„Einigung im Sinne der Fahrgäste! Nach sehr langen Verhandlungen haben wir uns mit der Deutschen Bahn einigen können. Das Deutschland-Ticket gilt damit auch auf der der IC-Strecke zwischen Stuttgart und dem Bodensee“, so hat es Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) vor wenigen Tagen verkündet.
Eine gute Nachricht für die Bahnfahrer zwischen Stuttgart, Bodensee und der Schweiz. Die Frage, die sich allerdings stellt, ist: Wem nützt das in den kommenden Monaten?
Klar ist: Kurz nach dem Start des 49-Euro-Tickets beginnt Anfang Juni eine lange Schienenersatzverkehr-Phase, die sich bis Ende Oktober ziehen wird – wobei im Herbst neue Verzögerungen drohen. Der Bahn-Experte Matthias Gastel (Grüne) geht davon aus, dass bis Jahresende wenig geht auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung: „Die schlechten, unabgestimmten Planungen führen dazu, dass es voraussichtlich von Juni bis zum Jahresende keinen durchgehenden Verkehr von Zürich und Singen nach Stuttgart geben kann.“
Zwei große Baustellen mit Folgen
Gerade hat die Bahn weitere Details zu den Baustellen an der Gäubahn-Strecke und dem geplanten Schienenersatzverkehr bekannt gegeben. Grund sind zunächst zwei große Baustellen: Vor allem wird der Abschnitt Horb-Neckarhausen auf sechs Kilometern Länge zweigleisig ausgebaut. Parallel dazu wird ein neues elektronisches Stellwerk errichtet, das Würm-Viadukt bei Ehningen wird erneuert und Stützmauern zwischen Tuttlingen und Engen saniert.
Effekt auf die Bahnfahrer: Bis weit in den Herbst hinein gibt es keine durchgehende Bahnverbindung mehr von Singen in die Landeshauptstadt. Zwischen Singen und Horb fahren nur Busse. Vom 1. Juli bis 8. September 2023 verkehren wegen der Brückenerneuerung über die Würm auch zwischen Stuttgart und Horb nur Busse.
Zweigleisiger Ausbau – der Stand und was geplant ist
Der Fahrplan im Fernverkehr
Vom 3. bis 30. Juni und vom 9. September bis 26. Oktober fahren die eigentlich stündlichen IC auf der Linie Stuttgart-Horb-Singen-Zürich zwischen Stuttgart und Horb im Zwei-Stunden-Takt, zwischen Horb und Singen fährt ein Expressbus mit Halt in Rottweil sowie ein weiterer Bus zwischen Horb und Rottweil mit Halt in Sulz (Neckar) und Oberndorf (Neckar). Ab Singen verkehren die Züge in Richtung Zürich dann wie gewohnt im Stundentakt.
Vom 1. Juli bis 8. September findet gar kein Fernverkehr auf der gesamten Linie Stuttgart-Singen statt. Laut Bahn fährt ein Expressbus zwischen Böblingen und Singen mit Halt in Rottweil sowie ein weiterer Bus zwischen Böblingen und Rottweil mit Halt in Horb, Sulz (Neckar) und Oberndorf (Neckar). Nur wer von Singen weiter in Richtung Schweiz will, bleibt verschont: Ab Singen verkehren die Züge in Richtung Zürich im Stundentakt.

Die Fahrzeiten verlängern sich dadurch erheblich: Ist man im Moment knapp zwei Stunden unterwegs von Singen nach Stuttgart, dauert die Fahrt Anfang Juni in der Baustellenzeit knapp drei Stunden. Ist Stuttgart Zielort, ist der Schienenersatzverkehr trotzdem die schnellste Variante – zum Beispiel gegenüber der Alternative mit der Schwarzwaldbahn (bis zu vier Stunden).
Der Fahrplan im Regionalverkehr
Für den Fahrplan im Regionalverkehr gilt derselbe Schienenersatzverkehr – mit kleinen Ergänzungen: So entfallen vom 1. bis 28. Juli die Züge ab Eutingen, der Ersatzverkehr startet und endet deshalb in Eutingen. Vom 1. Juli bis 8. September fährt die S-Bahn Stuttgart zusätzlich einen Ersatzbus zwischen Böblingen und Herrenberg mit Halt in Hulb, Ehningen, Gärtringen und Nufringen.
Klagt die Deutsche Umwelthilfe?
Viel weiter in die Zukunft reicht die politische Diskussion um die Gäubahn: Ab 2025 soll die Verbindung bei Stuttgart-Vaihingen jahrelang gekappt werden, weil das nötige Verbindungsstück zum Flughafen, über den die Strecke in die Stuttgarter City künftig führen soll, noch nicht einmal fertig geplant ist.
Hier kündigt sich neuer Widerstand an: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das prüfen soll, ob, so heißt es, „die Amputation eines halben Bundeslandes vom Bahnnetz“ rechtmäßig ist. Am 2. Mai will die DUH das Ergebnis und mögliche rechtliche Schritte vorstellen. Der SWR spekuliert darüber, ob die Organisation selbst Klage einreichen wird. Die DUH selbst macht dazu keine Angaben.