Karlheinz Fahlbusch

Eigentlich hatte der Heiligenberger Andreas Jagim sich auf ein Fußballspiel mit der AH gefreut, auf das Lindenfest, auf ein Konzert und natürlich auch auf seine Familie. Am Freitag sollte in Afrika eine Rundreise beginnen durch Zimbabwe, bei der seine Eltern, Nachbarn, Familie und Freunde teilgenommen hätten. „So hätte ich meinen Eltern endlich zeigen können wo und warum ihr Sohn dort gelandet ist. Diese ist nun um ein Jahr verschoben“, stellt Andreas Jagim mit großem Bedauern fest. Und auch die Vereinsgründung, die bereits im Mai stattfinden sollte und bei der es um ein ganz spezielles Hilfsprojekt in Simbabwe gehen sollte, ist wegen Corona vorerst auf Eis gelegt.

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Und seinem Job als Safari-Guide kann der 38-Jährige nun auch nicht mehr nachgehen. Das Camp ist geschlossen, Touristen kommen keine und sollte es Jagim auf irgendeinem Weg nach Hause schaffen, so ist nicht sicher, dass er später wieder in sein geliebtes Afrika zurückkann. „Und wann das wieder so ist, lässt sicher leider im Moment überhaupt nicht einschätzen, so gerne ich im Sommer ein paar Wochen zu Hause verbringen würde“, macht er auf Anfrage des SÜDKURIER deutlich. Ursprünglich sollte er nur drei Monate im Addo Elephant National Park in Südafrika sein, aber nachdem die Situation ernster wurde, war der Wunsch von beiden Seiten da, dass er bleibt. „Und so lebe ich seitdem mitten in einem der schönsten Flecken Südafrikas. Wir sind hier zu dritt und kümmern uns um die Lodge, Wartung und Instandhaltung und genießen die Natur und Weite, die wir zum Glück nutzen können“, erzählt Andreas Jagim.

Krankenversorgung problematisch

In Südafrika gibt es keine Pflichtkrankenversicherung. Nur wer es sich leisten kann, kann sich versichern. Im Moment sind rund 17 Prozent in Südafrika krankenversichert. Jagim: „Muss man dennoch ins Krankenhaus hat man Zugang zu staatlichen Krankenhäusern, deren Standard nicht sehr hoch ist. Die Anzahl der Ärzte und Krankenhäuser ist natürlich auch deutlich unter der Abdeckung in Deutschland.

Andreas Jagim aus Heiligenberg nutzt die freie Zeit in Südafrika, um die Weite und die Tiere im Addo Elephant National Park zu genießen.
Andreas Jagim aus Heiligenberg nutzt die freie Zeit in Südafrika, um die Weite und die Tiere im Addo Elephant National Park zu genießen. | Bild: Privat

In Südafrika gehen die Zahlen der Infizierten steil nach oben. Es gibt zwar leichte Lockerungen, aber keine Reisen zwischen einzelnen Ländern, außer sie sind geschäftlich notwendig. Alkohol ist wieder erlaubt, Zigaretten sind noch immer verboten. Verschiedene Wildparks haben wieder geöffnet, aber nur für Self-Drive Safaris. Geschäfte haben wieder auf, aber alles natürlich mit entsprechenden Hygienevorschriften und der internationale Flugverkehr ist noch immer gesperrt. „Ich habe die ernste Hoffnung, dass zum 1. September Touristen wieder einreisen können, aber das ist noch nicht offiziell“, sagt der Safari-Guide.

Von Unterstützung wie in der Heimat, kann er derzeit nur träumen. Es gibt staatliche Programme zum Lohnersatz. „Bei uns in Gorah bekommt jeder Angestellte 750 ZAR pro Woche, was etwa 40 Dollar entspricht. Das gilt für 15 Wochen“, berichtet der Linzgauer. Viele Menschen würden von der Hand in den Mund leben, können kein Geld verdienen und sind auf Lebensmittelhilfen angewiesen. Aktuell sieht es leider nicht so aus, als würden in diesem Jahr noch Touristen ins Land dürfen, aber jeder siebte Südafrikaner sei wirtschaftlich von ihnen abhängig. „Das sind düstere Aussichten und so werden die Stimmen lauter, das Land zu öffnen“, macht der 38-Jährige deutlich. Doch untätig ist er nicht. Er setzt gerade eine alte Idee in die Tat um. Und die hat etwas mit Erdmännchen zu tun.

Die Zeit, bis wieder geführte Safaris stattfinden können, nutzt Andreas Jagim nun, um eine Erdmännchen-Kolonie an sich zu gewöhnen.
Die Zeit, bis wieder geführte Safaris stattfinden können, nutzt Andreas Jagim nun, um eine Erdmännchen-Kolonie an sich zu gewöhnen. | Bild: Privat

Die possierlichen Nager gelten als sehr gesellig und leben in Kolonien mit bis zu dreißig Individuen. Der Mensch bekommt sie nur mit Glück zu sehen. Und für so manchen Afrika-Touristen ginge ein Traum in Erfüllung, wenn er so ein Tier auf den Hinterbeinen sitzend und nach Feinden Ausschau haltend fotografieren könnte. Der Safari-Guide aus dem Linzgau will das ermöglichen. Die Idee war ihm schon vor dem Lockdown gekommen, dass es ein großartiges Zusatzerlebnis für die hauptsächlich deutschsprachigen Gäste wäre, Erdmännchen aus der Nähe zu beobachten.

Grundsätzlich seien das sehr scheue Tiere, die sonst nur aus mehreren hundert Metern Entfernung zu sehen seien. „Als dann der Lockdown eintrat und klar war, dass wir bis auf Weiteres keine Gäste mehr haben, fing ich an, jeden Morgen vor Sonnenaufgang zu einem Erdmännchen Bau zu fahren und die Gruppe in den ersten Stunden des Tages zu beobachten und sie an die Präsenz von Menschen zu gewöhnen“, erinnert sich Jagim. Dies war absolutes Neuland für ihn und es gibt keinen Leitfaden, wie man das am besten macht. Es gibt einige wenige Erdmännchen im südlichen Afrika, die sich total an die Präsenz von Menschen gewöhnt haben und diese auf der einen Seite ignorieren, aber andererseits auch als Aussichtspunkte nutzen. Das seien einmalige und tolle Erlebnisse.

Erdmännchen sind sehr aufmerksame Tiere.
Erdmännchen sind sehr aufmerksame Tiere. | Bild: Privat

Zuerst saß er 50 Meter entfernt still im Landcruiser. Nach einigen Wochen hat er dann angefangen in einer Entfernung von 30 Meter im Gras zu sitzen und jetzt beträgt die Distanz nur noch zehn Meter. Dort sitzt er, bevor die ersten Mitglieder der 14-köpfigen Familie rauskommen. Abhängig vom Wetter kommen sie aber meist kurz nach Sonnenaufgang raus und wärmen sich in der Sonne auf, begutachten ihre Umgebung, halten nach Fressfeinden Ausschau wie Schakale und Raubvögel, pflegen sich dann gegenseitig, spielen und gehen dann nach etwa zwei Stunden zum Fressen los.

Erst zum Sonnenuntergang kehren sie zum Bau zurück, nachdem sie hoffentlich viele Insekten zum Fressen gefunden haben. Sehr langsam werden sie mit der Präsenz von Andreas Jagim entspannter, verhalten sich ganz natürlich und ignorieren den Heiligenberger schon mal von Zeit zu Zeit. “Ich hoffe sehr, unseren Gästen ein großartiges zusätzliches Erlebnis bieten zu können, wenn wir wieder öffnen“ sagt Jagim, der auch viele großartige Begegnungen mit anderen Tieren wie Hyänen, Elefanten und Nashörnern hat, die sich ihm oft aus Neugier nähern, teils bis auf wenige Meter.