Nach neuerlichen Verdachtsfällen von Hirnvenen-Thrombosen im Zusammenhang mit Astrazeneca-Impfungen hat das Paul-Ehrlich-Institut empfohlen, die Impfungen mit dem Vakzin vorläufig auf Eis zu legen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn folgte der Empfehlung. Er sprach von sieben berichteten Fällen bei bislang rund 1,6 Millionen Erstimpfungen mit Astrazeneca in Deutschland.
Weil die Vorfälle in zeitlichem Zusammenhang mit den Impfungen stehen, seien weitere Untersuchungen notwendig. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) wird entscheiden, ob die Vorkommnisse die Zulassung des Impfstoffes gefährden. Spahn hofft auf eine Entscheidung noch in dieser Woche.

Doch was bedeutet das für die Menschen im Südwesten, die bereits Impftermine bekommen haben oder schon eine Erstimpfung mit dem Impfstoff erhalten haben?
Mehr als 245.000 mit Astrazeneca geimpft
In Baden-Württemberg wurden inzwischen 245.070 Menschen erstmals mit Astrazeneca geimpft, nur vier haben eine Zweitimpfung erhalten. Zuletzt hatten die Impfungen mit Astrazeneca deutlich Fahrt aufgenommen, weil neue Lieferungen nachkamen.
Astrazeneca will im März nach Angaben des Sozialministeriums insgesamt 482.400 Impfdosen an Baden-Württemberg liefern, im zweiten Quartal sollen 2,2 Millionen Dosen kommen.
„Selbstverständlich haben wir sofort reagiert und die Impfung in Baden-Württemberg gestoppt. Der Gesundheitsschutz der Menschen steht über allem“, beeilt sich Gesundheitsminister Manfred Lucha kurz nach Bekanntwerden des Stopps mitzuteilen. Nach aktuellsten Zahlen haben bisher rund 245.000 Menschen in Baden-Württemberg eine Impfung mit Astrazeneca erhalten.
Kompletter Astrazeneca-Impfstopp im Südwesten
Die Entscheidung, die Impfungen zu stoppen, betreffe demnach sowohl Erst- als auch Folgeimpfungen. Wer also eine Erstimpfung bereits erhalten hat, bekommt vorerst dennoch keine Zweitimpfung.
Das Sozialministerium kündigte an, in einem ersten Schritt die Impftermine mit Astrazeneca für die laufende Woche bis einschließlich Montag, 22. März, abzusagen. Das betrifft den Angaben zufolge derzeit etwa 15.000 Impfungen pro Tag.
Wer bei der Terminbuchung eine E-Mail-Adresse angegeben hat, soll auf diesem Wege über die Absage informiert werden. Telefonische Absagen seien aufgrund der Vielzahl der Termine aber nicht für alle möglich, hieß es.
Spätere Termine bleiben demnach vorerst bestehen. Am 22. März soll dann in einer Konferenz der Gesundheitsminister der Länder über das weitere Vorgehen entschieden werden.
Ob im Fall eines dauerhaften Verzichtes auf Astrazeneca ein anderer Impfstoff für die Zweitimpfung verwendet werden könnte, ließ Gesundheitsminister Spahn mit Verweis auf die Prüfung der EMA vorerst offen.
Besonderes Vorgehen bei Über-80-Jährigen
Das Sozialministerium will nun wieder primär die über 80-Jährigen impfen lassen. Wer aus dieser Altersklasse bereits einen Termin hatte, der nun ausfällt, soll möglichst auf einen anderen Impfstoff „umgebucht“ werden. Andernfalls soll eine dafür gesonderte Warteliste eingerichtet werden – unabhängig von der bereits bestehenden Warteliste für über 80-Jährige. Alle anderen müssen erst einmal auf ihren Impftermin verzichten.
Was für Geimpfte gilt
Wer gerade erst eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten habe „und sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühle, etwa an starken und anhaltenden Kopfschmerzen leider oder punktförmige Hautblutungen“ bemerke, soll nach der Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts rasch einen Arzt aufsuchen.
Die Aussetzung des Impfstoffs ist nicht nur in Deutschland ein Thema. Nach Dänemark folgten Norwegen, Island sowie Bulgarien, Irland und die Niederlande. Österreich, Estland, Lettland, Litauen und Luxemburg sowie Italien und Rumänien setzten die Nutzung bestimmter Astrazeneca-Charge aus.