Welches Kind in Kluftern kennt ihn nicht, den Ausruf: „Göhrelöchner – hopp, hopp“, gefolgt von einem Bonbonregen. So vertraut und doch so unbekannt. Denn die Geschichte hinter den Göhrelöchnern und der Narrenzunft Kluftern, die kennen nicht alle.

Die Dorffasnet in Kluftern hat eine lange Tradition. „Bereits 1846 wurde die Klufterner Dorffasnet in der Zeitung erwähnt, weil damals der Bauer Jakob Huber tot auf der Tanzfläche umfiel“, weiß Zunftmeister Andreas Lamm.

Früher war das ganze Dorf unterwegs, es gab drei Umzüge aus Efrizweiler, Lipbach und Kluftern. Man traf sich dann „am zentralen Platz“ vor der Metzgerei Schober, wo der Narrenbaum gestellt wurde.

Mit dem Bau der Brunnisachhalle Mitte der 70er Jahre wurde das Narrenbaumstellen dann verlagert und fand vor der Halle statt. Heute geschieht dies unter fachmännischer Anleitung von Zimmermann Dietmar Wurst am Platz vor dem Bürgerhaus.

„Es gab ein sogenanntes Fasnetskomitee, das aus den Vorständen der Klufterner Vereine bestand und die Fasnet organisierte“, berichtet Andreas Lamm.

Doch irgendwann kam die Idee auf, einen eigenen Verein zu gründen, dessen Hauptaufgabe die Organisation und Planung der Fasnet war. Auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Kurt Brotzer wurde am 3. Februar 1971 im Gasthaus Zum scharfen Eck der Verein zur Pflege und Erhaltung des Brauchtums Narrenzunft Kluftern gegründet.

Der Verein zählte gleich zu Beginn 136 Beitrittserklärungen. „Wahrscheinlich haben die Väter gleich ihre ganzen Familien angemeldet“, sagt der heutige Zunftmeister lachend. Aktuell zählt der Verein 165 aktive und 100 passive Mitglieder im Alter von einem Jahr bis Mitte 70. 1973 folgte die Aufnahme in den Alemannischen Narrenring.

„Einen Rathaussturm mit Absetzung des Ortsvorstehers, wie wir es heute kennen, gab es in den 70er Jahren noch nicht“, erinnert sich Hermann Fiesel, ehemaliger Vizezunftmeister. „Stattdessen wurde auf dem Schulhof ein Podium errichtet und hier gefeiert“, ergänzt er.
Bei der Gestaltung der Narrenwägen zeigten die Klufterner viel Kreativität und griffen aktuelle Themen auf, etwa die Eingemeindung nach Friedrichshafen oder den Bau des Bildungszentrums.

Seit 2019 gehört die Narrenzunft Kluftern mit ihrer schwäbisch-alemannischen Fasnet zum Immateriellen Kulturerbe der Unesco. Andreas Lamm freut sich darüber, denn die Auflagen beinhalten einige Punkte wie die Brauchtumspflege, eine aktive Dorffasnet oder eine Geschichte hinter dem Häs.

Die erste Maskengruppe der Narrenzunft Kluftern war der Göhrelöchner, der in seiner Urform schon Mitte der 60er Jahre als Einzelmaske existierte. In den ersten Jahren wurde er noch etwas belächelt, da er „nur“ eine rot-weiße Absperrkette bei sich trug. So half man nach und seither trägt der Göhrelöchner schwarze Ketten.
1975 kam die zweite Maske, der Widerwurz, hinzu. Diese Figur wurde allerdings frei erfunden. Bis heute entstanden noch der Schlossbur (1997) und die Kluftinger Rebleute (2011). „Wir sind stolz auf unsere Klufterner Dorffasnet mit Umzug, Hock im Bürgerhaus, Narrenbaumstellen, Kinderball und vielem mehr“, sagt der 2014 gewählte Zunftmeister.

Auch heute noch macht für ihn das familiäre Umfeld der Gruppe das Besondere an der Narrenzunft aus. Jeder kennt jeden und es wird zusammengehalten.

Der größte Unterschied zu früher sind sicher die Sicherheitsauflagen, die man heute als Verein einhalten muss. So zum Beispiel für den großen Jubiläumsumzug am 24. Januar 2021 zum 50-jährigen Bestehen.

„Der letzte große Umzug war 2011 zum 40-Jährigen. Eigentlich wollten wir das 44-jährige Bestehen feiern, aber 2015 stand keine Halle zur Verfügung“, verrät Andreas Lamm. Spätestens in eineinhalb Jahren geht es dann rund. Darauf ein „Göhrelöchner – hopp, hopp!“
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