Als Diss wird im Rap-Jargon ein Song bezeichnet, in dem ein Musiker einen oder mehrere seiner Kollegen angreift und versucht, sie lyrisch zu diskreditieren. Dass ein Unternehmen ins Fadenkreuz gerät, ist eher unüblich. Genau das ist nun aber beim Automobilzulieferer ZF passiert.

Über verschiedene Kanäle wurde beim ohnehin krisengeplagten Friedrichshafener Unternehmen ein Song verbreitet, in dem ZF und Firmenchef Holger Klein hart angegangen werden. Anfang Juni sei der Song aufgetaucht, sagt ein ZF-Sprecher.

Vorstandschef wird namentlich erwähnt

Schon in den ersten Zeilen attackiert eine aggressiv klingende Stimme auf basslastigem Taktschlag den kompletten Vorstand: „Willkommen im Bunker, Bruder, ZF – minus 10 Milliarden, doch der Vorstand fliegt Jet.“ Zumindest die Zahl ist nicht falsch: Die Netto-Verschuldung beträgt knapp 10,5 Milliarden-Euro. Danach geht es im Refrain direkt gegen Vorstandschef Klein: „Klein redet von sparen, doch sein Büro glänzt.“

Holger Klein ist Vorstandsvorsitzender der ZF Friedrichshafen.
Holger Klein ist Vorstandsvorsitzender der ZF Friedrichshafen. | Bild: Felix Kästle

Klein selbst hatte erst im Februar gesagt, dass die Stimmung in der Belegschaft „ohne Frage nicht gut sei“. Das Unternehmen steckt seit Jahren in der Krise, bis Ende 2028 sollen allein in Deutschland bis zu 14.000 Stellen gestrichen werden. Auch das wird thematisiert: „Jede Woche eine Liste, wer heute fliegt – und wer bleibt, kriegt einen Vortrag, wie man agil überlebt.“

Wer steckt hinter dem Song?

Wer der Interpret des Songs ist, war zunächst nicht bekannt. In Medienberichten ist vom Pseudonym „iceman2401“ die Rede. Es wurde auch gemutmaßt, dass der Song mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) entstanden sein könnte.

Ein ZF-Sprecher erklärt auf Nachfrage des SÜDKURIER, dass das Stück tatsächlich von einer KI generiert worden sei: „Über entsprechende Plattformen sind solche Produkte innerhalb kürzester Zeit in hoher Qualität zu erstellen und dann für die Öffentlichkeit mit Benutzernamen des Erstellers einsehbar. Ein Test zeigt, dass es über nahezu alle bekannten Unternehmen Musik in sämtlichen Stilrichtungen gibt.“

An Unternehmen und Chefetage lässt die KI kein gutes Haar. Die Werkshalle sei „wie ein Knast ohne Gitter“, Klein bringe „Berater wie Ticker, die keinen Stoff mehr haben“. Eine Anspielung auf die Unternehmensberatung McKinsey, die beauftragt wurde, im Unternehmen nach Einsparmöglichkeiten zu suchen.

Unter anderem Betriebsratschef Achim Dietrich hatte das kritisiert, da es zusätzliche Kosten verursache und es in der Firma Spezialisten für diese Aufgabe gebe.

Achim Dietrich ist Gesamtbetriebsratschef bei ZF. (Archivbild)
Achim Dietrich ist Gesamtbetriebsratschef bei ZF. (Archivbild) | Bild: Benjamin Schmidt

ZF-Sprecher: „Wir halten das aus“

Mehrfach werden in dem Song der Vorstand und McKinsey mit Kriminellen verglichen: „Sie killen die Werke wie Dealer Reviere“, „Führung wie ein Kartell“, „McKinsey verbraucht Träume wie Glitzer im Park“. Harte Worte – rechtliche Schritte wird ZF aber nicht gegen den unbekannten Urheber einleiten.

„Wir halten das aus, befeuern es aber nicht zusätzlich“, so ein ZF-Sprecher. „Der Song hilft dem Unternehmen nicht dabei, wieder in die wirtschaftliche Erfolgsspur zu kommen. Von der Meinungsfreiheit gedeckt ist aber auch schlechter Stil bis hin zur Verunglimpfung von Unternehmensrepräsentanten“, erklärt er weiter.

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ZF ist einer der größten deutschen Auto- und Nutzfahrzeugzulieferer. Laut Geschäftsbericht 2024 beschäftigt das Unternehmen in Deutschland 54.000 Mitarbeiter. Um aus den roten Zahlen zu kommen, will der Zulieferer in den kommenden Jahren Kosten in Höhe von sechs Milliarden Euro einsparen. Um das zu erreichen, will man sich zukünftig auf die Bereiche Fahrwerkstechnik, Nutzfahrzeugbereich, Industrietechnik und Ersatzteilgeschäft konzentrieren und sich aus anderen Bereichen zurückziehen.