Außergewöhnliche Situationen fordern außergewöhnliche Maßnahmen – das zeigt sich auch am neuen Geschäftsmodell, das sich Christian Löble, Geschäftsführer von Löble Reisen aus dem Öhninger Ortsteil Wangen im Zuge der Corona-Krise für sein Unternehmen ausgedacht hat: Weil Reisen wegen der Pandemie abgesagt werden müssen, will Löble jetzt einen Lieferservice für jene Menschen anbieten, die ihre Wohnungen aus Sicherheitsgründen nicht mehr verlassen können oder wollen.
„Die Idee kam spontan“, erzählt er – beim Gespräch mit Freunden sei sie vor knapp einer Woche erst entstanden. Der Grund: „Es gibt Risikogruppen und die Geschäfte sind froh, wenn Leute den Virus nicht einschleppen.“ Weil ständig neue Reisestornierungen ins Geschäft trudeln und seine Fahrer mangels Aufträgen derzeit kaum Arbeit haben, habe er beschlossen, den Lieferservice zu starten. Am gleichen Tag wurde daher noch ein Flyer entworfen und Werbung auf der Internetseite des Unternehmens und den Sozialen Medien gemacht.
In Notzeiten helfen
„Am nächsten Tag gab es schon die ersten Rückmeldungen“, sagt Christian Löble. Viele Menschen hätten sich bei ihm gemeldet um ihm mitzuteilen, wie gut sie die Idee finden. Teilweise sei ihm sogar Hilfe angeboten worden. „Das war schon überwältigend“, freut sich Löble.

Wie genau funktioniert der Lieferservice? „Ein Rundumkonzept haben wir noch nicht“, erklärt Löble. „Ich lasse es jetzt einfach mal auf uns zukommen.“ Zunächst einmal wolle er abwarten, wie hoch die Nachfrage ist und wie sich seine Idee entwickelt. Bestellt werden können bei Löble Reisen bis 17 Uhr etwa Lebensmittel oder Medikamente, das Unternehmen besorgt die gewünschten Produkte im Anschluss nach Möglichkeit und liefert sie am nächsten Tag zwischen 10 und 12 Uhr aus. Damit die Fahrer sich nicht bei möglichen Infizierten anstecken, sollen sie die Ware zusammen mit der Rechnung vor die Haustür stellen.
Christian Löble betont aber: „Es ist nicht der Grundgedanke, dass wir damit Geld verdienen.“ Vorerst gebe es noch keinen Festpreis für die Leistungen seines Unternehmens. Die Leute zahlen den Einkauf, entscheiden dann aber selbst, wie viel Geld sie für den Aufwand der Fahrer ausgeben wollen. „Der Grundgedanke ist, dass wir helfen wollen“, so Löble. Erste Anfragen seien schon eingegangen, sagt er. Wenn es mehr würden, ließe sich das Konzept noch weiter ausbauen.
Amazon stellt neue Mitarbeiter ein
Zu vielen Bestellungen im Zuge der Corona-Krise kam es dagegen beim Online-Riesen Amazon. Auf seinem Blog gibt das Unternehmen bekannt: „Im Zuge der wachsenden Ausbreitung von Covid-19 verzeichnen wir eine verstärkte Nachfrage im Online-Shopping, die sich kurzfristig auch auf Bestellungen auswirkt.“ Um die gestiegene Nachfrage zu bewältigen, will Amazon zahlreiche zusätzliche Mitarbeiter einstellen.
Alleine in den USA sind 100.000 neue Voll- und Teilzeitkräfte für Lager und Auslieferung geplant, in Deutschland werden 350 zusätzliche Stellen geschaffen, wie ein Amazon-Sprecher dem SÜDKURIER mitteilt. Außerdem habe Amazon bereits in der Vergangenheit 2000 weitere Arbeitsplätze in den Logistikzentren Oelde (Nordrhein-Westfalen) und Sülzetal (Sachsen-Anhalt) angekündigt, die in diesem Jahr starten sollen.

Das Besondere: Amazon will nicht nur die Versorgung all jener sicherstellen, die sich derzeit nicht mehr in die Öffentlichkeit trauen oder sich in Quarantäne befinden, sondern auch anderen Branchen, die von der Corona-Krise betroffen sind, unter die Arme greifen: „Wir wissen, dass viele Menschen wirtschaftlich betroffen sind, da Arbeitsplätze in Bereichen wie Hotels, Restaurants und Reisen als Teil dieser Krise wegfallen“, sagt der Sprecher.
Außerdem priorisiert Amazon vorübergehend den Eingang von Produkten mit hoher Nachfrage in seinen Logistikzentren. Dazu will das Unternehmen den Lohn seiner Versandmitarbeiter erhöhen: In Deutschland und Österreich sollen sie bis Ende April zusätzlich zwei Euro brutto pro gearbeitete Stunde bekommen.
Kontakt zwischen Kunden und Mitarbeitern vermeiden
Mit den zunehmenden Online-Bestellungen und der Verbreitung des Coronavirus steigt aber auch die Gefahr für Lieferservices – durch Kontakt beim Zustellen riskieren die Mitarbeiter, sich bei möglichen Infizierten ebenfalls anzustecken. Einige Unternehmen treffen darum Vorkehrungen: So hat etwa der Essenslieferant Lieferando eine kontaktlose Zustellung eingeführt, wie das Unternehmen Takeway, zu dem Lieferando gehört, mitteilt. Das Essen wird dabei vor der Haustür abgestellt, die Mitarbeiter warten mit Abstand, bis die Bestellung in Empfang genommen wird. Damit der physische Kontakt zwischen Kunde und Zusteller vermieden werden kann, wird empfohlen, online zu bezahlen.

Und DHL verzichtet derzeit bei der Übergabe von Paketen oder Einschreiben auf die Unterschrift der Empfänger. Stattdessen unterschreiben die Zusteller selbst, wenn eine Sendung erfolgreich ausgeliefert wurde. „So reduzieren wir den persönlichen Kontakt zwischen den Empfängern und unseren Zustellern und vermeiden eine mögliche Übertragung von Viren über Handscanner und Stift“, erklärt DHL die Entscheidung.
Nicht nur positive Auswirkungen
Dennoch – auch, wenn bei Amazon derzeit vermehrt bestellt wird und auch Lebensmittel-Lieferdienste, etwa von Rewe, von erhöhten Nachfragen berichten, wirkt sich die Krise nicht auf jeden Händler positiv aus. Wie der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) mitteilt, gibt es derzeit hohe Bestellraten bei Lebensmitteln, Medikamenten und im Bereich Elektronik, die beispielsweise im Homeoffice zum Einsatz kommt. Allerdings gibt es auch eine andere Seite: Laut einer Umfrage des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (bevh), die dieser vor rund einer Woche durchführte, verzeichneten damals 41 Prozent der Mitgliedsunternehmen Nachfragerückgänge in bestimmten Kategorien.
Laut bevh-Sprecherin Susan Saß geht der Verband davon aus, dass sich an diesen Angaben durch die mittlerweile eingetretenen Veränderungen – etwa Ladenschließungen – seither einiges geändert hat. Allerdings gebe es auch einige Händler, deren Produkte gerade nicht so stark gefragt seien. Konkrete Zahlen liegen dem bevh jedoch bisher noch nicht vor.
Lieferengpässe müssen vermieden werden
Problematisch ist aber laut bevh-Umfrage nicht nur die teilweise zurückgehende Nachfrage, sondern auch die Bedrohung der Gesundheit der Mitarbeiter durch das Coronavirus. Gut 50 Prozent der vom bevh befragten Unternehmen rechnen im Laufe des Jahres mit einer zeitweisen Schließung zumindest in einzelnen Bereichen. Und auch Lieferengpässe sind ein Problem: Jedes zweite Onlinehandel-Unternehmen ging von Umsatz- und Ergebnisminderungen durch Lieferengpässe aus, knapp die Hälfte wünschte sich deshalb Liquiditätshilfen.
Damit der Onlinehandel bei der Versorgung der Bevölkerung während der Corona-Krise helfen kann, fordert der bevh unter anderem angepasste Arbeitszeitregelungen, um deutlich flexiblere Arbeitszeiten zu ermöglichen, die Erlaubnis von Sonntagsarbeit und vorrangige Fahrspuren für den Gütertransport.