Knapp 70 Beschäftigte des Medizin Campus Bodensee (MCB) haben sich in einem Brief an die Aufsichtsratsmitglieder sowie an die Geschäftsführung des Klinikums gewandt. Darin fordern sie eine lückenlose Aufarbeitung der Vorwürfe gegen das Haus. Nach dem Freitod einer Leitenden Oberärztin wurde bekannt, dass die Frau mehrere Jahre lang die Gefährdung des Patientenwohls kritisiert hatte. Zuletzt sollte ihr fristlos gekündigt werden. Auch tausende Bürger fordern in einer Petition Aufklärung.
Klare Position der Ärzte
Im aktuellen Brief, der dem SÜDKURIER vorliegt, fordern Chefärzte, leitende Oberärzte, Oberärzte sowie Fachärzte des Klinikums, dass „die am Vorgang beteiligten Mitglieder der Geschäftsführung bis zum Abschluss der Aufklärung freigestellt werden“. Sie seien „erschüttert und zutiefst betroffen vom Freitod“ der Oberärztin und „den damit verbundenen Vorwürfen“. In Richtung der Adressaten des Schreibens halten sie fest: „Die von Ihnen beabsichtigte umfassende Aufklärung der Vorgänge ist Ihre Pflicht und unumgänglich.“
Gleichwohl betonen die Unterzeichner, dass sie bislang nicht an eine ernstgemeinte Aufarbeitungsabsicht glauben. Aufsichtsrat und Geschäftsführung hatten angekündigt, mit Hilfe einer Kanzlei bis Ende März für Klarheit zu sorgen. Doch die Ärzte schreiben: „Wir machen an dieser Stelle darauf aufmerksam, dass der involvierte Chefarzt Mitglied der Geschäftsführung ist.“ Dass die Institution, die am Vorgang zumindest teilweise beteiligt war, nun selbst Auftraggeber und Koordinator der Aufklärung sein soll, werde einer unabhängigen und transparenten Aufarbeitung nicht gerecht.
„Wir missbilligen diese Form von Betriebskultur“
Neben diesem Aspekt kritisieren die Unterzeichner auch den Umgang mit der Oberärztin. Sie seien „darüber entsetzt, in welcher massiven, unangemessenen Art und Weise mit einer in allen Fachabteilungen hochgeschätzten und fachlich anerkannten Kollegin umgegangen wurde, die zum Wohle der Patienten über interne Wege auf Missstände aufmerksam machen wollte.“ Weiter heißt es: „Wir missbilligen diese Form der Fehler- und Betriebskultur ausdrücklich.“
Ärzte beklagen Führungsversagen
Weiterhin sei es völlig unverständlich, dass über einen Zeitraum von 14 Tagen keinerlei Krisenkommunikation zwischen der Geschäftsführung und den Mitarbeiterinnen stattgefunden habe. Führungsversagen und mangelnde Fehlerkultur haben nach Auffassung der Unterzeichner „in der gesamten Belegschaft, aber auch in der Bevölkerung, zu einem massiven Vertrauensverlust geführt.“ Dieser Vertrauensverlust habe massive, akute Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Klinikums und gefährde das Mitarbeiter- und Patientenwohl.
Die Klinik war aufgrund von Krankheitsausfällen nicht für ein Statement in Bezug auf das Schreiben bereit.