„Die AfD will Windräder abreißen, wir wollen welche bauen.“ Bene Müller ist gut gelaunt an diesem Morgen. Normalerweise verkneift sich der Chef und Mitgründer des Singener Öko-Pioniers Solarcomplex Emotionen so gut es geht und redet betont sachlich. Aber gerade sind die Nachrichten einfach zu gut, um ganz cool zu bleiben.

Aufträge von rund 100 Millionen Euro in den Büchern

Zu Jahresbeginn hat das auf den Bau von Solarparks, Windrädern und Wärmenetzen spezialisierte Unternehmen so viele Aufträge in den Büchern wie noch nie in der 25-jährigen Firmengeschichte.

Im laufenden Jahr „gehen Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 100 Millionen Euro in die Realisierung“, sagt Müller. Für die Jahre ab 2027 seien Anlagen für noch einmal dieselbe Summe in Planung. Die Projekt-Pipeline sei voll.

Windprojekt „Länge“ geht nach 13 Jahren an den Start

Vor allem ein Geschäftsbereich nimmt endlich Schwung auf, der die Unternehmensentwicklung der Südbadener Firma jahrelang eher belastete, als sie zu beflügeln – der Bau von Windrädern. „Seit November haben wir eine bestandskräftige Genehmigung für den Windpark Länge“, sagt Müller.

Jetzt werde endlich gebaut. Sechs große Windräder mit einer Gesamthöhe von je 245 Metern wird Solarcomplex in dem abgeschiedenen, zwischen den Orten Blumberg und Geisingen gelegenen, Längewald errichten. Ab kommendem Jahr soll dort sauberer Strom für Tausende Haushalte erzeugt werden. Gerade heben die Bagger die Gruben für die Fundamente aus.

Solarcomplex-Chef Bene Müller auf der Baustelle des Windparks Länge bei Hüfingen. 13 Jahre lang warten bis es endlich losgeht.
Solarcomplex-Chef Bene Müller auf der Baustelle des Windparks Länge bei Hüfingen. 13 Jahre lang warten bis es endlich losgeht. | Bild: Daniel Vedder

Sofern das Wetter passt, wird im Mai damit begonnen, die turmhohen Stützpfeiler zu errichten, auf denen später die Turbinengehäuse der 5,7 Megawattanlagen vom Typ Nordex ruhen werden.

Als der Solarcomplex-Chef über die Baustelle geht, hier mal ein Schwätzchen mit dem Baggerfahrer hält und dort einen kritischen Blick auf die bereits verlegten Kabelstänge wirft, ist ihm die Erleichterung anzumerken. „Dass das Projekt jetzt an den Start geht, ist eine enorme Erleichterung für alle Beteiligten“, sagt er.

„Windkraftverhinderungsverein“ klagte jahrelang gegen Windräder

Mit einer Vorlaufzeit von 13 Jahren gehört der Windpark Länge zu den am längsten dauernden Windprojekten in ganz Baden-Württemberg, vielleicht sogar in ganz Deutschland.

Zweimal wurde der Rotorenpark im Nirgendwo von einer in Rheinland-Pfalz ansässigen Initiative, die Kritiker als „Windkraftverhinderungsverein“ bezeichnen, beklagt.

Zweimal musste die Planung über den Haufen geworfen und neue Gutachten und Genehmigungen eingeholt werden. Im November 2024 einigte sich Solarcomplex mit der Initiative vor Gericht auf einen Vergleich.

Sechs der ursprünglich acht Windräder werden nun gebaut. Wenige Kilometer westlich hat zudem Ende 2024 der Windpark Brand, den Solarcomplex projektiert, die Genehmigung erhalten.

Die drei Anlagen mit einer Nennleistung von je knapp sieben Megawatt können aber noch beklagt werden. Verzögerungen sind hier nicht ausgeschlossen.

Lothar Tiburski ist bei Solarcomplex der Bauleiter des Windpark Länge nahe Donaueschingen und Blumberg. Im Hintergrund sind die Gruben ...
Lothar Tiburski ist bei Solarcomplex der Bauleiter des Windpark Länge nahe Donaueschingen und Blumberg. Im Hintergrund sind die Gruben für die Fundamente der Anlagen zu sehen. Sie sind etwa drei Meter tief. | Bild: Rosenberger, Walther

Wie am Fließband läuft es hingegen beim Bau von Solaranlagen zur Stromerzeugung – das zweite Geschäftsfeld des Unternehmens.

Sofern die politischen Rahmenbedingungen stabil bleiben, könnte Solarcomplex im laufenden Jahr mit rund 50 Megawatt genauso viel Solar-Leistung errichten wie in den vergangenen 20 Jahren zusammen.

Der Boom wird vor allem von Freiflächenanlagen auf Äckern und von großen Dachanlagen, etwa auf Firmengebäuden, getrieben. Kein Wunder: Die Erzeugungskosten je Kilowattstunde liegen in dieser Anlagengröße zwischen 5 und 7 Cent. Netzstrom für Firmen gibt es je nach Abnahmemenge ab 23 Cent je Kilowattstunde. Es lohnt sich also.

Gebäuder der Ottilienquelle in Randegg nahe der Schweizer Grenze. Solarcomplex hat die Anlage errichtet. 2025 wird voraussichtlich ein ...
Gebäuder der Ottilienquelle in Randegg nahe der Schweizer Grenze. Solarcomplex hat die Anlage errichtet. 2025 wird voraussichtlich ein Solar-Rekordjahr für die Singener Firma. | Bild: solarcomplex AG

Was wird mit dem Ausbau von Wärmenetzen und Großwärmepumpen am Bodensee?

Sorgen bereitet Müller ein möglicher Regierungswechsel. Wichtige Förderprogramme, etwa das BEW, das den Ausbau von Wärmenetzen unterstützt, stünden dann zur Disposition. Ohne die Bundesförderung jedoch stünde die kommunale Wärmeplanung vor dem Aus.

Solarcomplex-Vorzeigeprojekte wie der Bau einer Großwärmepumpe in den Bodenseegemeinden Dingelsdorf und Wallhausen wären davon ebenso betroffen wie unzählige Vorhaben von Stadtwerken überall in Deutschland. Müller sagt: „Wir brauchen schnell Klarheit und vor allem Stabilität in der Gesetzgebung.“