Herr Grimm, als Ernährungswissenschaftler frühstücken Sie sicher gesund. Was haben Sie heute morgen gegessen?
Ich habe eine Quark-Joghurt-Mischung in der Magerstufe gegessen, dazu eine Banane und Trauben.
Warum in der Magerstufe?
Die meisten von uns essen zu viel Fett. Außerdem lege ich vom Geschmack her keinen Wert auf fetthaltige Milch-Produkte. Manche behaupten ja, sie schmecken es, ob die Milch 3,5-Prozent Fett hat oder weniger. Bei mir ist das nicht so. Ich nehme deshalb in der Regel die Magerstufe.
Kaffee und Croissant zum Frühstück, wie es die Franzosen lieben und mancher Deutsche auch – was halten Sie von diesem Frühstück?
Na ja, das ist ernährungsphysiologisch, also von den Inhaltsstoffen her, nicht besonders toll. Ein Croissant besteht im Wesentlichen aus Fett und Kohlenhydraten. Es füllt den Magen, ist aber nicht sehr gesund.
Wie sieht ein gesundes Frühstück aus?
Zunächst einmal sollte es vielseitig sein. Wer gerne Brot ist, sollte Vollkornbrot wählen mit wenig Butter und Käse. Möglichst keinen süßen Aufstrich. Damit man auf die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag kommt, sollte man schon zum Frühstück damit anfangen: Also mit etwas Obst, einer Tomate oder Gurke.
Wie steht es mit Müsli?
Auch ein Müsli ist sehr gut. Damit meine ich aber ein selbstgemachtes oder eine Fertigmischung ohne gesüßte Pops oder zugesetzten Zucker. Mir sträuben sich die Haare, wenn Schokostücke drin sind. Dann ist das kein Müsli mehr.
Vertreter der Traditionellen Chinesischen Medizin schwören ja auf ein warmes Frühstück als Start in den Tag. Der Körper brauche so keine zusätzliche Energie, um die Nahrung auf Körpertemperatur zu bringen. Sollte man das Müsli also besser mit warmer Milch anrühren?
Das ist sehr individuell. Auch die Traditionelle Chinesische Medizin schert nicht alle Menschen über denselben Kamm. Wenn sich jemand in der kalten Jahreszeit nicht wohlfühlt mit kalter Milch, sollte er durchaus mal einen warmen Haferbrei und Obst probieren.
Es gibt das Sprichwort: Man sollte frühstücken wie ein Kaiser, mittagessen wie ein König und abendessen wie ein Bettler. Ist da was dran?
Das würde ich eher individuell sehen. Ich bin kein Verfechter dessen, dass man abends nichts mehr essen darf. Studien zeigen, dass die Gesamtenergie-Aufnahme zählt – egal, ob ich diese morgens, mittags oder eher abends zu mir nehme.
Was sollte man zum Frühstück trinken?
Kaffee oder Tee, je nach Geschmack, aber möglichst ungezuckert. Trinkt man gerne Milch, sollte man deren Energiewert miteinbeziehen, der bei Kaffee und Tee gegen Null geht. Von Süßgetränken zum Frühstück, auch von Kaba, rate ich grundsätzlich ab wegen des hohen Zuckergehalts.
Kinder trinken ja oft gerne Milch, von der aber in letzter Zeit auch immer wieder abgeraten wird.
Ich würde die Milch nicht schelten. Wir sprechen hier ja nicht über Anfangsnahrung bei Säuglingen, sondern von größeren Kindern und Erwachsenen: Wenn sie Milch und Milchprodukte zu sich nehmen, sind sie von den Nährstoffen, die sie brauchen, schon auf der sicheren Seite. Lässt man diese weg, muss man sich viel mehr Gedanken über die Ernährung machen. Von der Forschungslage her ist es im Moment so, dass man nicht sagen kann, Milch und Milchprodukte sind generell schlecht.
Wie sieht denn ein gesundes Frühstück für Kinder aus?
Kinder sollten unbedingt frühstücken. Das tun viele Erwachsene nicht und damit die Kinder auch nicht. Bei Kindern ist das Frühstück aber viel wichtiger: Kommen sie ohne Frühstück in die Schule, haben sie nach wenigen Stunden ein absolutes Leistungstief.
Manche Kinder haben morgens keinen Hunger – das heißt, dann wäre ein Glas Milch schon gut.
Die Milch hält vom Sättigungsgefühl her nicht so lange an, doch besser als nichts ist es auf jeden Fall.
Es gibt auch Erwachsene, die morgens nichts essen können. Sollte man diese Gewohnheit durchbrechen, weil sie Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit hat?
Ich sehe das bei Erwachsenen nicht so dramatisch. Wenn Menschen sagen, sie können morgens noch nichts essen, und kommen gut damit zurecht, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Bei Kindern ist das etwas anderes, weil sie viel schneller in ein Leistungstief kommen. Auch im Sinne des lebenslangen Lernens würde ich bei Kindern auf jeden Fall darauf achten, dass sie frühstücken.
Welche Auswirkungen hat es auf die körperliche und geistige Aktivität, wenn man morgens nicht frühstückt?
Frühstückt man nicht, dann ist die Gefahr groß, dass der Blutzuckerspiegel innerhalb von zwei bis drei Stunden nach unten geht. Damit kommt man sowohl körperlich als auch geistig in ein Tief. Das merkt man auch, wenn man zum Mittagessen eine Süßspeise isst, wie zum Beispiel eine Dampfnudel. Einige Stunden später fallen Sie in ein Leistungstief, weil der Blutzuckerspiegel in den Keller saust.
Nehmen wir das 16:8-Fasten, bei dem man täglich 16 Stunden fastet und nur innerhalb von acht Stunden Nahrung zu sich nimmt. Wer abends länger aktiv ist, für den würde es sich eher anbieten, morgens das Frühstück wegzulassen. Jetzt will der Betreffende mit dieser Fastenart anfangen, sagt aber, er fällt um, wenn er morgens nichts isst. Ist das Einbildung, sollte er es einfach ausprobieren, oder was raten Sie ihm?
Das halte ich nicht für Einbildung. Dabei handelt es sich um eine ganz subjektive, spezielle Blutzucker-Regulation. Jeder reagiert anders: Manche fühlen sich morgens auch ohne Frühstück total fit, andere fallen in einen Unterzucker, wenn sie nichts essen. Da würde ich auf jeden Fall auf meinen Körper hören und mir, wenn ich dieses 16:8-Fasten machen möchte, eine andere Strategie überlegen.
Man sagt, die Japaner frühstücken am gesündesten: Gebratenen Fisch, Reis, Miso-Suppe, fermentierte Sojabohnen, verschiedene Gemüse. Das ist ja nun nicht jedermanns Geschmack. Was können wir uns trotzdem von den Japanern abschauen?
Die Vielfalt der Nahrungsmittel. Das klassische deutsche Frühstück mit Brötchen, Butter und Marmelade ist nicht sonderlich wertvoll: Enthalten sind viel Zucker, viel Weißmehl und Fett. Aber man muss gar nicht so weit gehen: Schon in Griechenland oder der Türkei werden zum Beispiel auch Tomaten und Schafskäse zum Frühstück gegessen. Also Nahrungsmittel mit wertvolleren Inhaltsstoffen, als sie bei uns üblich sind. Ich rate, die richtigen Dinge, aus dem Urlaub mitzubringen und einfach auszuprobieren.
Fragen: Birgit Hofmann
Zur Person
Peter Grimm, Ernährungswissenschaftler, stammt aus Villingen-Schwenningen. Seit 1992 ist er Lehrbeauftragter an der Universität Hohenheim und Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Baden-Württemberg. Er ist unter anderem als Dozent und Referent tätig bei Landesapothekerkammern, Landesärztekammern sowie Schulen der Alten- und Krankenpflege. Im Thieme-Verlag erscheint sein „Taschenatlas der Ernährung“, inzwischen in der 7. Auflage.
Welcher Promi frühstückt was?
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