Franca Schwarz schultert einen Balken. Und während die junge Frau ihn schon einmal zum Hexenturm trägt, lädt ihr Kollege Lukas Theurich anderes Arbeitsgerät vom Pritschenlaster. „Wir arbeiten heute weiter an der Lattung“, erklärt Theurich. Er ist Fachkraft für die Restaurierung alter Gebäude beim Meersburger Zimmereiunternehmen Holzbau Schmäh. Es ist dies eines der drei Unternehmen, die die Stadt mit den Sanierungsarbeiten am südöstlichen Eckpfeiler der mittelalterlichen Stadtbefestigung beauftragt hat.

Franca Schwarz, Zimmerer-Auszubildende im ersten Lehrjahr bei Holzbau Schmäh, trägt einen Dachbalken, der einen feucht gewordenen alten ...
Franca Schwarz, Zimmerer-Auszubildende im ersten Lehrjahr bei Holzbau Schmäh, trägt einen Dachbalken, der einen feucht gewordenen alten Balken im Turm ersetzen soll. | Bild: Jörg Büsche

Wohl um 1250 erbaut und heute als Objekt- beziehungsweise Handwerksmuseum genutzt, diente der Hexenturm einst als Wehr- und Wachtturm – in späteren Jahrhunderten dann als Gefängnis. Daher auch sein heutiger Name, Hexenturm, da nachweislich zu Anfang des 17. Jahrhunderts der Hexerei bezichtigte Frauen in ihm festgehalten worden sind.

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Denkmalstiftung bringt sich mit ein

Warum der Hexenturm saniert werden muss, erläutert Viktoria Damski, die im städtischen Bauamt mit dem Sanierungsprojekt betraute Sachbearbeiterin: Durchs zum Teil marode Dach dringt Wasser ins historische Bauwerk ein. Das schadet den Zwischenböden. Es schädigt darüber hinaus auch die Fassade des Turms, den die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz als „Wahrzeichen“ der Stadt bezeichnet hat – und für den sie bundesweit zu einer Spendenaktion zu seiner Rettung aufgerufen hat. Dies mit einigem Erfolg, sind doch immerhin 75.000 Euro zusammengekommen. Weitere 60.000 Euro schießt das Landesamt für Denkmalpflege zu. Insgesamt werden die Sanierungsarbeiten auf 360.000 Euro veranschlagt. „Derzeit bewegen wir uns noch im Kostenrahmen“, erklärt Damski. Sie rechnet damit, dass das auch so bleibt.

Lukas Theurich vom Meersburger Zimmereiunternehmen Holzbau Schmäh ist Fachmann für die Restaurierung historischer Gebäude.
Lukas Theurich vom Meersburger Zimmereiunternehmen Holzbau Schmäh ist Fachmann für die Restaurierung historischer Gebäude. | Bild: Jörg Büsche

Fügen wie in alter Zeit

Jenes Kantholz, das Franca Schwarz, Zimmerer-Auszubildende im ersten Lehrjahr, zum Gerüst getragen hat, soll nun einen schadhaften Balken ersetzen. „Wir tauschen aber nur beschädigte Hölzer aus“, erläutert Lukas Theurich. Aber das sei ohnehin die Grundregel beim Restaurieren von denkmalgeschützten Gebäuden. Und Firmen-Philosophie des Meersburger Unternehmens sei außerdem, dass auch die alten Tragwerktechniken angewandt werden. Das heißt, die Balkenverbindungen bleiben in ihrer historischen Art erhalten. Erhalten bleiben aber auch die alten Dachziegel. Sofern sie nicht gelitten haben, kommen sie nach einer gründlichen Reinigung wieder aufs Hexenturmdach. Ersatz gibt es nur für schadhafte Ziegel.

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In Kürze werden die Steinmetz- und Fassaden- beziehungsweise Putzarbeiten beginnen. Zunächst gilt es, die Turmfassade zu reinigen, dann schadhafte Partien abzuklopfen und zu erneuern. Komplett aufgearbeitet werden übrigens die Fenster, erklärt Viktoria Damski. Sie stammen aus jüngerer Zeit. Im Gegensatz zum Gebälk, das teils noch ursprünglich ist, teils auch aus späteren, aber immer noch historischen Phasen stammt.

Nicht nur das Dach des aus dem 13. Jahrhundert stammenden Turms wird saniert, sondern auch seine Fassade. Auch sie hat durch die ...
Nicht nur das Dach des aus dem 13. Jahrhundert stammenden Turms wird saniert, sondern auch seine Fassade. Auch sie hat durch die Feuchtigkeit Schaden erlitten. | Bild: Jörg Büsche

Filigrane Bagger-Arbeiten nebenan

Die Arbeit in luftiger Höhe ist dem Restaurierungs-Fachmann Lukas Theurich keineswegs neu. „Wir haben Schiff und Turm der Meersburger Stadtpfarrkirche saniert oder das Dach der Konstanzer Handwerkskammer.“ Während der zurückliegenden Hitzetage und bei aufgeklappter Plane gehe da oben ein kühlendes Lüftchen. See, Fährbetrieb, das Alpenpanorama seien oben auf dem Hexenturm gut zu sehen. „Eigentlich hat man aber nur ein Auge für seine Arbeit.“ Neugierig hingeschaut habe er aber dann doch, erzählt Theurich: „Beim Abriss des Nachbarhauses, kaum zu glauben, wie filigran der Bagger vorgegangen ist“, als er den unterhalb vom Turm in der Ravensburger Straße gelegenen Altbau abgebrochen habe.