Wie haben unsere Vorfahren in der Region gelebt? Allein 2022 haben Kreisarchäologen in der Region mehrere Ausgrabungen durchgeführt, die zahlreiche Schätze aus der Vergangenheit zutage gebracht haben – einige Funde sind echte Seltenheiten.

Allensbach: Richtstätte aus dem 15. Jahrhundert entdeckt

Der Ausbau der Bundesstraße 33 kostet Anwohner wie Pendler weiterhin Nerven. Doch die Großbaustelle zwischen Allensbach und Hegne entpuppte sich für den Kreisarchäologen Jürgen Hald und sein Team als wahre Fundgrube.

Bei den Ausgrabungen ab 2020 entdeckten die Experten die Reste einer Jungsteinzeitsiedlung sowie eine frühneuzeitliche Richtstätte. Hier wurden mindestens seit dem 15. und bis ins späte 18. Jahrhundert zum Tode verurteilte Menschen hingerichtet. Das Grabungsteam konnte zudem sieben weitgehend erhaltene Skelette bergen.

Das letzte Skelett, das bei der Grabung an der Allensbacher Richtstätte im Juli 2020 gefunden worden ist, gibt Rätsel auf. Der ...
Das letzte Skelett, das bei der Grabung an der Allensbacher Richtstätte im Juli 2020 gefunden worden ist, gibt Rätsel auf. Der Oberkörper des Toten war komplett nach vorne gekippt. Anatomisch sei das eigentlich kaum möglich, so der Kreisarchäologe Jürgen Hald. | Bild: Zoch, Thomas (Archiv)

Engen: Ortsgeschichte über Jahrtausende hinweg

Im Hegau, genauer in Engen, ist eine Kiesgrube unter dem Hausberg Hohenhewen zur Goldgrube für Archäologen geworden. Sie entdeckten drei Skelette, die vermutlich aus der mittleren Bronzezeit stammen.

In der Vergangenheit sind hier und in den Ortsteilen aber auch noch weitere Schätze freigelegt worden, die die Ortsgeschichte über Jahrtausende hinweg dokumentieren: Jungsteinzeitliche Gräber, keltische und römische Hinterlassenschaften, Vorratsgruben, Zäune oder Hausfundamente.

Kreisarchäologe Jürgen Hald, Engens Bürgermeister Johannes Moser und Andreas Gutekunst von der Grabungsfirma Archaeo Task (von links) im ...
Kreisarchäologe Jürgen Hald, Engens Bürgermeister Johannes Moser und Andreas Gutekunst von der Grabungsfirma Archaeo Task (von links) im Juli 2018 vor dem Skelett einer jugendlichen, vermutlich weiblichen Person, das bei den archäologischen Ausgrabungen im Gewerbegebiet Welschingen entdeckt wurde. | Bild: Jürgen Ehrle (Archiv)

In Villingen fanden 2022 auf dem ehemaligen Kasernengelände gleich zweimal Ausgrabungen statt. Rund 30.000 Kriegsgefangene waren im Zweiten Weltkrieg hier im Gefangenenlager interniert. Archäologen haben die baulichen Überreste und Fundstücke auf dem Gelände im Rahmen der Rettungsgrabungen dokumentiert. Die Experten haben die Grundmauern von vier Baracken untersucht, die alle acht Meter breit und 40 Meter lang waren – bis zu 4000 Gefangene waren hier untergebracht.

An dieser Stelle des Stammlagers (Stalag) standen vier Baracken der Kriegsgefangenen. Die Grundmauern kann man noch erkennen. Der Rest ...
An dieser Stelle des Stammlagers (Stalag) standen vier Baracken der Kriegsgefangenen. Die Grundmauern kann man noch erkennen. Der Rest ist verschwunden. Im Hintergrund eine alte Fahrzeughalle der französischen Armee, die das Gelände bis 2001 nutzte. Hier Bertram Jenisch vom Landesdenkmalamt und Ute Schulze, Leiterin des Stadtarchivs Villingen-Schwenningen, im September 2022. | Bild: Stadler, Eberhard (Archiv)

Geisingen: Skelett aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. entdeckt

Sensationelle Funde gab es auch in Geisingen. Ein Jahr lang waren Archäologen hier auf der Suche nach Spuren früherer Siedlungen – und wurden fündig. In einem Stadtteil entdeckten die Archäologen ein Friedhof aus dem Frühmittelalter. Dabei legten sie nicht nur 122 Gräber mit teilweise einmaligen Grabschmuck frei. Ein Skelett stammt sogar aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. – eine absolute Seltenheiten.

Ungeplünderte Gräber mit Waffen bei den bestatteten Männern: Armin Höfler (links) und Georg Häußler legen im August 2021 ein Schwert und ...
Ungeplünderte Gräber mit Waffen bei den bestatteten Männern: Armin Höfler (links) und Georg Häußler legen im August 2021 ein Schwert und ein Skelett frei. Da ist Vorsicht geboten, damit die historischen Funde nicht beschädigt werden. | Bild: Paul Haug (Archiv)

Damit nicht genug. Der Boden in Geisingen gab zahlreiche weitere Schätze frei: Neben Schmuck wie Perlen und Ringen, kamen bei den Ausgrabungen gut erhaltene Schwerter und Speere sowie Keramikgefäße und Gürtel zutage.

Amphitheater aus der Spätantike in der Schweiz freigelegt

Auch in der benachbarten Schweiz gibt es Altes zu entdecken: Bei Bauarbeiten in Kaiseraugst im Kanton Aargau entdeckte eine archäologische Begleitgruppe im Frühjahr 2022 die Überreste eines spätantiken Amphitheaters.

Im Bild ist etwa ein Viertel eines freigelegten Mauerovals zu sehen. Das Bild wurde im Januar 2022 aufgenommen.
Im Bild ist etwa ein Viertel eines freigelegten Mauerovals zu sehen. Das Bild wurde im Januar 2022 aufgenommen. | Bild: Kantonsarchäologie Aargau (Archiv)

Das Amphitheater liegt in der Senke eines in römischer Zeit aufgegebenen Steinbruchs. Laut den Archäologen stammt das Monument wohl aus dem 4. Jahrhundert.

800 Jahre alte Grubenhäuser in Singen untersucht

Im Singener Stadtteil Beuren an der Aach sind Archäologen im Sommer 2022 ebenfalls fündig geworden. Reste von mehreren einzeln stehenden landwirtschaftlichen Höfen mit Pfosten- und Grubenhäusern konnte das Grabungsteam hier freilegen. Über 500 Einzelfundstellen sind untersucht worden. Die Funde werden auf das 12. oder 13. Jahrhundert datiert.

Nur relativ wenige Scherben oder Knochenteile hat man in Beuren gefunden, wie der Kreisarchäologe Jürgen Hald hier im Juli 2022 zeigt. ...
Nur relativ wenige Scherben oder Knochenteile hat man in Beuren gefunden, wie der Kreisarchäologe Jürgen Hald hier im Juli 2022 zeigt. Ortsvorsteher Stephan Einsiedler schaut interessiert über seine Schulter. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm (Archiv)