Holger Nagel, Vorsitzender des Gehörlosen-Sportclubs Bodensee Friedrichshafen, schildert seine Erfahrungen. „Es ist für mich ein völlig neues Erlebnis, eine ‚neue Welt‘ ist aufgetreten“, beschreibt er. Er persönlich habe zwar gehofft, dass keine Maskenpflicht eingeführt werde, die Entscheidung der Politik dann aber sofort angenommen und umgesetzt: „Ich habe mich gleich damit abgefunden und trage die Maske in der Öffentlichkeit, wo es Pflicht ist, aus solidarischen Gründen und zum gegenseitigen Schutz.“

Holger Nagel trägt Masken aus Solidarität und für den gegenseitigen Schutz.
Holger Nagel trägt Masken aus Solidarität und für den gegenseitigen Schutz. | Bild: Lena Reiner

Der Behauptung, die sich vor allem in den sozialen Medien breitgemacht hat, man könne mit Maske nicht in Gebärdensprache kommunizieren, widerspricht er: „Wir kommunizieren hauptsächlich mit den Händen, daher stört die Maske sehr wenig.“ Durch die fehlende Mimik sei jedoch die Gefahr groß, dass es zu Missverständnissen komme. Diese Problematik verbindet hörende und gehörlose Menschen.

Sollte für einen Begriff in Gebärdensprache doch die verdeckte Mundpartie relevant sein, gebe es auch eine Lösung: „Dann buchstabieren wir ihn.“

Wunsch nach mehr Sensibilität der Mitmenschen

Von hörenden Mitmenschen, die keine Gebärdensprache beherrschen, wünscht sich Nagel, dass sie sich trotzdem die Mühe machen, mit gehörlosen Menschen wie ihm zu kommunizieren. Er schildert einen Vorfall, den eine andere gehörlose Frau erlebt habe. Sie sei im Supermarkt angeschrien worden, da sie die Aussage einer Maske tragenden Kassiererin, die ihr sagte, dass die Kasse geschlossen werde, nicht verstehen konnte. „Klar wusste die Kassiererin nicht, dass die Person gehörlos ist, aber sie hätte höflich bleiben können“, findet Nagel.

Viele Wege der Kommunikation möglich

Generell wünsche er sich, dass sich hörende Menschen mehr über gehörlose Menschen informieren und diese respektieren. Beim Thema Kommunikation, auch wenn Lippenlesen durch die Maskenpflicht unmöglich wird, betont er: „Sie sollten wissen, dass es da mehrere Wege gibt, statt gleich aufzugeben.“

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Holger Nagel nennt Spracherkennungs-Apps, generelle Kommunikation mit den Händen oder auch einfach Stift und Papier als Beispiele. Bei der Arbeit und im Umgang mit seinen Kollegen habe er damit positive Erfahrungen gemacht. Gesichtsvisiere oder Alltagsmasken mit transparenter Mundpartie seien selbstverständlich auch hilfreich, da sie das Lippenlesen weiterhin möglich machen.