Die umfassenden Sparpläne bei Europas größtem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus werden auch in Deutschland Jobs kosten. In den kommenden Monaten will Airbus in seiner Raumfahrt- und Rüstungssparte knapp 2400 Stellen streichen, wie der Konzern mitteilte.
Deutschland und Spanien werden laut den Airbus-Plänen am stärksten betroffen sein. Allein in den bundesdeutschen Werken sollen rund 830 Stellen wegfallen.„Grundsätzlich wird jeder deutsche Standort vom Sparprogramm betroffen sein“, sagte ein Airbus-Sprecher dem SÜDKURIER. Wie viele Stellen an welchen Standorten wegfallen, werde Gegenstand der Verhandlungen mit den Arbeitnehmern sein.

Eines der größten Werke des Konzerns mit rund 2250 Beschäftigten liegt in Immenstaad am Bodensee. Christian Birkhofer, Betriebsratschef in Immenstaad, sagte unserer Zeitung, man lehne den geplanten Stellenabbau ab und werde „um jeden Arbeitsplatz kämpfen“. In einem Schreiben an die Airbus-Belegschaft betonen Arbeitnehmervertreter aller deutschen Standorte, betriebsbedingte Kündigungen müssten ausgeschlossen werden. „Jeder, der bleiben will, muss bleiben dürfen“, heißt es in dem Brief. Ein Airbus-Sprecher wollte betriebsbedingte Kündigungen gegenüber dem SÜDKURIER nicht ausschließen. Man werde jedoch „alle Mittel ausschöpfen, die davor stehen, beispielsweise die normale Fluktuation“, sagte er.
Wenig Aufträge bei Satelliten, Verzögerungen im Verteidigungsbereich
Airbus führt als Grund für die Einschnitte schleppende Auftragseingänge im Raumfahrtgeschäft sowie Verzögerungen bei Vertragsabschlüssen bei Rüstungsprojekten an. 2019 rutschte die Konzernsparte Defence & Space mit gut 880 Millionen Euro in die Miesen. Die größte Baustelle in der Raumfahrt stellt der seit Jahren schleppende Verkauf von Telekommunikationssatelliten dar.
Grund sind neue Wettbewerber wie die US-Firma Space-X von Tesla-Chef Elon Musk. Dieser ist daran, Tausende Kleinsatelliten ins All zu schießen, um ein weltumspannendes Internetsignal aufzubauen. Der US-Internetkonzern Amazon verfolgt ähnliche Pläne. Airbus kooperiert bei dem Thema mit dem US-Konsortium One-Web, hat aber Rückstand. Als Folge hat Airbus in den vergangenen drei Jahren nicht einmal die Hälfte der sonst üblichen Telekommunikationssatelliten ausgeliefert.
Transportflugzeug A400M führt zu Milliardenabschreibung
Auch in der Rüstungssparte hapert es bei Großprojekten. Aufgrund des Exportstopps nach Saudi-Arabien ist ein Großauftrag zur Lieferung des Transportflugzeugs A400M an die Scheichs zunächst geplatzt. Die dafür nötigen Rückstellungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro waren mit ausschlaggebend für den Milliardenverlust den der Airbus-Gesamtkonzern im vergangenen Geschäftsjahr eingefahren hat.
Zudem zieht die Bundesregierung in Erwägung, Teile ihrer Tornado-Flotte nicht durch den Nachfolge-Jet Eurofighter, sondern durch US-amerikanische F18 Kampfflugzeuge zu ersetzen. Sollte dies geschehen, sieht der Airbus-Konzernbetriebsrat „die Zukunft der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie“ in Gefahr. Mehrere Tausend der insgesamt rund 13 000 deutschen Airbus-Jobs im Raumfahrt- und Verteidigungsbereich hängen am Eurofighter.
Sollte die F18 dem Eurofighter vorgezogen werden, halten Experten eine Art Schneeballeffekt nicht für ausgeschlossen. Auch andere Länder, etwa die Schweiz, könnten bei anstehenden Beschaffungsprojekten vom Eurofighter als Ersatz für ihre betagten Kampfjets Abstand nehmen, heißt es in der Branche. Treffen würde dies insbesondere den mit rund 5000 Beschäftigten größten deutschen Airbus-Standort in Manching, aber auch wichtige Zulieferer wie den Radar-Spezialisten Hensoldt in Ulm.
Für das Airbus-Werk in Immenstaad relevant sind vor allem Verzögerungen bei der Beschaffung der Pegasus-Drohne für die Bundeswehr. Die Auftragsvergabe durch den Bund ist hier in der Schwebe. Auch Alternativlösungen, die ohne die maßgeblich von Airbus gelieferte Drohnentechnologie auskommen, liegen auf dem Tisch. Bereits Ende vergangenen Jahres sagte der Immenstaader Airbus-Werkleiter Dietmar Pilz, dass beim Ausbleiben des Drohnen-Auftrags High-Tech-Jobs am Bodensee in Gefahr seien.