erfolgsgeheimnis des Formats?
Wir zeigen einfach ein Stück Leben, das Leben einer Familie – der Familie Gruber – mit persönlichen, gesundheitlichen und auch finanziellen Herausforderungen. Und dann gibt es diese unglaublichen Episodenfälle, die anscheinend ja auch schon erkrankten Menschen mit komplizierten Diagnosen geholfen haben. Es ist toll, in so einem Format mitzuwirken. Ich glaube oft, unser Land hat generell ein Problem mit Herzlichkeit. In anderen Kulturen sind die Menschen herzlich und freundlich und haben ein sonniges Gemüt.
Wenn deutsche Schauspieler weinen sollen, ist das mitunter ziemlich kompliziert, weil Weinen bei uns als Zeichen der Schwäche gilt – und man möchte sich nicht gern schwach zeigen. Im italienischen Fernsehen ist das anders: Die Jungen weinen, die jungen Männer weinen, die gestandenen Männer weinen und die alten Herren weinen. In Deutschland tut man sich so schwer damit, Gefühle zu zeigen. Für mich sind Emotionen aber ein Zeichen von Menschlichkeit, von Stärke und von seelischer Gesundheit.
Sie bringen unglaublich viel Optimismus rüber. Waren Sie schon immer so ein positiver Mensch?
Ich bin ein ganz normaler Mensch, der in der Pubertät unsicher war und erst seine Identität finden musste. Aber mit Anfang 20 habe ich entschieden: Ich möchte lernen, mich bedingungslos zu lieben. Ich war mit 16 als Austauschschülerin in den USA. Ich weiß heute noch, wie es da roch, wie es aussah, wie Dinge geschmeckt haben, wie warm es war. Ich stand damals bei meiner Gastfamilie in der Küche und da hing ein Schild: „Love is not a feeling, love is a choice.“ Liebe ist kein Gefühl, Liebe ist eine Haltung.
In unserer Kultur muss man funktionieren und Leistung bringen, es gibt schon in der Schule viele Werturteile, man wird nicht als Individuum wahrgenommen und gemäß seiner Anlagen gefördert. Ich hatte aber Lust auf ein erfülltes, leichtfüßiges, buntes Leben, in dem meine innere Sonne scheint. Es heißt ja schon in der Bibel: Liebe deinen Nächsten so wie dich selbst. Ohne Selbstfürsorge kann man nicht für andere da sein. Alles, was man an Arbeit, Sorgfalt und Liebe in sich selber steckt, hilft uns dabei, Selbstsicherheit, inneren Frieden und Dankbarkeit zu entwickeln – und die Fähigkeit, andere Menschen wahrzunehmen und zu begleiten.
Das neue Jahr beginnt mit neuen „Bergdoktor“-Folgen. Was hält es für Sie noch bereit?
Es gibt ein Projekt sehr spät im Jahr, auf das ich mich schon sehr freue. Ich freue mich auf neue Geschichten für Dr. Fendrich und hoffe, dass ihre tolle Entwicklung weitergeht. Und ich muss sagen, ich bin froh, dass ich 2024 überhaupt erleben kann. Es war es ein kriegerisches Jahr und ich hoffe, dass im neuen Jahr für uns alle die Nachrichtenlage besser wird.