„Sie haben schlimme und schwere Straftaten begangen, Menschen geschädigt und ausgenutzt. Dafür werden Sie hier zur Rechenschaft gezogen“, sagt Johannes-Georg Roth, Leitender Oberstaatsanwalt in Konstanz, zu Michael und Christian A. Die beiden Brüder müssen sich seit 3. August am Konstanzer Landgericht wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrug im großen Stil verantworten.
Die beiden 42 und 44 Jahre alten Männer aus Nordrhein-Westfalen sollen den vermögenden früheren Geschäftsmann Eberhard Wieser (Name von der Redaktion geändert) aus Konstanz, dessen Frau zur Tatzeit schwer krank war, nach und nach um rund 310.000 Euro betrogen zu haben.
Dabei sollen die mutmaßlichen Bandenköpfe äußert raffiniert und mit hoher krimineller Energie vorgegangen sein – beispielsweise mit auf den ersten Blick mit US-Dollar und Schweizer Franken prall gefüllten Geldkoffern als vermeintliches Pfand für dringend benötigte Euro-Darlehen, weil ein Container mit Teppichen im Wert von mehreren Millionen Euro im Zoll feststecken würde. „Hochwertige“ Teppiche sollten bei dem hilfsbereiten Rentner zwischengelagert werden und er für seine Hilfe fürstlich belohnt werden, wozu es natürlich nie kam.
Vollumfassendes Geständnis
Zu einem „außergewöhnlichen“ und „nicht alltäglichen Moment“, wie Richter Marc Gerster, Staatsanwalt Roth und die Verteidigung rund um den Konstanzer Rechtsanwalt Tomislav Duzel in seltener Einigkeit sagten, kam es im Schwurgerichtssaal am vierten Prozesstag vergangenen Freitag: Der 24-jährige Sohn des Angeklagten Michael A., Marcello K., war von der Verteidigung als Zeuge angekündigt. Da er die mutmaßliche Bande in dem Fall als Geldabholer maßgeblich unterstützt haben soll, lag ein Haftbefehl gegen ihn vor.
Dem zur Fahndung ausgeschriebenen Mann war also bewusst, dass er bei einem Erscheinen vor Gericht verhaftet würde. Marcello K. hätte sich aufgrund des engen Verwandtschaftsverhältnisses der Aussage entziehen können, wollte aber sich selbst, seinem Vater und Onkel ein noch höheres Strafmaß ersparen, als in Aussicht steht. Also legte er ein vollumfassendes Geständnis zu allen Vorwürfen ab und entschuldigte sich mehrmals für seine Taten: „Es stimmt alles, es tut mir leid (...) Mein Vater war bei allen Taten dabei“, sagte Marcello K. im Zeugenstand.
Polizei beschlagnahmt Anwaltshonorar
Zu diesem Zeitpunkt war der 24-Jährige aber schon einige Stunden verhaftet. Am Vortag war er mit seiner Familie per Zug aus Nordrhein-Westfalen in den Südwesten gereist. Und schon am Bahnhof von Singen klickten am Donnerstagabend dann die Handschellen. Außerdem beschlagnahmte die Kripo bei K. rund 2000 Euro, die er in bar mitführte.
Bei dem Geld soll es sich um das Honorar für die Verteidiger der Familie gehandelt haben. Diese beantragten vor Gericht die Herausgabe des beschlagnahmten Geldes, das die Familie von Marcello K. gesammelt und nichts mit dem Erlös aus den Betrugsmaschen zu tun habe. Richter Marc Gerster und Staatsanwalt Roth ließen durchblicken, diesem Begehren nach einer entsprechenden Überprüfung auch zustimmen zu wollen.

Noch keine Wiedergutmachung
„Wir haben bemerkenswerte und nicht alltägliche Geständnisse gehört. Dass der Sohn gegen den Vater ausgesagt hat, ist nicht alltäglich. Das muss zu Ihren Gunsten gewertet werden“, sagte Oberstaatsanwalt Roth zum Brüderpaar, betonte jedoch auch den verursachten Schaden über mehr als 300.000 Euro, von dem noch nichts gutgemacht sei.

Auch Richter Gerster strich das „tatsächlich außergewöhnliche Prozessverhalten“ hervor. Er hielt aber auch fest, dass für eine Wiedergutmachung bereits Gelegenheit gewesen wäre, dies aber von den Angeklagten nicht gewünscht war. „Jetzt liegt es an Ihnen“, sagte Gerster.
Anwalt Duzel zeigte sich zufrieden, dass seine Verteidigungsstrategie, den von der Polizei gesuchten Sohn seines Mandanten als Zeugen zu präsentieren, aufging. „Die Verteidigung hat das angekündigt und wir haben Wort gehalten. Ich werde meinen Mandanten auch bei der geplanten Wiedergutmachung entsprechend beraten“, kündigte Duzel vor Gericht an.
Bis zu zehn Jahre Haft drohen
Gegen Marcello K. wird die Staatsanwaltschaft Konstanz aufgrund von vier gestandenen Geldübernahmen im Fall Eberhard Wieser in Höhe von rund 310.000 Euro nun eine gesonderte Anklage erheben. Mit den Urteilen gegen die mutmaßlichen Bandenköpfe Michael und Christian A. wird für Freitag oder Dienstag (31. August) gerechnet. Den beiden droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs.