Nach dem Badeverbot in Manzell und Fischbach schlagen die Wellen hoch. Über 100 Menschen erkrankten nach Angaben der Behörden bereits an Durchfall und Erbrechen. Seit Mittwochnachmittag gilt ein Badeverbot – das wurde nun mindestens bis Montag, 29. Juli, verlängert und reicht vom Freizeitgelände Manzell bis zur Brunnisach-Mündung in Fischbach.
Ein Fall von Norovirus nachgewiesen
Mittlerweile ist klar, dass ins Wasser Keime gelangt sind, die dort nicht hingehören. „In einem Fall wurde ein Norovirus-Erreger nachgewiesen“, erklärt Robert Schwarz, Pressesprecher des Landratsamtes. Zudem wurden in einer Wasserprobe, die am Montag gezogen wurde, Kolibakterien und Enterokokken entdeckt, die in Fäkalien vorkommen. Beide Grenzwerte liegen unter den Grenzwerten der EU-Badegewässerverordnung. Das teilen Stadt und Landratsamt in einer Pressemitteilung mit. Unklar ist aber noch, ob weitere Keime im Wasser sind, weil Proben, die am Mittwoch genommen wurden, noch nicht ausgewertet sind. Darunter könnten auch multiresistente Keime sein oder andere Erreger, denn auch das Abwasser aus dem Klinikum gelangte in den Buchenbach. Das bestätigte Robert Schwarz: „Dieses Abwasser kann viele verschiedene Erreger enthalten, grundsätzlich auch multiresistente Erreger.“
Grund dafür sei, so die Stadt, ein verstopfter Mischwasserkanal. In einem internen Papier der Polizei, das dem SÜDKURIER vorliegt, heißt es, dass auch Abwässer aus dem Klinikum in den Buchenbach gelangten. „Als Ursache konnte ein verlegter Abfluss zum Klärwerk eines Rückhaltebeckens festgestellt werden. Das lief voll und die Abwässer aus Manzell/Spaltenstein/Klinikum flossen über einen weiteren Kanal in den Buchenbach„, heißt es.
Klinikums-Abwasser floss in den See
Das bedeutet, dass auch mit unterschiedlichen Krankheitserregern belastetes Abwasser des Krankenhauses tagelang in den See floss, denn die ersten Krankheitsfälle traten bei einer Gruppe Schüler bereits nach einem Seebesuch am Sonntag auf. Normalerweise wird das Krankenhaus-Schmutzwasser direkt über die Kanalisation ins Klärwerk geleitet und dort gereinigt. Susann Ganzert, Pressesprecherin des Klinikums, schrieb dem SÜDKURIER auf Anfrage: „Die Abwässer des Klinikums Friedrichshafen fließen vorschriftsmäßig, also laut Abfallverordnung durch den Schmutzwasserkanal zum Klärwerk Friedrichshafen und werden dort geklärt.“ Alle Schmutzwasserkanäle auf dem Gelände des Medizin Campus Friedrichshafen seien in den vergangenen drei Jahren saniert worden.

Das Polizeipräsidium in Konstanz ermittelt noch in der Angelegenheit. Oliver Weißflog, Pressesprecher der Polizei, bestätigt, dass es ein Problem mit der Kanalisation gab. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen und versucht die Ursachen zu klären. Um die Verantwortlichen eventuell strafrechtlich belangen zu können, müsse aber genauestens ermittelt werden, so Weißflog. Für die Kanalisation ist die Stadt Friedrichshafen zuständig, die Stadtentwässerung ist ein Eigenbetrieb der Kommune.
Ärzte in der Region sind informiert
Nach Bekanntwerden der Verunreinigung durch das Abwasser wurde der betroffene Kanal gespült. Zudem leitete die Feuerwehr Frischwasser in den Buchenbach ein. Das Gesundheitsamt hat mittlerweile alle Arztpraxen und Krankenhäuser in der Region auf die Situation hingewiesen und sollen Verdachtsfälle labordiagnostisch abklären.

Im Frei- und Seebad Fischbach wurde am Donnerstagvormittag ebenfalls der Strand gesperrt. Viele Badegäste sind zunächst überrascht, als sie vom Badeverbot erfahren. „Das wusste ich gar nicht“, sagt eine junge Frau, die mit ihrer Familie gekommen ist. „Dann gehen wir nicht in den See.“ Die meisten Gäste scheinen das Absperrband relativ gelassen hinzunehmen. Andere halten das Badeverbot und die Absperrung für übertrieben. „Ich bin vom Fach“, sagt eine Besucherin. Die Verunreinigung könne nicht so schlimm sein.

Manche schwimmen trotzdem
Die Verantwortlichen sehen das anders. Reinhard Friedel, Leiter des Friedrichshafener Amts für Bildung, Betreuung und Sport, der vor Ort nach dem Rechten sieht, bestätigt, dass beim Gesundheitsamt bereits 100 Fälle bekannt sind. Markus Rehm ist zur Strandaufsicht eingeteilt und wacht nun am Flatterband, dass keiner ins verschmutzte Wasser geht. „Manche sind einsichtig, manche enttäuscht“, sagt er. An diesem Morgen habe nur eine Besucherin gegen das Verbot verstoßen. „Die hat sich nicht davon abbringen lassen.“

Mehr tun, als ausdrücklich auf die Gefahr hinweisen, kann und will das Personal nicht. Markus Rehm bedauert, dass das Badeverbot notwendig wurde. „Schönstes Wetter, super See“, sagt er. „Aber die Gefahr sieht man halt nicht.“ Laut Reinhard Friedel wird es mindestens 48 Stunden dauern, bis die Verschmutzung weitestgehend verdünnt ist und keine Gesundheitsgefahr mehr besteht. Und das bei bestem Badewetter.