Es ist die Ruhe vor dem Sturm – wohl eher dem Ansturm. Denn aktuell ist die Lage am Klinikum Hochrhein noch entspannt. Aber Ärzte und Pfleger wissen genau: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Corona-Welle über sie hereinbricht. „Im Großen und Ganzen herrscht eine angespannte Professionalität“, beschreibt Stefan Kortüm, Chefarzt der zentralen Notaufnahme, die Lage vor Ort. „Die Lage ist ruhig, es gibt weder einen stationären Corona-Fall im Klinikum noch einen begründeten Verdachtsfall. Dennoch ist den Mitarbeitern die potenziell aufkommende Patientenwelle bewusst.“

Stefan Kortüm, Chefarzt in der Notaufnahme am Klinikum Hochrhein.
Stefan Kortüm, Chefarzt in der Notaufnahme am Klinikum Hochrhein. | Bild: Klinikum Hochrhrein

So oder so ähnlich ergeht es derzeit allen Kliniken in der Region. Sie bereiten sich bestmöglich vor – auf eine Situation, die selbst die besten Wissenschaftler nicht genau vorhersehen können. In Deutschlands Krankenhäusern stehen viele Betten. Im Vergleich zu ganz Europa sogar sehr viele. Der Überhang galt immer als Geldschlucker. Aber in Krisenzeiten scheint sich die vermeintliche Fehlkalkulation auszuzahlen. Wie ist die Lage in der Region?

Landkreis Konstanz

An den Krankenhaus-Standorten Konstanz, Singen und Radolfzell stehen 50 Plätze bereit, an denen Patienten im Ernstfall beatmet werden können. „Derzeit werden weitere Plätze aufgebaut, das beinhaltet auch die Anschaffung zusätzlicher Beatmungsgeräte„, sagt Pressesprecherin Marlene Pellhammer. In den Kliniken des Gesundheitsverbundes (GLKN) gibt es zudem mehr als 30 weitere Intensivbetten ohne Beatmungsgerät – „Tendenz steigend, weil auch hier die Kapazitäten ausgebaut werden“, so Pellhammer. Im Verbund gibt es rund 100 Intensivpflegekräfte. Künftig behandeln Ärzte Corona-Patienten in eigenen Stationen, um Betroffene von anderen zu isolieren.

Schwarzwald-Baar-Kreis

Eine andere Strategie fährt man im Schwarzwald-Baar-Kreis. Das Klinikum in Villingen-Schwenningen hat „aufgrund der zunehmenden Anzahl an positiv getesteten und erkrankten Menschen in der Region“ eine eigene Zweigstelle für Corona-Patienten eingerichtet: Das Lungenfachzentrum Donaueschingen.

Dort verfügt man im normalen Betrieb über 240 Betten. „Zum aktuellen Zeitpunkt halten wir vorsorglich zehn Intensivbetten frei, allerdings können wir die Kapazitäten an Beatmungsplätzen bei Bedarf aufstocken auf etwa 20 bis 30“, so Kliniksprecherin Sandra Adams. Wie viele Fachärzte dort tätig ist, variiere.

Aufgrund dieser Maßnahme nehme das Klinikum am Standort Donaueschingen keine anderen Patienten mehr auf. Diejenigen, die aktuell noch am Standort Donaueschingen stationär versorgt werden, verlege man nun in das Klinikum in Villingen-Schwenningen.

Bodenseekreis

Anders im Bodenseekreis. Dort gibt es 35 Intensivbetten in Friedrichshafen und vier in Tettnang. Um für steigende Fallzahlen an Corona-Patienten gewappnet zu sein, brauche der hiesige Klinikverbund in erster Linie arbeitsfähige und gut ausgebildete Mitarbeiter, teilte die Medizin-Campus-Bodensee-Sprecherin Susann Ganzert mit. Wichtig seien auch Schutzkleidung und -masken sowie Medizin-Technik für die Patientenversorgung.

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Im Überlinger Helios Spital stehen aktuell sechs Betten mit Beatmungsmöglichkeit auf der Intensivstation zur Verfügung. „Bei Bedarf könnten wir die Kapazität noch erweitern“, erklärt Pressesprecherin Claudia Prahtel. Außerdem könnten Corona-Patienten auch in Isolationszimmern intensivmedizinisch versorgt werden. Dafür stünde „momentan ausreichend Personal“ bereit.

Ravensburg

In den drei Akutkliniken (Ravensburg, Wangen, Bad Waldsee) gibt es derzeit 60 Intensivbetten. Davon rund zwei Drittel am Elisabethenkrankenhaus in Ravensburg. Für leichtere Fälle sei hier eine komplette Station mit 20 Betten vorbereitet. Sollte diese Anzahl an Infektionsschutzzimmern nicht reichen, wäre die Klinik in der Lage, weitere Bereiche auszuweisen.

Hochrhein

Am Klinikum Hochrhein stehen zwölf Intensivbetten, davon drei in Isolation, zur Verfügung. Sechs dieser Betten verfügen über ein Beatmungsgerät. „Wir können kurzfristig zwei Beatmungsgeräte verfügbar machen. Für mehr benötigt es auch mehr Personal und entsprechende Räumlichkeiten“, sagt Hans-Jürgen Ott, Chefarzt Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin auf Nachfrage.

Insgesamt verfügt die Klinik über 303 Planbetten. Doch auch am Hochrhein ist der Pflegenotstand zu spüren. „Aufgrund der knappen Personalsituation betreiben wir aktuell etwa 260 Betten. Rund 200 sind belegt“, teilt Pflegedirektor Jürgen Müller mit.

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Schutzkleidung und Desinfektionsmittel sind am Klinikum Hochrhein rar. Man sei dabei in Kooperation mit Apotheken Desinfektionsmittel herzustellen. „Ohne weitere Lieferungen und je nach Verbrauchsentwicklung sollten die Vorräte rund 4 Wochen reichen“, schätzt Chefarzt Stefan Kortüm.

Sigmaringen

Die SRH Kliniken im Landkreis Sigmaringen haben aktuell 14 Intensivbetten, davon sind sechs mit Beatmungsplätzen ausgestattet. „Aktuell versuchen wir Beatmungsgeräte anzuschaffen, was sich schwierig gestaltet.

Ziel ist es in der kommenden Woche von sechs auf zehn Beatmungsplätze aufzustocken. „Das erforderliche Personal haben wir zur Verfügung, weil wir Mitarbeiter des Pflegedienstes und Ärztlichen Dienstes aus allen drei Standorten zentrieren“, sagt Klinik-Sprecherin Barbara Koch auf Nachfrage. Man habe eine Corona-Station eingerichtet in der bis zu 22 Patienten versorgt werden können.

Lörrach

In den Kliniken des Landkreises Lörrach (Lörrach, Rheinfelden, Schopfheim) stehen 15 Beatmungsplätze zur Verfügung. „Wir können zusätzliche sieben Plätze mobilisieren und prüfen derzeit weitere Optionen, zu denen wir momentan noch nichts sagen können“, so Kliniken-Sprecherin Marion Steger auf Nachfrage.

Schon Ende Februar habe man eine extra Isolierstation mit fünf Zimmern eingerichtet, die bis heute „fast nur zur Entlastung der Notaufnahme wegen der Influenza dienten. Angesichts der rollenden Corona-Welle prüfen wir ganz aktuell schrittweise Erweiterungsmöglichkeiten, da ist im ersten Schritt eine Zahl zwischen 15 bis 20 Zimmer im Gespräch“, sagte Steger.

Sie appelliert an die Bürger: „Es bleibt das A und O, dass alle alles tun, um den Peak (die Spitze) der Erkrankungen abzuflachen. Nur so haben wir Krankenhäuser personell und apparativ die Chance, allen, die eine stationäre Versorgung brauchen, diese in adäquatem Maße zukommen zu lassen!“

Tuttlingen

Das Klinikum Tuttlingen wollte als einzige regionale Einrichtung keine Zahlen zu Intensivbetten, Beatmungsgeräten und der Stimmung vor Ort nennen. Der Grund: „Ich glaube nicht, dass detaillierte Zahlen die interessierte Öffentlichkeit beruhigen, daher werden wir uns dazu nicht äußern!“, sagt Klinik-Geschäftsführer Sascha Sator.