Der Ukraine-Konflikt treibt die Kraftstoffpreise deutschlandweit in die Höhe – vor allem Diesel hat sich verteuert. „Im Bundesdurchschnitt ist der Benzinpreis (Super E10) seit Kriegsbeginn um 13 Cent auf 1,89 Euro je Liter gestiegen. Der Dieselpreis erhöhte sich sogar um 20 Cent auf 1,88 Euro“, so Alexander von Gersdorff vom Verband en2x, der aus der Fusion des deutschen Mineralölwirtschaftsverbands mit dem Institut für Wärme und Mobilität entstanden ist.
„Das sind historische Höchststände“Alexander von Gersdorff, en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie
Benzin Super E5 sei derzeit im Schnitt fünf bis sechs Cent teurer als E10. In der Grenzregion zur Schweiz stiegen die Diesel-Preise diese Woche mancherorts gar auf über zwei Euro, etwa in Konstanz oder Bad Säckingen. Auffällig dabei: Der Preis für Diesel war teilweise gleich hoch oder sogar höher als für Super E10.
Die aktuellen Preise für Diesel und Benzin stellten jeweils historische Höchststände dar, betont en2x-Pressesprecher von Gersdorff gegenüber dem SÜDKURIER am Freitag: „Sehr ungewöhnlich ist zudem, dass der Dieselpreis fast an den Preis für Super E10 herankommt.“
Warum ist Diesel inzwischen fast gleich teuer wie Benzin?
Der massive Preisanstieg bei Diesel wie Benzin beruht laut dem Verband en2x in erster Linie „auf einem geopolitischen Risikoaufschlag auf den Ölpreis“, der von 90 Dollar Anfang Februar zuletzt auf 112 Dollar je Barrel gestiegen sei, so Pressesprecher von Gersdorff.
Zudem ist Russland besonders für Diesel ein wichtiger Lieferant: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) stammten 15 Prozent des in Deutschland gezapften Diesels im Jahr 2019 aus russischen Raffinerien.
Da viele Autos in Europa mit einem Dieselmotor unterwegs sind, könnten die europäischen Raffinerien nicht genug Diesel herstellen, um den Bedarf zu decken, führt das IW in einer Pressemeldung aus.
Russland verzeichne derweil einen Überschuss bei der Dieselproduktion – und liefert auch weiterhin fleißig. Ein Importverbot besteht nicht. Doch neben dem Risikoaufschlag infolge des Kriegs in der Ukraine spielt noch ein weiterer Faktor eine Rolle, warum sich der Dieselpreis massiv verteuert hat, so en2x-Pressesprecher von Gersdorff.

Er verweist auf Hans Wenck, Geschäftsführer des Außenhandelsverbands für Mineralöl und Energie, der Medien gegenüber erklärt hat, dass auf den internationalen Rohstoffmärkten derzeit ein „Käuferstreik“ zu beobachten sei. Aus Solidarität mit der Ukraine würden Händler weniger Diesel aus Russland kaufen.
„Es entsteht eine Dieselknappheit, obwohl eigentlich ausreichend Diesel vorhanden ist“, so Wenck. Eine Prognose, ob der Diesel nun immer noch teurer wird, wagt der Verband en2x nicht. Pressesprecher von Gersdorff betont aber: „Die Lage an den Märkten dürfte in nächster Zeit voraussichtlich angespannt bleiben.“
Sind Diesel und Benzin in der Schweiz günstiger?
Im Nachbarland Schweiz scheinen sich die Preise für Diesel und Benzin zunächst nicht groß von jenen in Deutschland zu unterscheiden – nimmt man die Angaben des Verbands en2x zum bundesdeutschen Schnitt zur Hand.
Anders verhält es sich in der Grenzregion. So lagen die Preise sowohl für den Liter Diesel als auch Super E10 in Konstanz am Donnerstagmorgen mancherorts bei rund 2,07 Euro und in Bad Säckingen am Freitagmorgen bei 2,03 Euro für Diesel sowie rund 2 Euro für Super E10.
Derweil war am Freitag bleifreies Benzin (E95) in der Konstanzer Nachbarstadt Kreuzlingen für 1,86 Euro und Super Plus (E95) für rund 1,93 Euro zu haben. Im schweizerischen Ramsen bei Singen kostete ein Liter Super gar nur 1,80 Euro. Der Preis für den Liter Diesel lag jedoch auch in Ramsen bei fast zwei Euro und in Kreuzlingen sogar bei etwas mehr als zwei Euro.

Ein direkter Preisvergleich zwischen Deutschland und der Schweiz ist jedoch schwierig, da im Nachbarland die Tankstellen-Preise nicht systematisch erfasst und veröffentlicht werden – außer an den Zapfsäulen vor Ort. Das bestätigt auch Roland Bilang, Geschäftsführer von Avenergy Suisse, der Interessenvertretung von Importeuren von Brenn- und Treibstoffen in der Schweiz. „Eine Bilanz zur Entwicklung der Durchschnittspreise ist erst in ein paar Wochen möglich.“
Allerdings, so Bilang am Freitag gegenüber dem SÜDKURIER: „Bei uns ist es in den letzten Tagen nicht zu einem massiven Anstieg gekommen. Im Schnitt ist mehr ein leichtes stetiges Ansteigen zu beobachten.“ Die vorhandenen Preisunterschiede in der Grenzregion lassen sich primär auf die in der Schweiz geringeren Abgaben zurückführen, wie der SÜDKURIER im vergangenen Herbst berichtete.
Ob es sich aber wirklich lohnt, fürs Tanken über die Grenze zu fahren, hänge von der Entfernung ab, wie Sarah Wahlen, Pressesprecherin des Schweizer Automobilklubs TCS damals erklärte: „Um einen Cent je Liter günstiger zu tanken, lohnt sich maximal ein Kilometer Hin- und Rückweg beziehungsweise zwei Kilometer Umweg. Wenn man ohnehin jenseits der Grenze tanken kann, ist es auch sinnvoll, dort zu tanken, sofern günstiger. Extra zu einer günstigen Tankstelle hinzufahren, macht jedoch aus oben genannter Kostenberechnung oft keinen Sinn.“
Benzin in Österreich massiv günstiger als in Deutschland
Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) diese Woche mit Blick auf die Spritpreise in Österreich. So habe dort der Liter Super E10 im Schnitt zuletzt nur 1,45 Euro gekostet. Jedoch stiegen die Preise beispielsweise an Tankstellen in Vorarlberg Ende der Woche ebenfalls stark und lagen etwa 20 Cent über diesem Schnitt. Diesel war dort derweil rund 15 Cent günstiger als Super E10.
Der Unterschied zu Deutschland gehe in der Regel vor allem auf Steuern und Abgaben zurück. Man solle sich „aber gut überlegen“, ob man extra nach Österreich fahren wolle, um dort zu tanken, so der ADAC-Sprecher. Denn: „Man verbraucht dadurch ja Sprit – und vom Umweltgedanken her ist es auch nicht sinnvoll.“