Die FDP ist in Aufruhr: Auch bei den Mitgliedern im südlichen Baden-Württemberg schlägt das Papier für einen Ausstieg der Liberalen aus der Ampel-Koalition Wellen.
Ann-Veruschka Jurisch, FDP-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Konstanz, ist alles andere als erfreut: „Die Parteiführung hat erste Konsequenzen aus diesem Papier gezogen. Das war nötig. Dieses Geschreibsel repräsentiert in keiner Weise unsere Partei und die Menschen dahinter.“
Homburger fordert Aufklärung
Der ganze Vorgang regt auch die Konstanzer FDP-Kreisvorsitzende auf: „Das Papier ist unterirdisch und dilettantisch“, schimpft Birgit Homburger, ehemalige Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion.
Die Mitglieder vor Ort seien entsetzt. Es seien zu Recht Konsequenzen gezogen worden, kommentiert Homburger die Rücktritte des FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai und des Bundesgeschäftsführers Carsten Reymann.
Aber damit ist für die Hilzingerin mit den guten Kontakten in die Parteispitze die Sache keineswegs abgeschlossen: „Wir an der Basis erwarten von der Parteiführung die vollständige Aufklärung des Vorgangs und die Neuordnung interner Strukturen, damit so etwas nicht mehr passiert“, gibt sie zu Protokoll.
„Nicht skandalös, sondern professionell“
Benjamin Strasser ist Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ravensburg und bis vor kurzem noch Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium. Er steht inhaltlich zur Beschäftigung mit dem Ampel-Aus: „Bereits in den letzten Wochen der Bundesregierung hat sich gezeigt, dass die Ampel-Koalition am Ende ist.“
Allen Beteiligten sei klar gewesen: entweder es gibt eine echte Wirtschaftswende mit strukturellen Maßnahmen oder die Koalition wird beendet. „Dass man sich im Rahmen dessen mit verschiedenen Szenarien beschäftigt, ist nicht skandalös, sondern professionell. SPD und Grüne haben dies ebenfalls getan“, so Strasser.

Das so genannte D-Day-Papier „war mir zu keinem Zeitpunkt unserer internen Beratungen bekannt“, so Strasser gegenüber dem SÜDKURIER.
Die Wortwahl in dem Papier würde er sich auch nicht zu eigen machen, diese entspreche nicht seinem Verständnis der politischen Auseinandersetzung. „Wir sind mit den anderen Parteien nicht im Krieg, sondern im Wettbewerb um die besten Ideen für unser Land.“
Julis bemängeln „unglückliche Wortwahl“
Vergleichsweise gelassen sieht der Chef der Jungen Liberalen in Baden-Württemberg die Sache: „Wir als Junge Liberale kritisieren vor allem die unglückliche Wortwahl“, sagt Mark Hohensee dem SÜDKURIER. „Am Ampel-Aus haben wir nichts zu mäkeln.“ Die Unsachlichkeit der Pläne habe sie allerdings überrascht.

Dass auch der Parteivorsitzende Christian Lindner durch den Skandal beschädigt sein könnte? „Liberale stellen gerne alles Mögliche in Frage, aber glaube nicht, dass es eine Mehrheit gibt, die Lindner nicht mehr als Vorsitzenden will.“ Er sei auch weiterhin der richtige Spitzenkandidat.
Der 32-jährige Bauunternehmer aus Villingen-Schwenningen kandidiert bei der anstehenden Bundestagswahl im Schwarzwald-Baar-Kreis. Bange wird ihm angesichts der Planspiele im Hans-Dietrich-Genscher-Haus nicht: „Wir im Wahlkreis machen den Wahlkampf wie immer. Wir sind wichtige liberale Basis, die es braucht.“ Außerdem stelle er sich zur Wahl, nicht Christian Lindner.