Samstagvormittag: Die Maschine Do 328 J aus Hamburg ist auf dem Weg zum Flughafen Friedrichshafen. An Bord der Flugnummer LA 112 sind 20 Passagiere an Bord sowie vier Crewmitglieder. Der Anflug nahe des Bodensees ist für 10.45 Uhr angesetzt. Doch dann macht der Kapitän eine folgenschwere Entdeckung: Das linke Triebwerk brennt. Sofort erklärt er Luftnotlage – und der Tower schlägt Alarm.
Übung auf dem Vorfeld
Glücklicherweise sind in diesem Szenario nicht wirklich Menschen in Gefahr. Vielmehr handelt es sich um eine Übung der Feuerwehren und der Rettung, um im Ernstfall optimal reagieren zu können. Regelmäßig führen Einsatzkräfte solche Manöver durch, am Airport zuletzt im Mai des vergangenen Jahres. Das Manöver findet auf dem Vorfeld des Flughafens statt – der Regelbetrieb läuft also ganz normal weiter.
Während die Sirenen der anrückenden Wehren schon zu hören sind, erklärt Max Rück, Mitglied der Flughafenfeuerwehr: „Im Moment ist das Flugzeug im Landeanflug. Es ist in etwa acht Minuten hier.“ Zahlreiche Einsatzwagen, darunter zwei sogenannte Flugfeldlöschfahrzeuge, fahren auf die Vorfeldposition und warten, bis das Flugzeug ankommt. Alarmiert sind zudem die Kameraden aus Meckenbeuren, Friedrichshafen, Markdorf, Tettnang, Kressbronn sowie die Johanniter und das Rote Kreuz.
Gas sorgt für inszeniertes Flammeninferno
Da nicht wirklich ein Flieger in Not landet, ist das Übungsobjekt bereits auf Position. Es handelt sich um ein Simulationsgerät von ARFF, kurz für „Aircraft Rescue Fire Fighting and Recovery“. Mit Hilfe von Gas wird am Triebwerk des Rumpfs ein heftiger Brand inszeniert – die Flammen züngeln hoch in die Luft. Passagiere aus Fleisch und Blut sind natürlich nicht an Bord. Vielmehr warten 20 geschminkte Statisten – Mitglieder örtlicher Rettungsorganisationen sowie Flughafenmitarbeiter – an der Unfallstelle.

Im Szenario landet die Do 328 J unsanft auf dem Rollfeld. Die Flughafenfeuerwehr nähert sich von vorn. Max Rück: „Das Wichtigste ist, dass der Rumpf kalt bleibt. Dass die Leute da drin eine Überlebenschance haben.“ Und dann heißt es: Wasser marsch! Zwei riesige Fontänen ergießen sich auf das Flugzeug und spritzen minutenlang tausende Liter auf die Do. Daraufhin wagen sich die ersten Helfer mit Schläuchen an die Maschine – und öffnen die Tür neben dem frisch gelöschten Triebwerk.

Gut 200 Personen vor Ort
Immer mehr Wehren und Rettungsfahrzeuge kommen an. Während die Übung läuft, wird eine Einsatzleitung aufgebaut, um die verschiedenen Kräfte zu koordinieren: Gut 200 Personen sind vor Ort. Die meisten kümmern sich um die Unfallopfer, diese haben unterschiedlichste Verletzungen erlitten: Kopflatzwunden, ein Schädel-Hirn-Trauma, Brüche. Eine junge Frau bekommt kaum Luft. Sie wird von Retterinnen des Roten Kreuzes zu einer Bahre gebracht, beruhigt, bekommt eine Decke umgelegt.
Die wichtigste Frage lautet zu diesem Zeitpunkt: Wer ist wie stark verletzt? Daher werden die Opfer von Notärzten untersucht und in Kategorien eingeteilt, wie Thomas Padur vom Roten Kreuz erklärt: „Rot für die Schwerverletzten – die müssen direkt behandelt werden und kommen in den OP der umliegenden Kliniken. Gelb sind die Mittelschwerverletzten, die nachgeordnet versorgt werden, Grün für die Leichtverletzten.“ Auch die Farbe Schwarz gebe es, die sei für die Toten. Freudige Nachricht heute allerdings: Alle Passagiere und die Crewmitglieder haben den Absturz überlebt.
Auch Puppen im Einsatz
Etwa 45 Minuten nach Eingang des Notrufs kann Markus Winterhalter, Leiter der Flughafenfeuerwehr, bereits ein erstes Resümee ziehen: „Es gibt wohl Schwerverletzte, sechs Mittelschwerverletzte und der Rest ist leicht verletzt und gar nicht verletzt.“ Von der Feuerwehr sei der Einsatz dann bereits abgearbeitet, jetzt gehe es um den Abtransport der Verletzten.
Darunter sind übrigens auch vier Puppen mit dem Gewicht von Menschen, die von den Rettern aus dem Flugzeug gezogen werden mussten. Feuerwehrler Max Rück erläutert: „Die dürfen wir unter Atemschutz ins Freie bringen, sie werden dann auch nochmals angeschaut und zum Abtransport freigegeben.“
Dann plötzlich eine Überraschung: Es gibt erneut Flammen am Flugzeug! Was ist da los? Zum Glück gibt es gleich Entwarnung: Der Simulator läuft nur, damit weitere Kameraden am Brand üben können. Bei der abschließenden Einsatzbesprechung stellt sich die finale Summe der Verletzten heraus: 13 wurden rot kategorisiert, neun gelb, zwei grün. Alles im allem lief der Einsatz gut. „Die finale Besprechung ist Anfang Dezember“, erläutert Markus Winterhalter, Chef der Flughafenfeuerwehr. „Wir wollen erörtern, was wir noch besser machen können.“ Klar für Passagiere ist schon jetzt: Sollte mal etwas passieren, sind die Retter zur Stelle.