Armin Laschet? Für Christa Golz steht dieser Name für die absehbare Niederlage. Das langjährige CDU-Mitglied aus Meßkirch konnte am 20. April kaum fassen, dass sich der NRW-Ministerpräsident gegen Markus Söder durchgesetzt hat. „Das ist für mich der absolut falsche Mann an der Spitze“, sagt Golz im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Christa Golz, ehemaliges CDU-Mitglied aus Meßkirch
Christa Golz, ehemaliges CDU-Mitglied aus Meßkirch | Bild: Dieterle-Jöchle, Manfred

Für die 68-jährige ehemalige Kauffrau liest sich die Nominierung im Frühjahr wie eine Chronik des angekündigten Scheiterns. „Ich war entsetzt, als ich das hörte“, sagt die ehemalige langjährige Stadträtin und Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Meßkirch. Gleich am nächsten Tag gab sie einen Brief bei der Post auf, in dem sie ihren Austritt erklärte. Drei aktive Stadträte taten es ihr gleich. Auch sie verließen die CDU – wegen Laschet. Insgesamt 20 Mitglieder gaben ihr Parteibuch zurück – bereits im Frühjahr, als die CDU noch unangefochten die Umfragen anführte.

„Der Mann kommt hier nicht an“, sagt die ehemalige Stadträtin

Die schlechten Umfragewerte für den Rheinländer überraschen Golz überhaupt nicht. „Der Mann kommt hier nicht an“, sagt sie, „da können Sie fragen, wen sie wollen im Kreis Sigmaringen.“ Er wirke zu behäbig, zu langsam. Und seine Corona-Politik habe ebenfalls wenig überzeugt. Der Kreisverband Sigmaringen wollte ebenfalls Söder, der sei der richtige Mann gewesen. Die ehemalige Funktionärin fragt sich: „Warum setzt die CDU nicht auf fähige Leute, die sie hat? Zum Beispiel Andreas Jung oder Thorsten Frei?“

Der amtierenden CDU-Chefin im Stadtverband Meßkirch ist der Aufstand in den eigenen Reihen fast peinlich. Susanne Bix räumt ein: „Wir waren hier in Meßkirch alle für Söder.“ Doch dann wendet sie das Blatt und sagt im Gespräch: „Armin Laschet kann es auch. Das hat er als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen gezeigt.“ Freilich, er wirke bisweilen ein wenig unglücklich als Wahlkämpfer. „Er ist halt kein großer Inszenierer.“ Doch könne er Politik, sagt Bix.

Susanne Bix, CDU-Chefin im Stadtverband Meßkirch.
Susanne Bix, CDU-Chefin im Stadtverband Meßkirch. | Bild: Christl Eberlein

Was die junge Unternehmerin viel mehr fürchtet, wäre eine scharf links gerichtete Politik nach der Wahl – eine Politik, die für einen mittelständischen Betrieb wie Firma Bix (250 Mitarbeiter) fatal wäre.

Er überzeugt durch Autorität, sagt Renner

Andreas Renner kann die Zweifel an Laschet nicht verstehen. „Natürlich ist Armin Laschet der richtige. Er kann‘s“, sagt der ehemalige Singener OB, der für gewöhnlich kein Blatt vor den Mund nimmt. Die schlechten Werte für Laschet hält er für vorübergehend. Sie seien auch den Medien geschuldet, die manche minimale Fehler (Lachen zum falschen Zeitpunkt) künstlich schäumen, ohne auf das große Ganze zu schauen.

Andreas Renner, CDU, aus Singen
Andreas Renner, CDU, aus Singen | Bild: Tesche, Sabine

Renner arbeitet seit seinem Weggang aus der Politik für den Energieversorger EnBW, gilt aber noch immer als einer der bestvernetzten CDU-Menschen. Vielleicht ist seine Zuversicht über den CDU-Wahlkampf auch ein wenig gespielt. Er baut vor: „Wenn der Wahlkampf nicht zum Erfolg führt, dann stehen auch andere in der Verantwortung.“ Er weigert sich, ein mögliches Scheitern nur vor Laschets Füße zu kippen.

Genug andere, die Öl ins Feuer gießen

Ähnlich geht es Andreas Jung. Der Konstanzer Bundestagsabgeordnete redet immer vom „Wir“, wenn es darum geht, was nun anders laufen muss im Wahlkampf, nicht von Laschet allein. Mit den Umfragen könne man nicht zufrieden sein, aber jetzt gelte es zu überzeugen, um Vertrauen zu werben – „dafür sind jetzt noch fünf Wochen Zeit.“ Der Rheinländer ist für ihn immer noch der richtige Mann. „Seine Stärke ist es zusammenzuführen. Das brauchen wir in einer Welt, in der andere Öl ins Feuer gießen.“

Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Konstanz
Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Konstanz | Bild: Angelika Wohlfrom

Einer, der wegen seiner Kritik am CDU-Wahlkampf, gerade für Schlagzeilen gesorgt hat, ist Axel Müller. Der CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Ravensburg schrieb während der Fraktionssitzung zwei Kurzsätze in die Chatfunktion, die umgehend bei der Bild-Zeitung landeten. „Mit einem Wort: Es ist beschissen!“ Es wurden dann doch drei Worte, mit denen Müller den CDU-Wahlkampf verglich, aber die waren deutlich.

Axel Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ravensburg
Axel Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ravensburg | Bild: Tobias Koch

Müller ärgert sich über den Kollegen, der das Zitat gleich brühwarm weitertrug. „Das ist ja noch der einzige Ort, wo sich ein Bundestagsabgeordneter mit der Parteispitze vertraulich austauschen kann.“ Die drei Worte zeigen, dass die derzeitigen Umfragewerte an die Nerven gehen. Wobei Müller das Gesagte nicht gegen den Spitzenkandidaten gerichtet sehen will: „Ich halte ihn für den Besten, was die Nachfolge der Kanzlerin angeht.“ Der Wahlkampf insgesamt sei zu bräsig gewesen, die Inhalte zu undeutlich, die Unterschiede zu unklar.

Nach dem vergangenen Wochenende jedenfalls schöpft der ehemalige Richter wieder Mut: Den Auftakt in die heiße Wahlkampfphase in Berlin hält er für gelungen – trotz Laschets Landshut-Versprechers. „Wenn Wahlentscheidungen danach getroffen werden, ob jemand an der falschen Stelle lacht oder abschreibt, dann ist es um die Demokratie schlecht bestellt“, sagt Müller.

Jetzt noch ein Kandidatentausch? „Verwegen“

Ein bisschen skeptischer blickt Volker Mayer-Lay dieser Tage gen Berlin. Der Anwalt, der zum ersten Mal für den Bundestag kandidiert und Lothar Riebsamen im Bodenseekreis beerben will, beklagt fehlenden Rückenwind aus der Bundeshauptstadt. „Nicht so, dass ich Panik kriegen würde“, schließlich setzt der Direktkandidat auf die Erststimme in seinem Heimatwahlkreis. Aber er befürchtet, dass die Zweitstimme des öfteren an andere Parteien gehen könnte. „Bei Kohl hieß es mal ,Zweitstimme ist Kanzlerstimme‘. Das könnte sich diesmal anders entwickeln.“

Volker Mayer-Lay, CDU-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Bodensee
Volker Mayer-Lay, CDU-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Bodensee | Bild: Foto Lauterwasser

„Man merkt schon, dass die Menschen mit Armin Laschet nicht so richtig warm werden“, sagt Mayer-Lay. Söder wäre sein favorisierter Spitzenkandidat gewesen, die Debatte über einen flotten Kandidatentausch hält er fünf Wochen vor der Wahl allerdings für „verwegen“. „Ich bin immer noch ein Fan von ihm, aber dieses Fass aufzumachen – dafür ist jetzt der denkbar schlechteste Zeitpunkt.“

Felix Schreiner nimmt keine schlechte Stimmung wahr

Auch Felix Schreiner ist vom allgemeinen Watschn-Verteilen eher peinlich berührt. „Die Diskussion um Laschet bringt nichts“, sagt er zwischen zwei Wahlkampfauftritten. Schreiner sitzt seit 2017 im Bundestag. Davor vertrat er den südlichen Schwarzwald im Landtag. Tapfer sagt er: „Ich nehme keine schlechte Stimmung wahr.“ Er verweist darauf, dass jeder Kandidat seinen Wahlkampf vor Ort mache. „Ich gehe von Haustür zu Haustür, das dürfen Sie mir glauben.“

Felix Schreiner, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Waldshut
Felix Schreiner, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Waldshut | Bild: Inga Haar

Etwas anderes treibt ihn viel mehr um: Vor einigen Tagen eilte Gesundheitsminister Jens Spahn nach Waldshut, um Schreiners Kampagne zu unterstützen. 40 bis 50 Gegner der Coronapolitik hatten sich vor dem Podium versammelt und störten die Veranstaltung massiv. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, berichtet der CDU-Mann über den vergangenen Freitag in Albbruck.