Seit Jahren durchleuchtet der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen seine Werke auf Wirtschaftlichkeit. Jetzt zeichnet sich ab, dass mindestens zwei Produktionsstandorte keine Perspektive haben.

Betroffen sind Fahrwerksstandorte

Wie ein ZF-Sprecher sagte, werde es am nordrhein-westfälischen Standort Eitorf nahe Bonn „eine langfristige Fortführung der ZF-Produktion nicht geben“. Intensive Gespräche hätten „keine wirtschaftlich tragfähige Perspektive für den Standort ergeben“, hieß es weiter. Zuerst hatte die „Schwäbische Zeitung“ berichtet. Die Chancen, eine Standortschließung zu vermeiden, stuft ZF daher als gering ein. Der Konzern-Betriebsrat geht nach Informationen des SÜDKURIER davon aus, dass spätestens 2027 in Eitorf die Lichter ausgehen.

ZF-Konzernchef Holger Klein hat dem Autozulieferer, den hohe Schulden drücken, einen harten Sparkurs verordnet.
ZF-Konzernchef Holger Klein hat dem Autozulieferer, den hohe Schulden drücken, einen harten Sparkurs verordnet. | Bild: Boris Roessler

Der 590 Mitarbeiter starke Standort steht schon länger auf der Kippe. Insbesondere war es Management und Beschäftigtenvertretern in den vergangenen Monaten nicht gelungen, ein sogenanntes positives Zielbild für das Stoßdämpfer-Werk zu finden. Solche Zielbild-Prozesse wurden vor mehreren Jahren an allen gut 40 deutschen ZF-Standorten angestoßen, um standortspezifisch wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu finden. Teilweise wird immer noch verhandelt. In Eitorf sind entsprechende Gespräche aber in den vergangenen Monaten gescheitert.

Jobsicherungen laufen Ende 2023 aus – was kommt dann?

Der zweite, jetzt von der Schließung bedrohte ZF-Standort in Gelsenkirchen steckt schon länger in Schwierigkeiten. 2018 war das rund 350 Mitarbeiter starke Werk in die roten Zahlen gerutscht. Ein Schließungsbeschluss wurde von Ex-ZF-Konzernchef Wolf-Henning Scheider rückgängig gemacht. In den Folgejahren flossen mehrere Millionen Euro in den Standort.

Unter anderem wurde der Versuch unternommen, in Gelsenkirchen die Produktion elektrischer Lkw-Lenkungen anzusiedeln. Da entsprechende Kundenaufträge nicht hereinkamen und alte Produktlinien am Standort auslaufen, falle „die Basis für die Produktion am Standort in den kommenden Monaten weg“, hieß es nun von ZF.

Da in beiden ZF-Werken Beschäftigungssicherungen Ende 2023 enden, rücken im kommenden Jahr betriebsbedingte Kündigungen in den Bereich des Möglichen.

Betriebsrat drängt auf Lösungen für beide Werke

Der Konzernbetriebsrat dringt daher auf mehr Tempo. „Wir erwarten, dass für beide Standorte Lösungen gefunden werden“, sagte ein Sprecher des ZF-Konzernbetriebsrats unserer Zeitung. Für das Werk in Gelsenkirchen sei ein Zielbild vereinbart worden. Man fordere daher, dass eine Perspektive über 2023 hinaus entwickelt werde.

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In Eitorf gehe es jetzt darum, „ein Fortführungsszenario außerhalb des ZF-Konzerns zu erarbeiten“. Möglich wäre beispielsweise ein Verkauf an einen Investor. ZF bestätigte Gespräche mit möglichen Interessenten an dem Werk oder einer Nachnutzung. Zu Details machte ein ZF-Sprecher keine Angaben.

ZF mit 53.000 Jobs im Inland

ZF kämpft wie viele Zulieferer mit schleppendem Absatz aufgrund der schlechten Automobilkonjunktur. Zudem ist der Konzern hoch verschuldet und muss eisern sparen. ZF beschäftigt 53.000 Menschen in Deutschland. In Baden-Württemberg an den Standorten Friedrichshafen, Alfdorf und Mannheim.