„Die Ga-Ga kommen!“ Comic-Freunde wissen Bescheid. Wenn ein Pirat vor Angst ins Stottern kommt, dann sind die Gallier Asterix und Obelix nicht weit und mit ihnen der Untergang der Freibeuter-Galeere.
Furcht gibt es nicht
In der Freiburger Fußball-Community heißt es am Samstag: Die Ba-Ba kommen! Die Ba-Ba, die Bayern, jene also, denen alle die Lederhosen ausziehen wollen. Furcht aber gibt es nicht bei denen, die sich den Ba-Ba Samstag (15.30 Uhr) im erstmals ausverkauften Europa Park-Stadion entgegen stellen.
Die Spieler des SC Freiburg wissen um ihre Außenseiterrolle, trotzdem überwiegt pure Vorfreude. „Das Spiel gegen die Bayern ist immer ein besonderes“, sagt Nicolas Höfler und erklärt warum: „Sie sind seit Jahrzehnten der Primus in der Bundesliga und eine ganz große Nummer in Europa.“
Respekt und Anerkennung. Aber eben nicht nur
Das Urteil des am 9. März 32 Jahre alt gewordenen Mittelfeldlenkers der Freiburger strotzt vor Anerkennung und Respekt, aber eben nicht nur. „Gerade, weil sie so dominant sind, gerade weil sie so eine Ausnahmestellung innehaben in der Liga, will man auch unbedingt das Beste aus sich selbst herausholen“, sagt Höfler und gibt sich selbstbewusst: „Wenn wir unsere Spitzenleistung bringen ist es auch mal möglich, unentschieden zu spielen. Oder wie 2015 sogar zu gewinnen.“
Damals siegte der SC Freiburg durch ein spätes Tor von Nils Petersen, der gestern zur allseitigen Freude seinen Vertrag beim SCF verlängerte, mit 2:1 – nur um eine Woche später nach einem 1:2 in Hannover abzusteigen.
Die Null halten und Chancen nutzen
Diesmal aber geht es für den Sportclub nicht um den Klassenerhalt, sondern um ein Eintrittsticket fürs europäische Fußballgeschäft. Da wäre ein Pünktchen gegen die Bayern Gold wert. So sieht das auch Nicolas Höfler, der nicht über Taktik reden möchte. So viel nur: Zu versuchen, über konsequente Laufarbeit und engagierte Zweikampfführung lange Zeit die Null zu halten, sei ein guter Ansatz. „Gegen die Bayern kriegt man wenig Chancen, und die muss man dann eben nutzen.“
So etwa wie ein gewisser Nicolas Höfler am 27. August 2013. 1:0 führten die Bayern, dann besorgte Freiburgs Nummer 27 nach einer Flanke per Direktabnahme den Ausgleich – 1:1 in Minute 86. Für Höfler war jenes Spiel nicht weniger als der Einstieg in die erste Mannschaft des Sportclubs. Denn erst zu Saisonbeginn war der aus Herdwangen in der Bodenseeregion stammende Kicker von Erzgebirge Aue zurückgekommen, wohin ihn der SC im Sommer 2011 ausgeliehen hatte.
30. März 2019 – ein besonderer Tag
Nicht nur diese Partie gegen die Münchner war für den Mann, den alle „Chicco“ nennen, ein Spiel von außergewöhnlichem Wert. Am 30. März 2019 feierte Höfler nach einer schweren Knieverletzung und über vier Monaten Zwangspause sein Comeback. Ein Tor gelang ihm zwar nicht, aber es gab ebenfalls ein 1:1.
Corona-Infektion überstanden
Und auch diesmal kommen die Bayern für Höfler zur rechten Zeit, weil er gerade eine Corona-Infektion hinter sich gebracht hat. „Erst hatten es die anderen sechs“, erzählt er und lacht herzhaft. Die anderen sechs? Ja, Gattin Carolin und die fünf Kinder des Ehepaars Höfler hatte es der Reihe nach erwischt, am Ende auch den Chicco. Deshalb verpasste Höfler das 0:0-Spiel in Fürth, doch jetzt darf er wieder ran.
„Chicco spielt, er ist gesund“, hat der Trainer sich vorzeitig festgelegt, während bei den Corona-Rekonvaleszenten Philipp Lienhart und Wooyeong Jeong bis zuletzt abgewartet wird. „Wir müssen viel nach Gefühl gehen und herausfinden, wer die meisten Körner hat, die brauchst du physisch und mental gegen die Bayern“, so Streich.
Ein Schlüsselspieler
Dass Nicolas Höfler für seinen Trainer ein Schlüsselspieler ist, verwundert nicht. Der 32-Jährige spielt seine beste Saison im SC-Trikot, hat eine exzellente Zweikampfbilanz, viele Angriffe mit intelligenten Pässen eingeleitet, selbst zwei Tore erzielt und vier direkte Assists serviert – und war sogar einmal schnellster Freiburger auf dem Platz!
All das Positive ist kein Zufall. Als es Anfang der vergangenen Saison ziemlich schlecht gelaufen war, ging Höfler in sich, reflektierte sein Tun, traf Entscheidungen: Mehr individuelles Training, ja, auch Sprints, und ein neuer mentaler Ansatz. „Ich habe mir gesagt, hadere nicht, sei mutig, trau dir was zu, hab Spaß“, erklärt Höfler, „klingt banal, hat aber gewirkt.“
Und da ist ja noch was – der Pokal
Das Beste herausholen will Chicco Höfler am Samstag gegen die Bayern. Und natürlich auch in den restlichen sechs Ligaspielen. Und erst recht in zwei Pokalspielen – am 19. April im Halbfinale in Hamburg und am 21. Mai im Endspiel in Berlin. „Das Finale wäre für uns alle das absolute Highlight der Karriere“, sagt Höfler, „aber vorher müssen wir erst mal in Hamburg alles zeigen, was wir können und den HSV besiegen.“
Konzentriert, zupackend, mutig. So wie einst ein Bubi namens Nicolas der Oma und der Mama ständig Spitznamen verpasste, bis die sich revanchierten und ihn nur noch Chiccolas riefen. Da wurde dann der erwachsene, der gereifte und der vom Trainer als Stratege geadelte Chicco draus. Der Respekt hat, aber keine Angst vor den Ba-Ba.