Der bundesweite Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer bei der Deutschen Bahn hat auch im Südwesten für zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen gesorgt. Der Streik habe begonnen, sagten Sprecher der Bahn und der GDL am Mittwochmorgen. „Der Ersatzfahrplan ist stabil angelaufen“, hieß es bei der Bahn.
Im Fernverkehr sind laut Bahn nur rund 25 Prozent der Züge unterwegs. Im Regionalverkehr gebe es erhebliche Unterschiede, sagte der Bahnsprecher. Viele Kunden informierten sich vorab zum Beispiel online über Verspätungen und Ausfälle und suchten sich Alternativen.
Alle Zugverbindungen am Hochrhein fallen aus
Tausende Fahrgäste müssen jetzt improvisieren, es gelten Ersatzfahrpläne. Wie viele Züge im Südwesten genau nicht fahren werden, war zunächst unklar. Nach Angaben der Südwest-GDL vom Dienstag wird die Ausfallquote in Baden-Württemberg aber recht hoch sein.
Bahnpendler am Hochrhein hat der Streik hart getroffen. Schon am frühen Mittwochmorgen fielen auf der Hochrheinstrecke zwischen Basel und Waldshut zahlreiche Zugverbindungen aus. Komplett gestrichen wurden zunächst die schnellen IR- und IRE-Verbindungen.
Später war klar: Alle Zugverbindungen am Hochrhein sind laut der App der Deutschen Bahn gestrichen, wie unser Screen-Video für den Bahnhof in Waldshut zeigt:
Pendler am Hochrhein stiegen auf den Bus um. Laut Südbadenbus-Produktionsleiter Klaus Albiez hätten die Busfahrer am Mittwochmorgen bereits von einer stärkeren Belegung der Busse berichtet. „Wir fahren allerdings keine Zusatzfahrten, unser normales Fahrplanprogramm wird weitergeführt“, sagt Albiez. Für Schienenersatzverkehr müsste die Deutsche Bahn bei der SBG Zusatzbusse bestellen, das sei bisher nicht geschehen. Alle aktuellen Infos zur Lage am Hochrhein finden Sie hier.
Stillstand am Bahnhof in Singen
Die Schwarzwaldbahn zwischen Konstanz und Karlsruhe sowie die Gäubahn Zürich – Stuttgart fallen komplett aus. Auch auf die Verbindung Basel – Ulm warten die Fahrgäste vergebens. Auf der Nahverkehrslinie Schaffhausen – Singen fahren nur vereinzelt Züge. Einzig der Seehas zwischen Engen und Konstanz fährt regelmäßig. Er wird von der deutschen Tochter der Schweizerischen Bundesbahn (SBB) bedient. Sie ist nicht vom Streik betroffen.
Verhinderte Fahrgäste äußern viel Unmut über die Streikaktion. Die Bahn hat einige Ersatzbusse, wie in Richtung Rottweil, bereitgestellt. Mehr Informationen aus Singen lesen Sie hier.

Chaos in Konstanz bleibt aus
Auch Konstanz ist vom Bahnstreik betroffen. Die Deutsche Bahn teilt mit, dass die Regionalzüge nach Offenburg und Karlsruhe ausfallen. Lediglich der Seehas sei nicht vom Streik betroffen und fährt nach wie vor zu den regulären Zeiten.
Laut eines DB-Mitarbeiters vor Ort käme es in Konstanz zu keinem großen Bahnchaos. „Die meisten Leute haben im Voraus mitbekommen, dass heute gestreikt wird. Zudem fährt ja der Seehas“, erklärt er gegenüber dem SÜDKURIER. Zu einem größeren Fahrgastaufkommen im Bus führe der Streik nicht, so Christopher Pape, Pressesprecher der Stadtwerke Konstanz.
Auch am frisch sanierten Villinger Bahnhof war es am Mittwoch ruhig. Wo eigentlich im Stundentakt Züge, die zwischen Karlsruhe und Konstanz verkehren, an- und abfahren, blieben die Gleise leer. Auch für den Donnerstag wird ein solches Szenario erwartet.
Ratlosigkeit in Friedrichshafen und Überlingen
Besonders hart getroffen hat es in der Region um Friedrichshafen die Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB) – und natürlich deren Kunden. „Bei uns stehen leider alle Räder still“, sagt Pressesprecher Sebastian Dix. „Unser Ziel ist natürlich, die Pendler nicht komplett im Regen stehen zu lassen“, sagt Dix. Die wichtigste Botschaft: Es gibt, auch für den Donnerstag, einen Notbusfahrplan, der auf der BOB-Internetpräsenz eingestellt ist. Das Problem: Es ist Ferienzeit, deswegen sei die Personaldecke bei den Busfahrern aktuell sehr dünn.

Ratlose Reisende auch in Überlingen: Die Bahn hat eigenen Angaben nach den Ersatzverkehr weitestgehend geregelt. Dennoch bittet sie Reisende, ihre Fahrt zu verschieben. Diejenigen, die in Überlingen vor dem Informationsschalter stehen, haben kein eigenes Auto und sind daher auf das zuverlässige Erscheinen der Züge angewiesen.
Mehr zur Lage im Bodenseekreis lesen Sie hier.
Welche Rechte haben Fahrgäste? Wo finden sich aktuelle Informationen? Ab wann kann man sein Ticket erstatten lassen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Streik im Überblick:
Wie lange wird gestreikt?
Der Güterverkehr ist bereits am Dienstag ab 19 Uhr bestreikt worden. Im Personenverkehr hat der Streik am Mittwoch, 2 Uhr, begonnen und soll bis Freitag, 2 Uhr andauern.
Der Streik richte sich dabei nur gegen die Deutsche Bahn, sagt GDL-Pressesprecherin Gerda Seibert. Andere Eisenbahnunternehmen seien nicht betroffen. Trotzdem kann es aber nach Angaben der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr auch bei Mitbewerbern der Bahn zu Beeinträchtigungen kommen, zum Beispiel wenn stehengebliebene Züge die Schienen blockieren.
Was bedeutet das für den Bahnverkehr?
Zugausfälle sind unvermeidbar. Laut der Deutschen Bahn soll das bundesweite Angebot im Fernverkehr auf rund ein Viertel reduziert werden. Nach Angaben des Unternehmens haben besonders stark nachgefragte Verbindungen etwa zwischen Berlin und der Rhein-/Ruhr-Region, zwischen Hamburg und Frankfurt am Main sowie die Anbindung wichtiger Bahnhöfe und Flughäfen Vorrang. Auf ausgewählten Hauptachsen sollen zumindest im Zwei-Stunden-Takt Züge mit größtmöglicher Sitzplatzkapazität verkehren.
Auch im Regional- und S-Bahnverkehr wird es Einschränkungen geben. Laut Bahn geht es darum, in den Metropolregionen und im ländlichen Raum ein Grundangebot für Schulkinder und Pendler sowie wichtige Zubringer zu Fernverkehrszügen oder Flughäfen aufrechtzuerhalten.
Gibt es einen Notfallfahrplan?
Der Ersatzfahrplan steht Fahrgästen der Deutschen Bahn online in der Fahrplanauskunft sowie in der DB Navigator App zur Verfügung.
Wo erfahren Reisende, ob ihr Zug ausfällt oder Verspätung hat?
Informationen darüber speist die Deutsche Bahn schrittweise in die Fahrplanauskunft und die App ein. Zudem will das Unternehmen Hunderte zusätzliche Beschäftigte einsetzen, die Reisende an den Bahnhöfen informieren. Auch eine Streikhotline steht Fahrgästen unter der Telefonnummer 08000-996633 zur Verfügung. „Die Fahrgastrechte gelten auch im Streikfall weiter“, sagt Beatrix Kaschel von der Schlichtungsstelle Nahverkehr in Düsseldorf.
Gilt die Zugbindung der Fahrkarten?
Wird ein Anschluss durch Verschulden der Bahn verpasst oder ist am Zielbahnhof eine Verspätung von mehr als 20 Minuten zu erwarten, können Reisende einen anderen – auch höherwertigen – Zug nehmen. Eine etwaige Zugbindung ist automatisch aufgehoben. Man könne sich das auch beim Zugbegleiter, an einer Info oder im Reisezentrum bestätigen lassen. Dies sei aber nicht zwingend erforderlich, so die Bahn. Wer eine Nahverkehrsfahrkarte hat, kann in so einem Fall oft auch IC oder ICE nutzen, wenn die ursprüngliche Route nicht länger als 50 Kilometer lang war oder nicht länger als eine Stunde dauerte. In der Regel muss man dann allerdings zunächst ein gültiges Fernverkehrsticket kaufen.
Kann man ein Taxi nehmen, wenn der Zug ausfällt?
Für gestrandete Reisende hat die Deutsche Bahn im Nahverkehr schon öfter Taxikontingente organisiert, um von größeren Bahnhöfen aus Passagiere nach Hause zu bringen. Auch Sammeltransporte mit Fernbussen sind denkbar. Daher sei es wichtig, auf dem Bahnsteig auf Durchsagen und Anzeigen zu achten, so Kaschel. „Wer einen Gutschein fürs Taxi bekommen hat, fragt den Fahrer besser vorher, ober er den Gutschein auch ohne Mehrkosten annimmt“, rät Kaschel. „Auf eigene Faust ein Taxi zu nehmen, kann teuer werden“. Denn dafür gelten spezielle Regeln.
Wird die Nacht im Hotel bezahlt?
Gestrandeten muss die Bahn Ersatzverkehr oder, wenn die Fahrt am selben Tag nicht möglich oder zumutbar ist, eine Unterkunft anbieten. Vor einer selbst organisierten Alternative habe beides Vorrang, so die Deutsche Bahn. Die Fahrt vom und zum Bahnhof muss von der Bahn organisiert werden, so die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer sich selbst eine Übernachtungsmöglichkeit suchen muss, sollte sich auf jeden Fall bestätigen lassen, dass die Bahn an diesem Tag keine Fahrt durchführen wird und auch keine Unterkunft bereitstellen kann. Die Rechnung des Hotels sollte aufbewahrt werden, um sie im Nachgang einreichen zu können.
Wann gibt es Entschädigung?
Kommt man nicht pünktlich ans Ziel, kann der Fahrpreis je nach Höhe der Verspätung teilweise erstattet werden. Bei Fahrtabbruch ist auch eine komplette Zurückerstattung möglich. Wer mindestens eine Stunde zu spät am Ziel ankommt, kann 25 Prozent des Fahrpreises reklamieren. Ab zwei Stunden Verspätung lassen sich 50 Prozent des Ticketpreises zurückholen. Maßgeblich ist dabei stets die Verspätung am letzten Ziel und nicht die der bis dahin genutzten Züge. Wer allerdings vor der Reise oder mittendrin sieht, dass insgesamt mehr als eine Stunde Verspätung eintritt, kann von der Reise zurücktreten – und den kompletten Fahrpreis zurückfordern.
Belege aufbewahren!
Wer auf der gebuchten Verbindung streikbedingt nicht ankommen würde, sollte sich die Verspätung bestätigen lassen, bevor die Fahrt abgebrochen wird oder Alternativen gesucht werden. Als Alternative raten die Verbraucherschützer zum Beispiel Fotos von Anzeigetafeln zu machen, auf denen die Verspätungen oder der Zugausfall zu erkennen sind. Auch Screenshots von Infos in der Bahn-App oder von der Homepage des Unternehmens können sinnvoll sein.
Was gilt für Berufspendler?
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch bei einem Streik alle Möglichkeiten ausschöpfen, um pünktlich bei der Arbeit zu sein. Wenn Probleme im Personenverkehr absehbar sind, können Beschäftigte sich also nicht auf die Bahn verlassen, sondern müssen sich Alternativen suchen. Bei einer Verspätung sollten Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig informieren. Im schlimmsten Fall droht sonst eine Abmahnung. (dpa / sk)