Mehr als 100 Einsatzkräfte des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg, des Polizeipräsidiums Konstanz und der örtlichen Polizeidienststellen haben am Dienstag Geschäftsräume der Alno AG und von sechs Tochtergesellschaften sowie mehrere Privatwohnungen durchsucht. Betroffen waren Standorte in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sac hsen-Anhalt.
Auch am Stammsitz Pfullendorf schlugen die Ermittler zu. Mit dabei waren vier Staatsanwälte. "Vor dem Hintergrund der Insolvenzen der Alno AG und der drei Tochterunternehmen im Oktober 2017, ermitteln die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg derzeit gegen zwölf Personen wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und des Betruges", begründeten Behörden die Durchsuchungsaktion.
Bei den Beschuldigten handelt es sich nach Angaben der Ermittler um ehemalige Vorstände der Alno AG sowie ehemalige Geschäftsführer der Tochterunternehmen. Nähere Angaben wollten die Behörden zunächst nicht machen.
Unternehmen wohl schon früher zahlungsunfähig
Die Alno AG hatte im vergangenen Sommer Insolvenz angemeldet, wobei Insolvenzverwalter Martin Hörmann davon ausgeht, dass das Unternehmen schon früher zahlungsunfähig war. In einem Gutachten von Wirtschaftsprüfern wurde festgestellt, dass bereits im Dezember 2016 eine finanzielle "Unterdeckung" vorgelegen habe. Die sogenannte Fortführungsprognose ist nach Auffassung des Insolvenzverwalters spätestens Mitte 2016 weggefallen, und nach ausgewerteten Informationen habe der Ex-Vorstandschef Max Müller Anfang Februar 2017 mit einem anwaltlichen Berater bezüglich eines Insolvenzantrages gesprochen.
Mehr als 1000 Alno-Gläubiger haben bei Hörmann Forderungen von 278 Millionen Euro angemeldet; der Experte geht davon aus, dass er mindestens 25 Millionen für die Gläubiger erlösen kann. So soll auch der 2016 eingestiegene bosnische Großaktionär Hastor etliche Millionen Euro Schadensersatz verlangen, weil er vom damaligen Management über die wahre Situation des Küchenmöbelherstellers falsch informiert worden sei. Im Februar hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mitgeteilt, dass sie wegen Verdachts der Insolvenzverschleppung und Betrugs ermittelt.
Nach der Insolvenz hatten hunderte Alno-Mitarbeiter am Stammsitz in Pfullendorf ihre Kündigung erhalten, bevor der britische Finanzinvestor Riverrock in letzter Minute den Produktionsstandort kaufte und die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes ermöglichte. Mit völlig neuen Strukturen und dem Namen "Neue Alno GmbH" sollen sich 400 Beschäftigte künftig auf die Herstellung von hochwertigen Küchenmöbeln konzentrieren.