Die Politik sucht häufig die Nähe von Narren, das gilt auch andersherum. Einer, der diese Bühne bisher kaum für sich genutzt hat, ist Danyal Bayaz. Umso mehr fiel der Besuch des grünen Landesfinanzministers im Konstanzer Konzil auf, wo er am 30. Januar bei der Fernsehfasnacht neben der Landtagsabgeordneten Nese Erikli dem illustren Bühnenprogramm folgte.

Bayaz kommt als Barbies Ken

Blonde Perücke, rosa Schirmmütze, Kapuzenpulli. Darauf reiht sich in weißen Buchstaben der Satz: „I am Kenough“ (“Ich bin Kenug“), eine Anspielung auf den Barbie-Film und die Figur des Ken. Bayaz gibt optisch den männlichen Gegenspieler Barbies, was ungewohnt für Augen ist, die den früheren Unternehmensberater sonst eher in Anzügen ohne Krawatte sehen.

In der Neuauflage der grün-schwarzen Landesregierung ist er der Mann mit bundespolitischer Erfahrung, der Einzige unter 45. Bayaz brachte vom ersten Tag an frischen Wind ins Kabinett Kretschmann III.

Er zählt zu dem Kreis dreier Namen, die immer wieder fallen, wenn es um das Erbe des populären Landesvaters Winfried Kretschmann geht: Andreas Schwarz, Cem Özdemir – und eben Bayaz, auch wenn er nicht als Top-Favorit zählt.

So sieht Danyal Bayaz ohne Kostüm aus.
So sieht Danyal Bayaz ohne Kostüm aus. | Bild: Bernd Weißbrod/dpa

Gehandelt wird auf diesem Posten unter Grünen eher Özdemir, 58, derzeit Agrarminister auf Bundesebene. Wenn er wolle, würde er es werden, hört man aus Parteikreisen. Der Druck indes wächst, Kretschmanns Nachfolge zeitnah und sinnvoll zu beantworten.

Die Grünen im Allgemeinen und Özdemir im Besonderen stehen seit geraumer Zeit in der Kritik, was zum Beispiel die Bauernproteste angeht. An den Stammtischen im Land kursieren bohrende Fragen wie: Hat Özdemir die Steuererhöhungen für Bauern als Minister nicht doch direkt zu verantworten? Ruiniert die grüne Energie- und Klimapolitik den Wirtschafts- und Agrarstandort? Steht Özdemir für Öko-Verbotspolitik? Es wachsen also Zweifel, ob er den Trick Kretschmanns wiederholen kann, auch traditionelle CDU-Wähler auf seine Seite zu ziehen.

Das wiederum könnte Türen für Danyal Bayaz öffnen, dem dafür aber die Bekanntheit fehlt. Der BaWü-Check, eine Umfrage baden-württembergischer Tageszeitungen, hat etwa im vergangenen Jahr ergeben, dass Bayaz‘ Name gerade einmal 22 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ein Begriff ist.

An Bekanntheit fehlt es ihm noch

Vor diesem Hintergrund müsste der 40-Jährige noch an seiner Popularität arbeiten. Ändern könnten das öffentliche Auftritte, die ihn nahbarer machen und menschlich und vielleicht sogar ein wenig närrisch – etwa bei der Konstanzer Fernsehfasnacht im Konzil, für die 850.000 Menschen eingeschaltet haben. Kalkül oder doch eher Zufall?

In diesem Fall wohl eher Letzteres. Denn wie das Finanzministerium erklärt, sei Danyal Bayaz lediglich der Einladung der Narrengesellschaft Niederburg gefolgt. „Da er bislang die Konstanzer Fasnacht noch nicht live erlebt hatte, wollte er den Termin gerne wahrnehmen“, schreibt Sprecher Sebastian Engelmann hierzu.

Auch wenn er nie in einem Verein oder einer Gesellschaft aktiv war, die Fasnacht kenne der Minister aus seiner Heidelberger Heimat. Er verbinde damit eine „äußerst lebendige und fröhliche Tradition im Land“. Den Barbie-Film habe er im Übrigen gesehen.

Ebenfalls zu Gast im Konstanzer Konzil: CDU-Politiker Thomas Strobl, stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister des Landes.
Ebenfalls zu Gast im Konstanzer Konzil: CDU-Politiker Thomas Strobl, stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister des Landes. | Bild: Oliver Hanser

Dass es sich um eine offizielle Einladung gehandelt hat, bestätigt wiederum der Konstanzer Veranstalter. Warum die Wahl dabei ausgerechnet auf Danyal Bayaz fiel, erläutert Niederburg-Präsident Mario Böhler so: Weil die Landesregierung aus zwei Parteien bestehe, bemühe man sich, politische Gäste aus beiden Lagern einzuladen, von der CDU und den Grünen – „damit Proporz herrscht“.

Für die CDU kam Innenminister Thomas Strobl. Nese Erikli, Konstanzer Landtagsabgeordnete der Grünen, mit der man im Austausch stehe, hätte sich demgegenüber dann für das Kommen des Landesfinanzministers eingesetzt.

Positives Feedback zu Bayaz-Besuch

Bayaz sei an einer zentralen Stelle für die weitere Ausrichtung des Landes zuständig und verfüge über einen breiten Überblick über alle landespolitischen Themen, heißt es dazu von der Politikerin. „Und wie ich aus den Gesprächen entnommen habe, waren die Bürgerinnen und Bürger sehr angetan, dass sich der Finanzminister für die Konstanzer Fasnacht interessiert.“ Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Landtagsfraktion habe jedenfalls sehr viel positives Feedback bekommen.

Dass Bayaz dabei sei, sich bekannter machen zu wollen, könne man vermuten, sagt Böhler. Was Konstanz betrifft, sei das aber wohl der falsche Schluss. ‚Wir wollten ihm einfach zeigen, was man in Konstanz macht und kann.‘

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Dass der Grünen-Politiker nun öfter Termine wahrnehme, dem widerspricht das Ministerium dezidiert. Wahr sei tatsächlich das Gegenteil. „Im vergangenen Jahr musste kein Landeshaushalt aufgestellt werden. Denn der laufende Doppelhaushalt 2023/2024 wurde im Dezember 2022 verabschiedet. Deshalb hatte Herr Bayaz im vergangenen Jahr insgesamt etwas mehr Luft für Termine abseits der Haushaltsberatungen“, sagt Sebastian Engelmann.

Das würde in diesem Jahr wieder anders werden, zumal der Doppelhaushalt 2025/2026 aufgestellt wird. Heißt: „Dieses Jahr wird terminlich stark von den Haushaltsberatungen geprägt sein.“

Bis das Thema Thronfolge, wie Winfried Kretschmann einmal ironisch meinte, geregelt werde, dürfte es unterdessen noch etwas dauern. Die Entscheidung, wer für die Grünen ins Rennen geht, soll wohl erst im Sommer 2025 fallen. Die Landtagswahl ist dann im Frühjahr 2026. Bis dahin fließt noch viel Wasser den Neckar herunter – genauso tun es einige politische Kapriolen.