Sandra Markert

Es ist dunkel, die Fahrbahn ist nass. Das Auto fährt durch ein Wohngebiet, 30-Kilometer-Zone. Auf dem Gehweg läuft ein Kind. „Ein Autofahrer würde hier in der vorgeschriebenen Geschwindigkeit vorbeifahren. Ein autonom gesteuertes Fahrzeug muss das Sicherheitsrisiko Kind erkennen und vorbeugend abbremsen. Und zwar egal, bei welchem Wetter“, sagt Christian Meyer. Meyer ist Geschäftsführer von Lake Fusion Technologies (LFT) in Markdorf. Mit der beschriebenen Szene beschreibt er das Kerngeschäft des 2018 gegründeten Unternehmens: Es geht darum, das autonome Fahren sicherer zu machen.

Sieht so die Zukunft des Fahrens aus? Autos kommunizieren im Schwarm.
Sieht so die Zukunft des Fahrens aus? Autos kommunizieren im Schwarm. | Bild: LFT

Schon heute nehmen Assistenzsysteme, die beim Tempo oder Spurhalten, beim Bremsen oder Einparken helfen, dem Autofahrer vieles ab. „Bei all diesen Systemen hat jedoch der Fahrer noch die Verantwortung“, sagt Christan Meyer. Wenn bis in einigen Jahren das Auto selbst die Verantwortung übernehmen soll, „dann brauchen wir für die Technik eine Absicherung, wie sie bisher nur in der Luftfahrt eingesetzt wird“, so Meyer.

Und in der Luftfahrt kennen sich Meyer und Thomas Wichert, Vertriebsleiter bei Lake Fusion Technologies aus. Viele Jahre lang haben sie in diesem Bereich beim Rüstungs- und Raumfahrtunternehmen Airbus in Friedrichshafen gearbeitet, bevor sie sich vor zwei Jahren selbstständig gemacht haben – zusammen mit einer Handvoll weiterer Kollegen, die jetzt bei LFT beschäftigt sind.

Laser verhüten Unfälle

Statistisch gesehen sind Fluggeräte die sichersten Verkehrsmittel der Welt. Wenn ein Hubschrauber in ein Wolkenfeld kommt und der Pilot kurzzeitig nichts mehr sieht, braucht er eine Technik, die sein Umfeld trotzdem abbildet.

Die ehemaligen Airbus-Ingenieure haben hierzu jahrelang mit laser-basierten Sensoren gearbeitet, welche Abstände und Geschwindigkeiten messen können. Das funktioniert ähnlich wie bei einem Radar – nur, dass statt Radiowellen Laserstrahlen ausgeschickt werden. Treffen die Strahlen auf ein Hindernis, werden sie wie ein Echo zurückgeworfen und vom Sensor wieder empfangen.

Wann arbeiten Sensoren reibungslos?

Die Herausforderung für die Luftfahrt-Experten besteht nun zum einen darin, die Technik vom Flugzeug auf das Auto zu übertragen. Denn während ein autonom gesteuertes Fahrzeug tagsüber den größten Teil des Umfelds über eine Kamera wahrnehmen kann, kommt diese Technik bei Regen oder Dunkelheit an ihre Grenzen. Aber auch bereits dann, wenn das Auto bei Helligkeit plötzlich in einen Tunnel fährt.

„Die eigentliche Aufgabe besteht also darin, eine Softwarelösung anzubieten, welche Daten aus verschiedenen Quellen wie einer Kamera, einem Radar und einem Sensor miteinander und untereinander in Echtzeit verknüpft und damit das autonome Auto steuert“, sagt Christian Meyer.

LFT_Manager Thomas Wichert, glaubt an die digitale Zukunft des Automobils.
LFT_Manager Thomas Wichert, glaubt an die digitale Zukunft des Automobils. | Bild: LFT

Und genau daran arbeitet das LFT-Team nun seit 2018 – im Dialog mit den bekannten Autobauern in Europa sowie vielen Autozulieferern. Erste Projekte gibt es bereits mit Volkswagen, dem Daimler-Konzern und den Zulieferer-Schwergewichten Conti, ZF Friedrichshafen und Magna.

„Das autonome Fahren beschäftigt alle“, sagt Christian Meyer. Das Thema Sicherheit dagegen sei bislang noch etwas stiefmütterlich behandelt worden. „Deutsche Autos sind sehr sicher, wenn mal ein Unfall passiert. Aber über die Sicherheit vor einem Unfall wurde bislang recht wenig investiert und genau das braucht es fürs autonome Fahren“, sagt Vertriebsleiter Thomas Wichert.

Das könnte Sie auch interessieren

Für das junge Unternehmen, das für dieses Jahr noch einen relativ bescheidenen Umsatz von vier Millionen Euro anpeilt, kam die Gründung zu einem passenden Zeitpunkt. Das Interesse an Sicherheitstechnik ist hoch. Die Mitarbeiterzahl soll bis Ende des Jahres auf rund zwei Dutzend ausgebaut werden.

Der Geschäftsführer ist optimistisch, dass er die Stellen auch besetzen kann. „Wir haben den Bodensee bewusst in unseren Firmennamen genommen, weil es hier sehr viele hochqualifizierte Leute gibt. Und weil sich fast alle in der Region so wohlfühlen, kann man mit den Mitarbeitern einfach auch langfristig planen.“

Firma sucht Mitarbeiter

Und genau diese Stabilität braucht eine Firma, die etwas entwickelt, was im normalen Straßenverkehr frühestens in zehn Jahren eine Rolle spielen wird. Das zumindest ist der Zeithorizont, auf den sich die meisten Experten für das autonome Fahren im Massenmarkt einigen können.

LFT-Geschäftsführer Christian Meyer träumt schon heute von dem Tag, an dem er nur noch ins Auto einsteigen und sich quer durch Deutschland fahren lassen kann. „Dann kann ich die Zeit endlich sinnvoll nutzen, zum Arbeiten oder Schlafen.“