Friedrichshafen – Nach dem Verkauf des früheren Diakonissenheims am Fischbacher Seeufer an die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) plant das Stiftungsunternehmen hier den Bau eines Hotelkomplexes mit rund 80 Zimmern. Das käme einer Verdoppelung der heutigen Kapazitäten gleich. Derzeit verfügt das Tagungs- und Gästehaus, das mitten im Landschaftsschutzgebiet liegt, über circa 65 Zimmer – davon 40 Einzelzimmer – mit 80 Betten.

Als Geschäftsführerin Gabriele Freund im September die Pläne in einem Pressegespräch erstmals vorstellte, lag im Rathaus bereits die Bauvoranfrage vor. Mit der will das Unternehmen die Rahmenbedingungen festklopfen, etwa welche Flächen nach dem Abriss der Altbauten – außer der denkmalgeschützten Villa Gminder – bebaut werden dürfen, wie hoch die Neubauten werden dürfen und wie viele Geschosse zulässig sind. "Außer den Planungen zu den bebauenden Flächen liegen noch keine weiteren Ausführungsplanungen, sprich Ansichten, der Gebäude vor", schrieb Gabriele Freund auf Anfrage des SÜDKURIER. Den Stand der Dinge habe man dem Technischen Ausschuss und im Dezember öffentlich in der Fischbacher Runde vorgestellt. Ganz korrekt ist das aber nicht: Es gibt Ansichten der Gebäude, die der Bauvoranfrage beiliegen. Die hat die Zeppelin Wohlfahrt nach Aussage von Vertretern in beiden Gremien nicht gezeigt.

Flach- statt Satteldächer

Die Pläne stammen vom Häfler Architekturbüro Plösser, das direkt beauftragt wurde. Demnach sollen alle Gebäude außer der rund 100 Jahre alten Villa Gminder abgerissen werden. Im Wesentlichen auf dieser Fläche sind drei kubische Neubauten mit jeweils drei Geschossen – zumeist ein Stockwerk mehr als heute – und begrüntem Flachdach geplant statt steiler, teils ausgebauter Satteldächer. Die neuen Gebäude würden mit einer Firsthöhe von 10,70 Metern etwa einen Meter unter der Villa Gminder bleiben.

Mit der Bauvoranfrage reichte LZ auch ein Artenschutzgutachten sowie eine Vorprüfung zur Umweltverträglichkeit des Vorhabens ein, beide erarbeitet von der Planstatt Senner. Fazit: keine schwerwiegenden Auswirkungen auf Vögel und Fledermäuse, keine erheblich nachteiligen Auswirkungen auf Schutzgüter wie Landschaft, Tiere oder Bäume. Das sieht der Häfler Ortsverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in seiner Stellungnahme anders: Der Abriss des Diakonissenheims und der Aufbau eines "wesentlich größeren Hotelkomplexes" stellten "einen massiven Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet (LSG) dar mit erheblichen Auswirkungen auf die Natur". Das Projekt widerspreche dem Schutzzweck für dieses Areal. Zudem seien die Untersuchungen unvollständig und oberflächlich gemacht worden.

Der BUND kritisiert unter anderem, dass ein Abriss des östlichsten Gebäudes nicht möglich sei, ohne den direkt daneben und unter Schutz stehenden Mammutbaum stark zu beschädigen. Auch der Vogelschlag wird angesprochen. Schon jetzt würden an den viel kleineren Scheiben der Gebäude Vögel sterben. Dazu kommt, dass laut Artenschutzgutachten geplant sei, die Streuobstbäume westlich der Gebäude abzuholzen. Auch die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts, die das Neubau-Projekt im Landschaftsschutzgebiet genehmigen muss, verweist nach Aussage von Sprecher Robert Schwarz darauf, dass es "noch nicht ausreichend geklärte Fragen insbesondere im Bereich des Boden-, Arten- und Landschaftsschutzes" gebe.

Keine Planalternative

Passen diese Gebäude an diese Stelle? Könnte man nicht auch über einen teilweisen Rückbau nachdenken? Diese Fragen diskutieren und entscheiden weder Gemeinderat noch der Technische Ausschuss, sondern die Baurechtsbehörde, erklärt Stadtsprecherin Monika Blank. So sehe es die Hauptsatzung vor. Alternative Pläne zu denen, die jetzt vorliegen, wird es nicht geben, obwohl der Gemeinderat 2011 einen Planungskodex beschlossen hat – eine Selbstverpflichtung, bei städtebaulich relevanten Projekten anzuregen, dass Alternativvorschläge auf den Tisch kommen. Unter Punkt vier steht, dass bei einem Beteiligungsunternehmen wie LZ dessen Aufsichtsrat und die Geschäftsleitung darüber entscheiden, ob man mehrere Pläne entwickeln lässt, um die beste Lösung zu bekommen. Nach Aussage von Gabriele Freund sei "das Vorgehen mit dem Gesellschafter so abgestimmt".

Aufsichtsratsvorsitzender bei LZ ist Oberbürgermeister Andreas Brand. Er äußere sich in dieser Funktion zu operativen Angelegenheiten grundsätzlich nicht, teilte Monika Blank auf die Frage mit, warum der Planungskodex bei der architektonischen Weiterentwicklung dieses Areals in städtischer Exklusivlage keine Anwendung findet.

Laut Stadtverwaltung wurde über die Bauvoranfrage bislang noch nicht entschieden. Aber Luftschiffbau Zeppelin als Bauherr macht Druck. Nach Aussagen von Gabriele Freund im Dezember soll im ersten Quartal 2017 das Baugesuch eingereicht werden. Im Oktober soll der Abriss starten, um bereits im nächsten Winter mit dem Bau der neuen Häuser und der Sanierung der "Villa Gminder" zu beginnen. Das Hotel "Das Zeppelin" soll im Frühjahr 2019 in Betrieb gehen.

 

Planungskodex

Planungswettbewerbe bieten viele Vorteile, steht in der "Selbstverpflichtung zu konkurrierenden Verfahren bei städtebaulich relevanten Bauvorhaben in der Stadt Friedrichshafen", kurz Planungskodex. Der Bauherr erhalte durch die Konkurrenz der Teilnehmer die bestmögliche Qualität und eine Vielfalt an Lösungen. Durch einen Architektenwettbewerb ließen sich die Baukosten eines Projekt durch optimierte Entwürfe um bis zu sechs Prozent verringern. In Konkurrenzverfahren wurde beispielsweise die Architektur der Neuen Messe, des Franziskuszentrums, des Technischen Rathauses, der Sparkasse oder die Bebauung des Antonius- und Adenauerplatzes entwickelt. (kck)