Für diesen Festakt hätte es keinen besseren Ort geben können: Hier in Friedrichshafen, am Seemooser Horn, wo einst das Konstruktionsbüro von Claude Dornier stand und wo in der riesigen Halle Dorniers Flugzeugbau seinen Anfang nahm, wartete das ehemalige Arbeitsboot der legendären Do X auf seine zweite Taufe. Auf dem Wagen der historischen Slipanlage, die heute zum Württembergischen Yacht-Club (WYC) gehört, präsentierte sich am 1. Mai das 98 Jahre alte Arbeitstier mit Lorbeerkranz in neuem Glanz.

Endlich darf die „Altenrhein“ wieder schwimmen

Stilsicher im Clubblazer, versprühte WYC-Präsident Oswald Freivogel Edelsekt auf der weiß lackierten Außenhaut. Weißwurst wurde gereicht und die geladenen Gäste, darunter Mitglieder der Familie Dornier und Leopold Prinz von Bayern, genossen den sonnigen Vormittag.

Die „Altenrhein“ wartet in Seemoos darauf, ins Wasser gelassen zu werden. Im Vordergrund unterhalten sich Leopold Prinz von Bayern und ...
Die „Altenrhein“ wartet in Seemoos darauf, ins Wasser gelassen zu werden. Im Vordergrund unterhalten sich Leopold Prinz von Bayern und Oswald Freivogel. | Bild: Anette Bengelsdorf

Bereits wenige Tage zuvor hatte Karsten Timmerherm zusammen mit David Dornier die „Altenrhein“ zu Wasser gelassen und nach Friedrichshafen in den Hafen des WYC überführt. Dank eines Bugstrahlruders gelang dem Steuermann das Anlegemanöver direkt an der Mole problemlos. David Dornier strahlte. Nach so vielen Jahren – 2019 hatte das Projekt für ihn begonnen, bevor das Boot in die Michelsen-Werft kam – war er froh, dass die „Altenrhein“ endlich wieder schwimmen durfte.

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„Die Maschine läuft ruhig, das Boot liegt ruhig im Wasser und lässt sich präzise steuern“, sagte Dornier. Kurz hätten sie den alten Dieselmotor probehalber auf 22 Stundenkilometer gebracht. Tags darauf bestand die alte Dame ihren wichtigsten Test: die Bootsabnahme durch Claudia Bucher vom Landratsamt.

Karsten Timmerherm überreicht David Dornier eine aus „Altenrhein“-Holz gedrechselte Pfeffermühle. Julia Hügle freut sich über das Geschenk.
Karsten Timmerherm überreicht David Dornier eine aus „Altenrhein“-Holz gedrechselte Pfeffermühle. Julia Hügle freut sich über das Geschenk. | Bild: Anette Bengelsdorf

Aus einem Wrack sollte wieder ein Schmuckstück werden

Der Aufwand, aus dem Wrack ein Schmuckstück nach altem Vorbild zu machen, war immens und forderte viel guten Willen von allen Beteiligten. „Karsten und ich haben viel Lehrgeld bezahlt, das hat uns beide zusammengebracht“, sagte Dornier in seiner Ansprache an die Gäste bei der Taufe. Für Karsten Timmerherm war es das erste Projekt, nachdem er die Michelsen-Werft von Joachim Landolt übernommen hatte. Und es erfüllt ihn mit Stolz.

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Zwei Drittel des Boots, das einst Bauteile für die Do X nach Altenrhein transportierte und später Passagiere zum Flugboot brachte, mussten rekonstruiert und neu gebaut werden. Der Innenraum wurde komplett entkernt – der Vorbesitzer hatte es zur Fahrtenyacht umgebaut – und wurde nur nach alten Fotos und einer Baubeschreibung rekonstruiert.

Geschichte und Details

Moderne Materialien und noch originale Details

Unter Beibehaltung der Optik von 1927 verarbeiteten die Bootsbauer moderne Materialien, um den zukünftigen Wartungsaufwand so gering wie möglich zu halten. Im Cockpit glänzen unter modernem Lack die Sitzbänke aus Mahagoni auf einem Boden aus sibirischer Lärche. Das Deck wurde nicht wie früher mit Leinen bespannt, sondern aus Sperrholz gebaut. Die alten Bullaugen aus Messing bekamen Fenster aus Sicherheitsglas, das sogenannte Skylight – ein Lukendeckel als Oberlicht – ist noch original.

Die „Altenrhein“ läuft mit Bootsbauer Moritz Pulter, Karsten Timmerherm am Steuer sowie David Dornier und Hannes Winter vom Förderverein ...
Die „Altenrhein“ läuft mit Bootsbauer Moritz Pulter, Karsten Timmerherm am Steuer sowie David Dornier und Hannes Winter vom Förderverein in den Hafen des Württembergischen Yacht-Clubs ein. | Bild: Anette Bengelsdorf

Um die alten Positionslampen zu erhalten, suchte Timmerherm nach einem Ersatz für das kaputte Glas. Steuerrad und Gashebel haben die Jahrzehnte schadlos überstanden. Die Frage nach den Arbeitsstunden lassen sowohl Timmerherm als auch Dornier unbeantwortet. Darauf wollen sie ihr Kunstwerk nicht reduziert wissen.

Das Motorboot ist auch unter Wasser interessant.
Das Motorboot ist auch unter Wasser interessant. | Bild: Anette Bengelsdorf

Förderverein soll Betrieb, Pflege und Erhalt dienen

Das einstige Arbeitsboot soll wieder arbeiten. Derzeit wird ein gemeinnütziger Förderverein gegründet. Er soll dem Betrieb, der Pflege sowie dem Erhalt des historischen Backdeckers „MS Altenrhein“ dienen. Mitgliedsanträge würden auf der Website bald abrufbar sein, sagte David Dornier. Mithilfe tatkräftiger Mitglieder und Skipper sollen dann zukünftig Charterfahrten angeboten werden. Auch eine Buchungsplattform wird dafür online gehen. Erste Informationen finden Interessierte unter www.die-altenrhein.de.