Herr Prof. Kremsner, Sie haben in Tübingen gerade eine Studie gestartet zur Bekämpfung des Coronavirus. Wann rechnen Sie mit Ergebnissen?

Wenn es gut geht, haben wir in etwa drei bis vier Wochen eine erste Zwischenanalyse. Ende April werden wir wissen, ob das Hydroxychloroquin etwas bringt, oder ob es mehr schadet.

Das heißt, aktuelle Krankheitsfälle können noch nicht auf Hydroxychloroquin hoffen?

Doch, aber dazu müssen Sie Patient bei uns sein. Wir nehmen ja jetzt Patienten in die Studie auf – gemeinsam mit den Unikliniken Hamburg und Stuttgart. 220 Patienten nehmen an der Studie teil.

Wem kann es schaden?

Wie jedes Medikament hat auch Hydroxychloroquin Wirkungen und Nebenwirkungen, und die sind nicht unerheblich. Besonders bei Herzleidenden können Nebenwirkungen auftreten.

Hydroxychloroquin wird bislang bei Malaria eingesetzt. Besteht denn eine Ähnlichkeit zwischen Malaria und Covid-19, oder warum denken Sie, dass es auch hier wirken könnte?

In Vitro, also im Reagenzglas, wirkt es gegen die Viren, tötet sie ab. Wir hoffen, dass man dasselbe Ergebnis auch im Blut und in der Lunge erreichen kann. Das Hydorxycloroquin geht vor allem gegen die Virus-Vermehrung vor, das Fortschreiten der Erkrankung – zumindest theoretisch. Ob es wirklich hilft, wissen wir noch nicht. Obwohl es vielfach jetzt schon gegeben wird – als Heilversuch. Aber das passiert alles unkontrolliert.

Wie verläuft die Krankheit Covid-19. Es gibt mehrere Phasen und die schlimmste ist nicht die der Virusvermehrung, oder?

So sieht es aus. Die Infektion ist häufig gar nicht so sehr das große Problem bei Viren, sondern das, was an anschließenden und überschießenden Abwehrreaktionen vonstatten geht.

Setzt das Hydroxychloroquin denn im richtigen Stadium der Krankheit an?

Man weiß leider noch viel zu wenig über das Virus. Aber wir müssen es versuchen, zumal Hydroxychloroquin ein Medikament ist, das man schnell produzieren kann. Aber es ist definitiv kein Wundermittel, wie Donald Trump das behauptet hat.

Es sind noch diverse andere Medikamente derzeit im Test. Ist das auch ein bisschen Verzweiflung, dass man jetzt einfach alles gegen dieses Virus versucht?

Natürlich. Man versucht alles, um dem Virus Einhalt zu gebieten, aber in klinischen Studien mit sehr viel Planung und Sorgfalt.

Sie beschäftigen sich schon sehr lange mit Viren. Da sind Ihnen bestimmt schon viel üblere untergekommen?

Es gibt viele schlimmere, aber es gibt auch sehr viele, die uns weniger schaden. Wenn ich an das Ebola-Virus denke, dann ist Covid-19- nichts dagegen. Bei Ebola liegt die Tödlichkeit bei 60 Prozent, bei Covid-19 vermutlich bei einem Prozent oder darunter.

Fürchten Sie sich vor Covid-19?

Nein, aber ich kann verstehen, dass sich alte und kranke Menschen Sorgen machen. Ich bin mit 58 auch nicht mehr der Jüngste, aber ich bin bei guter Gesundheit. Ich rechne eigentlich damit, dass ich mich irgendwann anstecke. Ich habe viel mit Patienten zu tun und natürlich mit Kollegen. Da kann es trotz Abstand zur Ansteckung kommen, 100 Prozent Schutz gibt es nicht, außer vielleicht annähernd durch eine gute Impfung an der wir auch arbeiten.