Ruhig geworden war es schon lange um das einstige Aufreger-Thema Nummer eins in Markdorf. Doch spätestens seit der Corona-Krise ist die Causa Bischofschloss mausetot. Seit Herbst 2017 steht das frühere Hotel Bischofschloss leer, das Gemäuer ist seit bald drei Jahren verwaist, nachdem der Bürgerentscheid im Dezember 2018 einer Zukunft des historischen Gebäudes als neues Markdorfer Rathaus eine Absage erteilt hatte.
Großprojekte bremsten das Schloss aus
Schon vor Corona war das Bischofschloss in der Prioritätenliste der Stadt weit nach hinten gerutscht. Zu viele Großprojekte wie die Rathaussanierung, Sanierung, Umbau und Neubau von Grundschulen, die Erschließung von Möggenweiler oder kostspielige Infrastrukturmaßnahmen in Straßen und Wasserversorgung, die in den kommenden Jahren Investitionen von bis zu 50 Millionen Euro erfordern, sorgten dafür, dass jegliche Überlegungen für eine Nachnutzung des Bischofschlosses in der Schublade verschwanden.
Kein Geld, kein Konzept und nur noch wenig Zeit
Weil die Auswirkungen der Corona-Krise die kommunalen Haushalte nun aber dramatisch in Schieflage bringen werden, scheint der Dornröschenschlaf des prägendsten Bauwerks der Stadt endgültig auf Jahre hinaus zementiert. Denn: Alle Optionen, die in Verwaltung und Gemeinderat angedacht wurden – Museum, Galerie, Musikschule, Vereinsräume, Pflege – kosten die Stadt Geld und versprechen nur geringe Einnahmen. In diesen Überlegungen ist das Schloss ein Zuschussbetrieb.

Hinzu kommt die Crux mit der Landesförderung: Weil die für den Rathausumbau bereits beantragt und teils auch schon ausgezahlt war, käme nun nur eine Umnutzung für den öffentlichen Bedarf in Frage. Andernfalls müsste die Stadt 2,3 Millionen der bislang erhaltenen 2,6 Millionen Euro zurückzahlen, weitere eingeplante 2 Millionen Euro würden nicht bereitgestellt werden. Und zu allem Überfluss drängt auch noch die Zeit: Der Förderzeitraum endet im April 2022, eventuell – bei Vorlage einer förderwürdigen Planung – könnte er um zwei weitere Jahre verlängert werden.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Was also tun? „Wir führen die Diskussion zu einem späteren Zeitpunkt“, hatte Bürgermeister Georg Riedmann noch Ende vergangenen Jahres gesagt. Da war aber Corona noch nicht in Sicht. Doch wann ist nun der richtige Zeitpunkt? Corona hin oder her: In allzu weiter Ferne darf der nicht mehr liegen.

Initiative Bischofsschloss will das Hotel zurück
Die Initiative Bischofsschloss hatte einst das Rathausprojekt gekippt. Auch um sie ist es still geworden. Ziel erreicht, in der Versenkung verschwunden? Das könnte man meinen. Doch auf Anfrage des SÜDKURIER sagen ihre Initiatoren: Jederzeit sei der richtige Zeitpunkt, sich endlich wieder dem Schloss zu widmen. Sie haben sich aber eine ganz andere Nutzung auf die Fahnen geschrieben. Zurück in die Zukunft: So sieht für sie der Weg zu einer neuen Nutzung des Bischofschlosses aus. Zurück zum Hotel-Betrieb und damit in die Zukunft.

Besuch bei Riedmann und den Amtsleitern
Vor etwas mehr als einem Jahr hätten sie ihr Konzept „Re-Start Hotel im Bischofschloss„ im Rathaus vorstellen dürfen, im Beisein von Riedmann und den Amtsleitern. Seither, so Heiner Sondermann, habe man nichts mehr gehört: Keine Antwort, keine Stellungnahme. Im Rathaus wird man nicht begeistert gewesen sein. Denn schon Monate zuvor hatte Riedmann jegliche Gedankenspiele, die Stadt könne als Hotelpächter auftreten, kategorisch abgelehnt.
Initiative: Hotel-Option seriös durchgerechnet
Die Mitglieder der Initiative wiederum pochen darauf, die Hotel-Option seriös durchgerechnet zu haben. 6 Millionen Euro würde der Sanierungsaufwand ohnehin betragen, sagt Harald Schür, der lange Jahre in der freien Wirtschaft als Finanzgeschäftsführer und in Controlling und Verkauf auf Managementebene gearbeitet hatte. Bei einer Hotelnutzung kämen ihren Berechnungen zufolge lediglich 2 Millionen obendrauf, da der größte Teil der Investitionen in das denkmalgeschützte Gebäude auch im Falle jeglicher anderer Nutzung vorgenommen werden müssten.
50 000 Euro kostet das Schloss an jährlichem Unterhalt
Zudem seien mehrere Beteiligungsmodelle vorstellbar, auch mit einem externen Investor. „Grundlage für die Sondierung dieser Varianten wäre, dass die Stadt einmal den Markt abklopfen würde“, sagt Schür. Im nun geltenden doppischen Haushaltsverfahren sei die Luft für die Stadt noch dünner geworden, seitdem Ausgaben nicht auf Jahre hinaus abgeschrieben werden können, sondern zeitnah ausgeglichen werden müssen. 50 000 Euro kostet die Stadt der jährliche Unterhalt des Schlosses – Geld, das verloren sei, argumentieren Sondermann und Schür.

Kann ein Hotel im Schloss wirtschaftlich betrieben werden?
5 Millionen Euro würde nach ihren Recherchen eine Grundsanierung kosten, schätzt Sondermann. „Für ein Hotel gibt es nach wie vor definitiv den Bedarf“, sagt Schür und verweist auf die Informationen der Initiative, denen zufolge das Hotel Bischofschloss seinerzeit wirtschaftlich erfolgreich von dem Pächter-Geschwisterpaar Bernd und Gerda Reutemann hatte betrieben werden können. Allerdings wiederum ist in die Kalkulation aus dem Bundesanzeiger, die Schür und Sondermann der Redaktion vorgelegt hatten, nicht miteinbezogen, dass der damalige Schlossinhaber Albert Weber eine eher symbolische Pacht erhoben haben soll.
Informationen des SÜDKURIER zufolge, denen Zahlen aus dem Umfeld des damaligen Schlossanteilskaufes durch die Stadt zugrundeliegen, sollen es um die 4000 Euro monatlich gewesen sein. Dies wäre ein Betrag, der bei den aktuellen Verhältnissen in der Hotellerie der Region natürlich nicht anzusetzen wäre. Wie viel bei einer marktüblichen Pacht dann unter dem Strich übrig bliebe, wäre eine von noch vielen offenen Fragen. Der seinerzeitige Hotelpächter Reutemann verweist jedoch darauf, dass diese Zahlen nicht korrekt seien. Er habe seinerzeit 110.000 Euro Pacht jährlich entrichtet, hinzu kämen Aufwendungen in Höhe von 105.000 Euro, was eine Gesamtsumme jährlicher Aufwendungen in Höhe von 215.000 Euro und monatlich von 18.000 Euro ergeben habe. Zudem habe er noch Instandhaltungsaufwendungen eingebracht. Und im Unternehmensregister wird für das Hotel im letzten kompletten Geschäftsjahr 2016 ein Bilanzgewinn von 365.830 Euro und ein Jahresüberschuss von 161.770 Euro ausgewiesen. All diesen Zahlen zufolge könnte ein Hotel im Schloss also durchaus wirtschaftlich betrieben werden.
Die nächsten Monate werden Klarheit bringen
Geht es nach der Initiative, sollte die Stadt einen Arbeitskreis berufen und fürs Schloss nochmals alle denkbaren Optionen ergebnisoffen prüfen. Derer gebe es auch abseits eines Hotels mehrere, sagt Schür: „Der Leerstand ist für uns jedenfalls keine Variante.“
Beginnen ließe sich erst einmal im Kleinen, mit erweiterbaren Teilbelegungen, ergänzt Sondermann. Wie es auch immer weitergeht: Klarheit wird es in den nächsten Monaten ohnehin geben. Denn auf die lange Bank schieben lässt sich das Thema nicht mehr – Corona hin oder her.
Anm.d.Red.: Ein Gebäude, zwei Schreibweisen: Das Bauwerk heißt Bischofschloss, das Hotel hieß „Hotel Bischofschloss„ und die Initiative nennt sich „Initiative Bischofsschloss„.
Das Hotel-Konzept der Initiative Bischofsschloss
Die Stadt Markdorf hat 2016 die ihr bislang fehlenden Anteile am Bischofschloss für 3,85 Millionen Euro vom damaligen Inhaber Albert Weber erworben. Bis Herbst 2017 war dort ein Hotelbetrieb mit 44 Zimmern und rund 40 Angestellten angesiedelt. Der Buchwert des Schlosses wird verschiedenen Quellen zufolge auf rund 6 Millionen Euro beziffert.
- Die Kostenschätzung: Die Initiative kalkuliert mit 6 Millionen Euro Grundsanierungskosten: Tiefgarage 1 Million Euro, Schlossscheuer 2 Millionen, Brandschutz und Technik Neues Schloss 2 Millionen, Turm 0,7 Millionen, Zwischenbau 0,3 Millionen. Für eine Hotelnutzung müsse man bei der Schlossscheuer weitere 2 Millionen Euro addieren.
- Vier Eigentumsvarianten: Die Initiative legt vier mögliche Eigentumsvarianten vor. Variante eins: Die Stadt behält das Eigentum zu 100 Prozent. Variante zwei: Die Stadt bringt ihre Anteile in eine Immobiliengesellschaft ein, die Verpächter wäre, Investoren und regionale Unternehmen könnten als Gesellschafter eintreten. Variante drei: Einbringung in einen Immobilienfonds mit Bürgerbeteiligung. Die Stadt und über den Fonds die Bürger wären mit festzulegenden Stimmrechten beteiligt. Variante vier: Verkauf des Eigentums an einen Investor unter Auflagen. Der Investor wäre dann Verpächter oder betriebe das Hotel in Eigenregie.
- Weitere Optionen: Die Initiative sieht in ihrem Konzept Chancen für einen Neustart eines Hotelbetriebes im „gehobenen Komfortsegment“. Bei Bedarf könnte die Zimmerkapazität durch Nutzung des Doschhauses in der Marktstraße erweitert werden. Das müsste dann saniert oder neu gebaut werden. Ein Hotel könnte dann eine „integrale Säule“ für ein Stadtentwicklungskonzept 2025 sein, schreibt die Initiative.