Herr Brettschneider, Sie untersuchen die Kommunikation zwischen Parteien und Wählern. Was läuft schief an der Kommunikation zwischen Armin Laschet und den Wählern von CDU/CSU?
Da läuft jede Menge schief. Das merken wir schon daran, dass viele Wähler, die letztes Mal die CDU gewählt haben, eine andere Partei wählen wollen. Wir haben einige, die zur FDP abwandern, wenn sie die Wirtschaftspolitik wichtig finden, einige, die zu den Grünen abwandern, wenn sie den Klimaschutz wichtig finden. Einige, die zur SPD abwandern, nicht weil sie die SPD gut finden, aber weil sie Olaf Scholz für einen Stabilitätsanker halten. Etliche, die Stand jetzt in die Wahlenthaltung gehen wollen. Und ganz wenige, die AfD wählen wollen.
Was hat Laschet falsch gemacht?
Nach meiner Wahrnehmung hat er in erster Linie zu wenig über Themen gesprochen, die die CDU-Anhänger mobilisieren. Er hat versucht, einen Wahlkampf zu führen wie Angela Merkel. Ohne große Positionierung bei Inhalten, eher auf der Basis „Sie kennen mich“. Das kann man machen, wenn man selbst in der Regierung eine führende Position innehat. Das hat er ja aber nicht. Er hat schlicht und einfach die falsche Strategie.
Kann er das noch herumreißen?
Ich glaube nicht. Vertrauen aufzubauen dauert ganz schön lange. Es einzureißen geht relativ schnell. Und das hat er geschafft. Er hat den Eindruck vermittelt, dass er nicht sonderlich ernsthaft an die Aufgabe rangeht. Das Flutbild mit dem lachenden Laschet im Hintergrund ist ein Beispiel dafür. Dann diese Profilunschärfe, die man bei ihm erkennt: Die Wähler schreiben ihm nicht viele positive Eigenschaften zu, allenfalls noch bei der Bürgernähe, aber das ist ein Aspekt, der nicht sonderlich wichtig ist bei der Wahlentscheidung.

Was ist wichtig für die Wahlentscheidung?
Wichtig ist die wahrgenommene Kompetenz. Also ob Menschen den Eindruck haben, dass jemand gute Ideen für die Zukunft hat, dass er Probleme erkennen und damit umgehen kann. Genauso wichtig ist die Vertrauenswürdigkeit – also Integrität, Glaubwürdigkeit, Berechenbarkeit. Dazu kommen noch Tatkraft und Entscheidungsfreude, aber auch bei diesen Leadership-Qualitäten schneidet Laschet nicht besonders gut ab.
Das wäre mit Söder ziemlich sicher anders gelaufen, oder?
Ja. Mit ihm hätte die Union eindeutig bessere Wahlchancen. Unter Wahlgesichtspunkten haben die CDU-Funktionäre mehrheitlich die falsche Entscheidung getroffen.
Jetzt noch den Spitzenkandidaten zu tauschen und auf Söder zu setzen, das wäre undenkbar, oder?
Das halte ich nicht für undenkbar. Das würde CDU/CSU auf jeden Fall noch mal einen ziemlichen Schub bringen. Es würde die Berichterstattung dominieren, es würde der Union eine Präsenz verschaffen und die eigenen Anhänger mobilisieren. Der Punkt ist nur: Das kann nicht die Partei entscheiden, das müsste Armin Laschet selbst machen. Und das ist eher unwahrscheinlich.

Laschet ist durch solche Dinge wie den Lacher zum falschen Zeitpunkt aufgefallen. Warum wirken sich solche Kleinigkeiten so massiv aus?
Das kommt davon, wenn man nicht über Inhalte redet. Da wird dann eben auch über Nebensächlichkeiten gesprochen. Dazu kommt: Über solche Dinge kann man leichter reden als über die Frage, was die richtigen Maßnahmen gegen den Klimawandel sind. Und es geht um die Vertrauenswürdigkeit. Dieses Gefühl, dass da jemand besser dastehen will, als er oder sie ist – das kratzt an der Integrität.
Jetzt kann in Ihrer Umfrage keine der Spitzenkandidaten wirklich punkten. Trotzdem schiebt sich Olaf Scholz nach vorne. Woran liegt das?
Wenn zwei Kandidaten grottenschlechte Wahlkämpfe führen, dann freut sich der Dritte. Olaf Scholz ist ja jetzt auch nicht der Traumkandidat der Wählerinnen und Wähler.
Die Umfragen sind sehr in Bewegung. Tut sich da in den letzten Wochen noch viel?
Da kann sich noch einiges tun. Die Unentschiedenen entscheiden sich oft erst in der letzten Woche vor der Wahl. Da kommt es auch darauf an, welche Themen dominieren. Vor kurzem war es noch die Flut, jetzt ist es Afghanistan. Wer weiß, was es in drei Wochen ist? Die Themen sind noch wichtiger als die Kandidaten. Im wesentlichen ist die Frage: Wie prominent wird das Thema Klimawandel sein? Davon profitieren die Grünen eindeutig. Das ist auch der einzige Bereich, bei dem die Wähler in unserer Umfrage eindeutig einer Partei die Kompetenz zugeschrieben haben.