„Was machen Sie hier?“ schreit eine Frau über die Einfahrt. Mit großen Schritten stampft sie auf den Reporter zu. „Ich rufe die Polizei„, sagt sie. Der Journalist versucht zu schlichten: „Ich arbeite beim SÜDKURIER. Ich würde gerne wissen, wie Sie sich erklären, dass Bermatingen die höchste Einbruchsrate 2018 hatte.“

Die Frau bleibt skeptisch, knetet mit den Händen in ihren Hüften. Stille. Die Szene wirkt wie aus einem Cowboyfilm, in dem sich zwei Sherriffs auf offener Fläche duellieren. Kurze Zeit später macht der Journalist ernüchtert kehrt und verschwindet.

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Als Reporter erlebt man immer wieder Ablehnung. Aber solch ein Misstrauen, solche Angst, solcher Frust – das ist neu. Ein Zufall, dass sich dieses Schauspiel gerade in Bermatingen abspielt? Wahrscheinlich nicht.

Sieben Einbrüche in Bermatingen

Denn im vergangenen Jahr belegt das beschauliche Bermatingen Platz eins, wenn es um Einbrüche in der Region geht. Das ist das Ergebnis der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die der SÜDKURIER exklusiv analysierte. Zwar gab es insgesamt nur sieben Wohnungseinbrüche – im Verhältnis zur Anzahl der Wohnungen ist das aber viel. Wirkt sich das auf das Misstrauen der Einwohner aus? Und warum liegt gerade Bermatingen in dieser unschönen Statistik ganz vorn?

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Auf den ersten Blick gibt es dafür keine logische Erklärung. Denn in Bermatingen leben weder besonders viele Reiche, noch liegt es unmittelbar an der Autobahn. Dass letztere für Einbrecher relevant ist, ergab die Datenanalyse.

Einbrüche pro 1.000 Wohnungen in Baden-Württemberg

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15

Mannheim

Karlsruhe

Stuttgart

Freiburg

Bermatingen

Weil am

Rhein

VS

Konstanz

15

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Mannheim

Karlsruhe

Stuttgart

Weil a. R.

VS

Konstanz

Bermatingen

Zwar benötigen Autofahrer von Bermatingen aus nur wenige Minuten bis nach Markdorf sowie auf die B31 und B33 – trotzdem liegen einige andere Gemeinden im Verbreitungsgebiet des SÜDKURIER vorteilhafter für Kriminelle.

Auch die Einwohner sind ratlos. Bruno Becker lebt in einem Wohngebiet am Stadtrand. Gepflegte Vorgärten, Familienkutschen, freistehende Einfamilienhäuser. Neubau mit Veranda, Wintergärten, Garagen und Carports.

Eine typische Häuserreihe im Wohngebiet von Bermatingen.
Eine typische Häuserreihe im Wohngebiet von Bermatingen. | Bild: Sebastian Küster

Während er sein Fahrrad winterfest macht, sagt er: „Zwei Häuser weiter wurde letztes Jahr eingebrochen. Man macht sich da schon seine Gedanken. Das lässt mich nicht kalt.“

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Manfred Faden ist entspannter. Er wohnt auf der anderen Straßenseite. „Ich verbarrikadiere mich nicht in einem Hochsicherheitstrakt.“ Sein Haus sei im Vergleich zu anderen Villen in der Gegend sowieso eher unattraktiv.

Manfred faden fürchtet sich nicht vor Einbrechern.
Manfred faden fürchtet sich nicht vor Einbrechern. | Bild: Sebastian Küster

Einige andere Anwohner im Wohngebiet berichten, dass sie immer wieder Kastenwägen beobachten, die langsam durch die Straßen fahren und Häuser ausspionieren. Viele beunruhigt das. Einige haben sich an diese Situation bereits gewöhnt.

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„Als Gemeinde wollen wir uns an diese Einbrüche nicht gewöhnen“, sagt Maria Wagner, Hauptamtsleiterin von Bermatingen, in ihrem Büro im Rathaus. Grundsätzlich hätte die Gemeinde kein Problem mit besonders vielen Einbrüchen. Das Jahr 2018 sei nur ein Ausreißer gewesen, ist sich Wagner sicher. Das bestätigt die Polizei. Sie empfindet Bermatingen nicht als Schwerpunkt bei Einbruchskriminalität.

Hauptamtsleiterin Maria Wagner sieht kein grundsätzliches Einbruchs-Problem in ihrer Gemeinde.
Hauptamtsleiterin Maria Wagner sieht kein grundsätzliches Einbruchs-Problem in ihrer Gemeinde. | Bild: Sebastian Küster

Um Kriminelle künftig besser abzuschrecken, hat Bermatingen in neue Straßenbeleuchtung investiert. „Früher wurden einige Laternen nachts abgeschaltet. Jetzt laufen alle mit LEDs die ganze Nacht durch“, erklärt sie.

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Darüber hinaus sei die Solidarität in Bermatingen hoch. Man achte gut aufeinander. In Städten wie Konstanz sei die Anonymität größer. „Das spüren hier ganz viele“, ist sich Wagner sicher.

Banden aus Osteuropa in Bermatingen aktiv

Wie viel Gemeinden auch für ihre Sicherheit tun, gegen Einbrecher haben sie scheinbar keine Chance. Gerade Banden aus Osteuropa werden in der Region wohl zum Problem. Denn von den insgesamt sieben Einbrüchen wurden zwei kurze Zeit hintereinander von einer Bande aus Bosnien-Herzegowina verübt. Das gab die Polizei auf Nachfrage des SÜDKURIER bekannt.

Die Gruppe konnte nachträglich anhand einer Spur diesen Verbrechen zugeordnet werden. Ein weiterer Fall einige Monate vorher geht ebenfalls auf ihr Konto. Bei allen Einbrüchen hatte das Trio Fenster oder Türen aufgehebelt, um in die Objekte einzusteigen. Sie erbeuteten Diebesgut im Gesamtwert von 26.000 Euro.