Deutschlands zweitgrößter Autozulieferer ZF Friedrichshafen verliert innerhalb weniger Monate seinen zweiten Top-Manager. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, verlässt Elektromobilitäts- und Asienvorstand Stephan von Schuckmann Ende Juli 2024 „auf eigenen Wunsch“ und „aus familiären Gründen“ das Unternehmen.

Manager führt familiäre Gründe für Rückzug an

„Ein familiärer Anlass hat mich dazu bewogen, meine Prioritäten neu zu setzen. Meine Familie benötigt jetzt meine volle Unterstützung“, sagte der Manager. Von Schuckmann bekleidete die für ZF zentrale Führungsposition seit 2021. Er hat eine Frau und zwei Kinder.

Aufsichtsrat bedauert Ausscheiden

Man nehme den Schritt „mit Bedauern, aber auch mit großem Respekt zur Kenntnis“, sagte ZF-Aufsichtsratschef Heinrich Hiesinger.

Zunächst übernimmt ZF-Vorstandschef Holger Klein Schuckmanns Aufgabenbereiche kommissarisch. Nutzfahrzeugvorstand Peter Laier springt für den Bereich Materialwirtschaft ein.

Auch ZF-Vorstand Fischer ging dieses Jahr

Bereits Anfang Mai verließ Amerika-Vorstand Martin Fischer ZF auf eigenen Wunsch, nachdem er eine Verlängerung seines Vertrags abgelehnt hatte. Auch Personalvorständin Lea Corzilius ist noch recht neu im ZF-Vorstand. Sie übernahm erst im Sommer 2023 von Vorgängerin Sabine Jaskula.

Holger Klein, Vorstandsvorsitzender des Technologiekonzerns ZF. Ihm kommt die schwierige Aufgabe zu, ZF auf Spur zu bringen. Den Konzern ...
Holger Klein, Vorstandsvorsitzender des Technologiekonzerns ZF. Ihm kommt die schwierige Aufgabe zu, ZF auf Spur zu bringen. Den Konzern drücken hohe Schulden. | Bild: Felix Kästle/dpa

Über die Zukunft von Schuckmanns war indes schon länger spekuliert worden. Für Diskussion sorgte, dass er seinen Dienstsitz über Monate nicht wie angekündigt ins chinesische Shanghai verlegte. Im Automobilbereich ist es gängige Praxis, das China-Geschäft wegen dessen großer Bedeutung aus dem Markt heraus zu steuern.

Von Schuckmann begründete sein Zögern mit seiner Doppelrolle auch als Elektro-Vordenker des Konzerns. Das weltweite Kompetenzzentrum bei ZF ist im bayrischen Schweinfurt angesiedelt.

Ziehsohn von Ex-Konzernchef Scheider

Von Schuckmann gilt als Ziehsohn des 2020 ausgeschiedenen ZF-Vorstands Michael Hankel und von Ex-Konzernchef Wolf-Henning Scheider, also einer abgetretenen Manager-Generation. Aus Konzernkreisen heißt es, ihm fehle bis heute ein verlässliches Netzwerk.

Viel Umsatz, aber kein Gewinn mit E-Antrieben

Dazu kommt, dass das Geschäftsfeld Elektro-Antriebe eines der Sorgenkinder bei ZF ist. Zwar ist es unter von Schuckmanns Regie gelungen, den Umsatz auf 11,5 Milliarden Euro zu steigern. Ein offenes Geheimnis ist aber, dass mit den meisten Aufträgen kein Geld verdient wird.

Als „überwiegend noch nicht profitabel“ bezeichnete ZF-Chef Klein jüngst im „Manager-Magazin“ die Gewinnsituation der Sparte. Informierten Kreisen zufolge verkauft ZF bestimmte Komponenten sogar zu Herstellungskosten.

Wolf-Henning Scheider führte ZF bis Ende 2022. In seiner Ära wurden technologische Neuerungen angestoßen, allerdings stieg die ...
Wolf-Henning Scheider führte ZF bis Ende 2022. In seiner Ära wurden technologische Neuerungen angestoßen, allerdings stieg die Verschuldung auch massiv – ein Umstand, unter dem der Konzern jetzt zu leiden hat. | Bild: Felix Kästle/dpa

„Ära Scheider hat von Schuckmann eingeholt“

Die angespannte Lage ist ein Erbe von Ex-Konzernchef Wolf-Henning Scheider. Dieser hatte zwar bei E-Antrieben mit hohen Auftragseingängen geglänzt, dem Vernehmen nach waren die oft über Jahre laufenden Aufträge aber selten oder nicht profitabel. Diese Entwicklung habe von Schuckmann jetzt eingeholt, heißt es aus dem Konzernumfeld.

ZF muss massiv sparen

Der seit Anfang 2023 amtierende ZF-Chef Klein setzt vor dem Hintergrund eines 10 Milliarden Euro schweren Schuldenbergs und eines stotternden Absatzes auf einen harschen Sparkurs, auch beim Personal. Bis Ende 2025 sollen bis zu 6 Milliarden Euro eingespart werden und viele Stellen wegfallen.