Immer mehr Bürger legen Wert auf nachhaltigen Konsum. Dass Ökostrom manchmal mehr kostet, nehmen viele in Kauf, weil sie einen Beitrag fürs Klima leisten wollen. Das Problem: Nicht überall, wo öko drauf steht, ist auch öko drin. Es gibt Tricks, mit denen Energieversorger ihren Tarifen einen grünen Anstrich verpassen können. Wie funktioniert dieses System? Worauf muss ich achten, wenn ich Strom aus nachhaltigen Quellen möchte? Die Antworten lesen Sie hier.
Was ist Ökostrom eigentlich?
Ökostrom bezeichnet Strom, der ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das umfasst die Nutzung von Wind- oder Wasserkraftwerken, Biogasanlagen sowie Photovoltaik, also Solarstromanlagen. Anbieter müssen für die Menge an Ökostrom, die sie verkaufen möchten, Herkunftsnachweise vorlegen.
Wichtig für Verbraucher zu wissen, ist, dass nicht unbedingt mehr Ökostrom erzeugt wird, wenn sie einen Öko-Tarif wählen. Wer möchte, dass etwas mit seinem Tarif etwas für den Ausbau der erneuerbaren Energie getan wird, sollte einen Ökostromanbieter wählen, der in neue Ökostromanlagen investiert.
Kommt Ökostrom aus der Steckdose, wenn ich einen Ökotarif habe?
Der Ökotarif ändert erst einmal nichts daran, welche Art von Strom aus der Steckdose kommt. Denn: Es gibt gar kein eigenes Netz für Ökostrom. Es ist nicht möglich, Ökostrom separat von konventionellem Strom zu liefern. Alle Haushalte erhalten Strom aus dem gleichen gemeinsamen Stromnetz.
Wie eine Art riesiges Wasserbecken könne man sich das vorstellen, schreibt das Umweltbundesamt. Es wird von verschiedenen Zuflüssen gefüllt, das kann Strom aus Wasserkraft sein, Atomstrom oder Solarstrom. Der ökologische Unterschied liegt in der Art der Stromerzeugung, nicht im Endprodukt.
Häufig liefern Anbieter Strom, der mit so genannten Herkunftsnachweisen als grün ausgegeben wird. Diese Nachweise werden meist im Ausland gekauft, etwa aus Norwegen. Der Strom dort wird ohnehin produziert, darf dann aber nicht mehr als grün verkauft werden. Stromanbieter können so auch Atomstrom als grün ausgeben.
Bringt ein Ökostromtarif etwas für die Umwelt?
Ob ein Ökostromtarif etwas für die Umwelt bringt, kann man nicht pauschal beantworten. Kunden tragen nur dann dazu bei, dass der Anteil umweltfreundlicher Energie wächst, wenn Ökostromanbieter mit ihrem Produkt auch den Bau neuer, umweltschonender Energieerzeugungsanlagen für erneuerbare Energien unterstützen.
Tun Anbieter dies nicht, ist es irrelevant, ob der Tarif öko heißt, oder nicht. Der Strom aus der Steckdose bleibt der gleiche. Es empfiehlt sich, im Kleingedruckten der Verträge nachzusehen, ob der Ausbau erneuerbarer Energie gefördert wird, oder nicht. Es gibt auch Zertifikate, die Verbraucherinnen dabei helfen, etwas die von der Verbraucherzentrale empfohlenen Labels „ok-power-Label“ und „Grüner-Strom-Label“.
Was sind Herkunftsnachweise?
Will ein Stromanbieter den Strom als öko betiteln, muss er dafür sogenannte Herkunftsnachweise kaufen. Das sind quasi Zertifikate, die nachweisen, wie und wo der Strom erzeugt wurde. Herkunftsnachweise stammen meist aus dem Ausland. Denn: In Deutschland wird der Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzlich über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bezuschusst. Grüner Strom aus der EEG-Förderung darf nicht als Ökostrom verkauft werden, weil Anlagenbetreiber für denselben grünen Strom doppelt kassieren würden. Über die Förderung und durch den Verkaufserlös.
Weil die meisten Öko-Anlagenbetreiber in Deutschland bislang die staatliche Förderung gewählt haben, gibt es kaum Herkunftsnachweise aus Deutschland. Aber: Durch die staatliche Förderung gibt es in Deutschland einen hohen Anteil Ökostrom im Strommix, derzeit liegt er bei 46,2 Prozent laut Umweltbundesamt.
Wie hoch ist der Anteil von Ökostrom in Deutschland?
Laut Umweltbundesamt lag der Ökostromanteil an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland inklusive Industrie im Jahr 2022 bei 46,2 Prozent. Im Jahr 2021 waren es 41,2 Prozent. Dies hing nicht nur mit dem Ausbau von Anlage, die erneuerbare Energie erzeugen, zusammen. Sondern auch, wie das Umweltbundesamt berichtet, mit dem Wetter: Viele Sonnenstunden und viel Wind sorgten dafür, dass Windkraft und Solaranlagen unter guten Bedingungen liefen. 2020 lag der Anteil deutlich höher als 2021, nämlich bei 44,6 Prozent. Laut Fraunhofer Institut spielte dabei auch mit dem Rückgang der industriellen Stromproduktion aufgrund der Corona-Pandemie eine große Rolle.
Was ist ein Regionalnachweis?
Eine ganz andere Sache als die Herkunftsnachweise für Ökostrom sind die sogenannten Regionalnachweise, die seit 2019 in Deutschland existieren. Regionalnachweise dienen dazu, den Erzeugungsort von Strom, der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert wird, nachvollziehbar zu machen. Mit ihnen kann EEG-Strom als „regionale Stromquelle“ vermarktet werden, vorausgesetzt der Strom wird innerhalb eines Umkreises von 50 Kilometern um die Verbrauchsstelle des Stromkunden angeboten.
Obwohl regionale Stromprodukte nicht direkt zum Ausbau erneuerbarer Energieanlagen beitragen, ermöglichen sie eine gezielte Vermarktung von EEG-Strom in der Nähe der Verbraucher.
Warum werden auch Ökostromtarife teurer?
Ökostromanbieter verlangen in der Gaspreiskrise ebenfalls höhere Preise, weil sie ihren Strom über dieselbe allgemeine Strombörse beziehen wie Anbieter von konventionell erzeugtem Strom. Sie zahlen also die gleichen Preise. Hinzu kommt jedoch, dass sie on top die Herkunftsnachweise für den Ökostrom zahlen müssen.
Die Preisbildung an der Strombörse basiert auf der „Merit Order“, die die Einsatzreihenfolge der Kraftwerksarten nach ihren Grenzkosten beschreibt. Erneuerbare Energien, die keine Brennstoffkosten haben, werden zuerst eingesetzt, gefolgt von Kernenergie, Braun- und Steinkohlekraftwerken. Gaskraftwerke haben die höchsten Brennstoffkosten und sind daher teurer.
Bei hoher Nachfrage kommen alle Kraftwerke in der beschriebenen Reihenfolge zum Einsatz. Da Gaskraftwerke hohe Grenzkosten haben, bestimmen sie den Preis für Strom auf dem gesamten Markt, wenn sie bei hoher Nachfrage benötigt werden. Die steigenden Gas- und Kohlepreise wirken sich somit auf den Strompreis aus.
Was sind Ökostromlabels?
Ökostromlabels wollen garantieren, dass ein Ökotarif einen Umweltnutzen hat. Etwa, dass ein Teil des Erlöses aus dem Strom die Energiewende fördert oder, dass der Strom aus neu geschaffenen Kraftwerken stammt. Die Labels können einzelne Tarife oder Stromanbieter in Gänze zertifizieren.
Was bringt ein Ökostromlabel?
Es hängt vom Label ab, was genau durch das Label für eine Art von Umweltnutzen garantiert werden soll. Der häufigste ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Das heißt, dass mit einem bestimmten Label zertifizierte Tarife oder Anbieter garantieren, dass ein Teil ihres Erlöses für den Ausbau erneuerbarer Energien abgegeben wird. Häufig sind es sehr niedrige Beträge.
Die Stadt Konstanz etwa hat einen Tarif, der mit dem Label „Grüner Strom“ zertifiziert ist. Die Förderung umfasst ein Cent pro Kilowattstunde, das wären für einen Durchschnittshaushalt 30 Euro im Jahr. Manche Labels unterstützen andere Energiewende-Aktivitäten wie Bürgerenergieprojekte oder E-Mobilität. Andere Labels zertifizieren nur Anbieter, die überhaupt nicht an Kohle- oder Atomkraftwerken beteiligt sind.
Welche Ökostromlabels sind gut?
Die Verbraucherzentrale empfiehlt die Labels „ok-Power“ und „Grüner-Strom“, weil beide nicht nur garantieren, dass mit einem bestimmten Tarif ein Teil des Erlöses in den Ausbau von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien fließt, sondern auch, dass die Anbieter nicht an Steinkohlekraftwerken und Braunkohlekraftwerken beteiligt sind. Es sei denn, die Beteiligung existierte schon vor dem Jahr 2015.