„Arthrose ist nicht heilbar“, sagt Pia Janßen. Doch die gute Nachricht: „Sie lässt sich gut behandeln.“ Bis zu acht Millionen Menschen in Deutschland leiden an Arthrose.

Bei der weltweit häufigsten Gelenkerkrankung ist der stoßdämpfende Knorpel beschädigt, sodass im schlimmsten Fall die Knochen schmerzhaft aneinander reiben.

Zerstörter Knorpel kann nicht repariert werden und sich auch nicht selbst erneuern. In der Arthrose-Therapie geht es deshalb darum, vorhandenen Knorpel zu erhalten, erklärt die Leitende Oberärztin der Sportorthopädie am Tübinger Uniklinikum.

Die Krankheit kündigt sich meist langsam an

Die Schäden treten unter anderem auf, wenn Gelenke zum Beispiel bei Leistungssportlern dauerhaft und zu stark beansprucht werden, oder in Folge von Verletzungen, sagt Janßen. Ein rauer oder löcheriger Knorpel kann aber auch genetisch bedingt sein. „Das ist häufiger der Fall, als man denkt“, so die Ärztin. Es können alle Gelenke von Arthrose befallen sein. Eine besonders schwere Einschränkung besteht bei Arthrose in Hüft- und Kniegelenken.

Die Krankheit kündigt sich meist langsam an. Daher ist es wichtig, auch harmlos erscheinende Veränderungen wie Anlaufschmerzen oder steife Gelenke abklären zu lassen, betont Janßen. Gerade in frühen Stadien ist es nämlich entscheidend, die betroffenen Gelenke zu bewegen.

Jedes zusätzliche Kilo belastet die Gelenke

Tun sie dagegen schon so weh, dass die Patienten sich kaum noch bewegen können, geht es darum, die Schmerzen zu lindern.

Bei einer Arthrose ist wichtig, dass die Gelenke nicht einsteifen. Dabei helfen Sportarten wie Yoga und Pilates.
Bei einer Arthrose ist wichtig, dass die Gelenke nicht einsteifen. Dabei helfen Sportarten wie Yoga und Pilates. | Bild: Christin Klose

Die Medizin geht bei Arthrose inzwischen von einer degenerativen Erkrankung mit entzündlicher Komponente aus. Darüber hinaus belastet jedes zusätzliche Kilo die tragenden Gelenke doppelt und dreifach: Beim normalen Gehen beispielsweise müssen die Knie das 2,5-Fache des Körpergewichts abfedern, beim Hinabsteigen einer Treppe sogar das 3,5-Fache.

  • Fingerknacken löst Arthrose aus. Das stimmt nicht. Das Knacken entsteht wahrscheinlich durch ein sich auflösendes Vakuum in den Gelenken und nervt meist nur alle drumherum, sagt Janßen.
  • Sport schadet den Gelenken. Das Gegenteil ist der Fall, betont Janßen. „Ein Arthrose-Patient muss an erster Stelle eine Bewegungstherapie bekommen.“ Denn: Bewegung ernährt den Knorpel über die Gelenkflüssigkeit. Eine Aufgabe des Arztes sei es, dem Patienten die Angst vor der Bewegung zu nehmen. Allerdings sollte man nicht ohne Beratung ein Fitnessstudio aufsuchen, die Bewegungen sollten gleichförmig, rhythmisch, fließend oder schonend sein wie beim Nordic Walking, Schwimmen und Radfahren, Krafttraining und Wassergymnastik. Vom regelmäßigen Fußballspielen ab einem Alter von 50 Jahren auf einem Hartplatz rät Janßen dagegen ab. Bewegungsmangel schwächt außerdem die Muskeln, was die Beweglichkeit weiter einschränkt.
  • Gelenkschmerzen sind gleichbedeutend mit Entzündung. Hinter Gelenkschmerzen verbirgt sich nicht automatisch eine Entzündung. Das kann neben akuten auch bei chronischen Schmerzen zwar möglich sein, aber nicht immer, sagt die Expertin. „Eine bakterielle Entzündung ist es auf keinen Fall.“ Auch wenn der Verschleiß zu einer speziellen Art von Entzündung führen könne. Nicht verwechseln sollte man Arthrose mit Rheuma, einer schweren chronischen Erkrankung, bei der das Immunsystem den ganzen Körper angreift.
Der Knorpel nutzt sich immer mehr ab. Im späteren Stadium einer Arthrose reibt Knochen direkt auf Knochen und das schmerzt.
Der Knorpel nutzt sich immer mehr ab. Im späteren Stadium einer Arthrose reibt Knochen direkt auf Knochen und das schmerzt. | Bild: peterschreiber.media
  • Eine Behandlung ist unmöglich. Das ist nicht richtig, sagt die Expertin. Der Abnutzungsprozess der Gelenke kann zwar nicht rückgängig gemacht oder geheilt werden, es gibt aber zahlreiche Möglichkeiten zur Linderung der Beschwerden. Dazu gehören unterschiedliche Therapieformen, regelmäßige Bewegung sowie eine ausgewogene Ernährung. Eine medikamentöse Behandlung sollte nicht an erster Stelle stehen.
  • Gelenkschmerzen treten erst im Alter auf. Arthrose nennt man umgangssprachlich auch „Gelenkverschleiß“. Das liegt daran, dass mit zunehmendem Alter eine Abnutzung des Knorpels zu dieser Erkrankung führt. Tatsächlich machen sich die Probleme verstärkt bei Menschen über 50 bemerkbar, sagt die Ärztin. Aber so, wie wir uns im Alter mit Lesebrillen und grauen Haaren abfinden, müssten wir auch die Einschränkung unserer Gelenke akzeptieren. „Mit 80 hat bestimmt jeder Arthrose.“
  • Je größer der Gelenkschaden, desto schlimmer die Schmerzen. „Nicht unbedingt“, sagt die Sportmedizinerin. Sie habe schon extreme Röntgenbilder von Patienten gesehen, die aber kaum Schmerzen hatten. Man habe noch nicht herausgefunden, woran die Intensität der Schmerzen liegt. „Arthrose ist eine sehr individuelle Erkrankung, daher muss auch die Behandlung auf jeden einzeln abgestimmt sein“, sagt Janßen.
  • Konservative Methoden helfen selten. Das stimmt nicht, sagt Janßen. Sie empfiehlt eine Kombination aus mehreren Therapieverfahren. Krankengymnastik mit Bewegungsübungen zur Kräftigung und Dehnung, Wärme- und Kälteanwendungen, Bandagen oder gezielte Einlagen zur Fehlstellungskorrektur würden sehr wohl helfen. Natürlich komme man oft um eine kurzfristige Einnahme schmerzstillender Medikamente nicht herum, sagt die Ärztin.

Arthrose lässt sich gut behandeln

Bei der Intensität der Schmerzen bei Arthrose spielen auch Faktoren wie Übergewicht, Verletzungen, Geschlecht und Hormone eine Rolle. Mit einer gesunden Ernährung und einem aktiven Lebensstil vorzubeugen, ist aber in jedem Fall sinnvoll.

  • Nicht medikamentös: Im frühen Stadium geht es oft ohne Medikamente, da helfen Krankengymnastik und Physiotherapie, Gewichtabnahme sowie Bandagen und Gehstöcke zur Entlastung. Zur Beurteilung des Knorpel-Zustands dient ein Magnetresonanz- oder Kernspintomogramm (MRT).
  • Medikamente: Als Medikamente werden Schmerz- und Entzündungshemmer sowie in fortgeschrittenen Stadien Kortisonspritzen eingesetzt.
  • Bewegung: Neben medikamentösen, operativen und physikalischen Therapien, dem Einsatz von gelenkschonenden Hilfsmitteln und Ergotherapie,
    ist es wichtig, die Beweglichkeit der Gelenke trotz Schmerzen
    zu erhalten. Dadurch wird die Muskulatur kräftiger, die Mobilität erhöht.
  • Änderung der Lebensweise: Mit bewusster Ernährung, dem Verzicht auf Rauchen und Alkohol sowie maßvoller Bewegung können Patienten mehr Lebensqualität gewinnen, Schmerzen nachhaltig lindern und den Gelenkersatz als letztem Ausweg hinausschieben oder vermeiden. Empfohlene Lebensmittel: weniger tierische Produkte, dafür viel Gemüse und gesunde Pflanzenöle.