Unsicherheiten in der Weltwirtschaft sowie die Dieselkrise machen sich nach Einschätzung der Gewerkschaft IG Metall zunehmend bei kleinen und mittleren Firmen bemerkbar. „Der Konjunkturabschwung kommt bei den Firmen an“, sagte Thomas Bleile, erster Bevollmächtigter der IG Metall in Villingen-Schwenningen unserer Zeitung. Guthaben auf Arbeitszeitkonten würden abgebaut, teils auch Schichten zusammengestrichen. Man habe die Sorge, dass es nach der Sommerpause „richtig zu gären beginnt“. Dann könnte es wirklich spürbare Auswirkungen geben, sagte Bleile.

Viele Arbeitgeber rechnen mit weniger Beschäftigung

Auch die Metall-Arbeitgeber zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald hatten vor wenigen Tagen vor einem Konjunkturabschwung gewarnt. Laut Konjunkturumfrage des Arbeitgeberverbands Südwestmetall für die Region Schwarzwald-Hegau, der eine Befragung von Betrieben mit 35 000 Beschäftigten zugrunde liegt, erwarten 60 Prozent der Firmen 2019 schwächere Auftragseingänge als im Vorjahr. Je nach Branche schlage diese Entwicklung allerdings erst in einigen Monaten durch. Besonders betroffen seien derzeit Automobilzulieferer, aber auch der Maschinenbau. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Firmen erwartet zudem laut Südwestmetall einen „leichten bis deutlichen Beschäftigungsrückgang“ im Jahresverlauf.

Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeitkonten werden nachverhandelt

Erste Vorkehrungen für eine sinkende Auslastung werden von den Unternehmen bereits getroffen. So ergänzten immer mehr Unternehmen bestehende Betriebsvereinbarungen mit dem Ziel, Arbeitszeitkonten stärker ins Minus rutschen zu lassen. Teilweise würden die negativen Zeitbudgets um das Doppelte aufgestockt – von etwa 50 bis 60 Minus-Stunden auf bis zu 100.

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Um konjunkturelle Schwächephasen zu überbrücken, nutzen viele Firmen Arbeitszeitkonten, auf denen Überstunden oder Fehlzeiten bis zu einem bestimmten Betrag angesammelt werden können. Entlassungen oder Kurzarbeit können so eine Zeit lang vermieden werden.

Auch härtere Maßnahmen

Manche Unternehmen greifen aber bereits auf härtere Maßnahmen zurück, um wegbrechende Aufträge zu kompensieren. Anfang März wurde beispielsweise bekannt, dass der Schramberger Leiterplattenspezialist Schweizer Electronic Kurzarbeit angemeldet hat. Das 800 Mitarbeiter starke Unternehmen mit einem Jahresumsatz von zuletzt 125 Millionen Euro ist stark von der Automobilbranche abhängig. Diese erlebte Ende 2018 in Schlüsselmärkten wie China herbe Einbrüche, was das Familienunternehmen zu spüren bekam. Generell werde die Anmeldung von Kurzarbeit von den Firmen aber noch gemieden, sagte Bleile.

Acht freie Tage für alle Mitarbeiter als Ausweg

Ein von Arbeitgeberseite lange bekämpftes Flexibilisierungsinstrument erfreut sich dagegen in Zeiten sinkender Nachfrage wachsender Beliebtheit. Seit vergangenem Jahr haben Beschäftigte in der Metall- und Elektrobranche die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit um bis zu acht Tage zu verkürzen, wenn sie im Gegenzug auf ein tarifliches Zusatzentgeld verzichten. Die Regel gilt bislang nur für bestimmte Berufsgruppen, etwa Schichtarbeiter oder Angestellte mit erhöhtem Betreuungsbedarf für Verwandte und Kleinkinder. Angesichts eines sich abzeichnenden Abschwungs liefen in immer mehr Firmen Gespräche, diese Regelung auf weitere Beschäftigtengruppen auszuweiten, sagt IG-Metall-Mann Bleile. „Der eine oder andere Betrieb in der Region will das jetzt sogar allen Mitarbeitern anbieten“, sagte er. Die Regel basiere allerdings auf Freiwilligkeit. Gezwungen könne niemand werden.

„Hinter einigen Fassaden sieht es nicht so rosig aus“

Bereits Ende Januar hatte eine Konjunkturumfrage des Industrieverbands WVIB auf einen möglichen Abschwung hingewiesen. Erste Unternehmen seien bereits in Kurzarbeit, Schichten würden gestrichen und auch der Run auf Fachkräfte habe sich verlangsamt. „Hinter einigen Fassaden sieht es nicht mehr ganz so rosig aus“, sagte Thomas Burger, Präsident des Tausend Mitgliedsunternehmen umfassenden Wirtschaftsverbandes damals.

Maschinenbau: VDMA meldet erneut Minus für Baden-Württemberg

Auch vom Maschinenbau, der gemessen an den Arbeitsplätzen wichtigsten Industriebranche im Land, kamen negative Signale. Im ersten Quartal 2019 habe der baden-württembergische Maschinenbau einen Rückgang der Auftragseingänge von insgesamt 17 Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum zu verzeichnen, teilte der Branchenverband VDMA am Montag mit. Der März hatte zuletzt einen Rückgang von 20 Prozent gebracht. Seit fünf Monaten gibt es damit keine Zuwächse mehr. Eine merkliche Eintrübung bei der Produktion ist damit in den kommenden Monaten programmiert.