Der Prozessauftakt war mit Spannung erwartet worden. Doch schon wenige Minuten nach Beginn stellte der Verteidiger von Sarah O. einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit.
Sarah O. – jenes Mädchen, das mit 15 in die Schlagzeilen geriet, als sie in jenem Oktober 2013 nach Syrien ausreiste, dort Anfang des folgenden Jahres den Kölner Salafisten Ismail S. heiratete und drei Kinder bekam.
Verhandlung wird im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts geführt
Aus einer einstigen Schülerin des Konstanzer Humboldt-Gymnasiums war eine IS-Braut geworden. Sechs Jahre später steht sie vor Gericht.
Die Verhandlung wird im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf geführt. Nach Düsseldorf war die IS-Anhängerin von den türkischen Sicherheitsbehörden ausgeliefert worden, nachdem sie an der türkisch-syrischen Grenze mit ihrer Familie aufgegriffen worden war.
Zur Ausreise erst 15 Jahre alt
Ismail S., den sie nach islamischem Recht geheiratet hatte, befindet sich nach Informationen dieser Zeitung immer noch in der Türkei in Haft. Staatsanwalt Simon Heinrichs, der die Bundesanwaltschaft vertritt, wollte dazu nichts Genaueres sagen. Sarah O.‚s Anwalt Ali Aydin bestätigte dem SÜDKURIER jedoch, dass Ismail S. dort festgehalten werde.
Heinrichs schloss sich dem Antrag Aydins an: Zwar sei der Fall von öffentlichem Interesse und die Angeklagte sei inzwischen 21 Jahre alt. „Entscheidend ist aber, dass sie zur Ausreise erst 15 Jahre alt war, zu Beginn der Tatzeit 16 und zum Ende erst 19 Jahre.“
Schon vor Prozessbeginn habe das Strafverfahren „große Resonanz“ ausgelöst.
Staatsanwalt: Sarah O. vor Stigmatisierung schützen
Im Lauf des Verfahrens würden Sarah O.‚s persönliche Entwicklung und ihres Privatlebens erörtert – auch, wie sie sich in Deutschland radikalisierte und hochrangige IS-Vertreter und Salafisten traf.
„Dabei werden Einzelheiten erörtert, die der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt sind.“ Auch deshalb müsse man Sarah O. schützen – vor einer möglichen Stigmatisierung, argumentierte Staatsanwalt Heinrichs.
Viel wichtiger aber: Der Staatsanwalt erhofft sich, mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit möglichen Hemmungen der Angeklagten im Prozess entgegenwirken. Das wiederum diene der Wahrheitsfindung.
Wie das Gericht den Ausschluss der Öffentlichkeit begründet
Nach einer längeren Beratung entschied das Gericht entsprechend den Anträgen. Die Öffentlichkeit wird bis einschließlich des Urteils von dem Verfahren ausgeschlossen. Das Gericht begründete dies mit dem jungen Alter der Angeklagten zum Tatzeitpunkt.
Zudem beinhalteten die „konkreten Tatvorwürfe bei einer öffentlichen Erörterung die Gefahr einer Stigmatisierung“. Daraus könnten für die Angeklagte „Nachteile für die persönliche und berufliche Entwicklung“ entstehen, so das Gericht.
Weiter argumentierte das Gericht, dass der „Anklagevorwurf der Haltung von Sklavinnen eine besondere Stigmatisierung“ darstelle.
Prozess wird kommende Woche fortgesetzt
Der Vorsitzende Richter will mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit dagegen die „Voraussetzungen einer Persönlichkeitserforschung“ schaffen, zudem bestehe bei der jungen Angeklagten ein „Erziehungsinteresse“.
Die junge Jesidin Gian Aldonani im Interview:
Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt. Dann sollen unter anderem Sarah O.‚s Schullleiter Jürgen Kaz sowie damalige Mitschüler und Freunde aussagen.
Der SÜDKURIER wird den Fall weiter verfolgen und für Sie aktuell berichten.