Herr Caesar, Sie engagieren sich in Kluftern in vielerlei Hinsicht. Was ist Ihr Motor?
Mir geht es darum, die Lebensqualität in meinem Heimatort und der Umgebung zu erhalten, zu gestalten und zu verbessern. Vor Ort einkaufen, Sport treiben, Kindergarten und Schule besuchen, den Hausarzt aufsuchen und in die Apotheke gehen, dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte treffen – all das macht für mich Lebensqualität aus. Seit Jahren bin ich aktiv im Natur- und Umweltschutz, wo ich mich zum Beispiel für blühende Wiesen, intakte Bäche und die Artenvielfalt der Streuobstwiesen einsetze.
Unsere großartige, vielfältige Landschaft ist der Lebensraum, der uns Menschen gut tut. Wir brauchen die intakte Natur. Wichtig ist mir auch das Thema Verkehrswende und ich arbeite für den Ausbau der Bodenseegürtelbahn, für attraktive Radwege oder breite, sichere Gehwege. Ich halte es für wichtig, dass Kinder auf ihrem Schulweg alleine und sicher zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sein können.
In welchem Alter begann Ihr ehrenamtliches Engagement? In welchem Bereich?
Ich habe seit 36 Jahren für die SPD einen Sitz im Ortschaftsrat Kluftern und bin seit fast 30 Jahren im Vorstand des Geschichtsvereins Kluftern. Als meine Kinder zur Schule gingen, war ich auch im Elternbeirat aktiv. Ich war also Mitte 30.
Was sagen Sie zur aktuellen Fridays-for-Future-Bewegung, in der sich viele Jugendliche engagieren?
Ich finde es sehr gut, dass unsere Gesellschaft durch die jungen Leute wachgerüttelt wird. Es ist höchste Zeit, die Natur mehr zu schützen. Sie braucht uns nicht, vielmehr brauchen wir die Natur. Wenn beispielsweise die Bachmuschel ausstirbt, ist das ein Zeichen dafür, dass das Wasser in den Bächen verdreckt ist und wir unser Grund- und Trinkwasser verschmutzen. Damit gefährden wir unsere Lebensgrundlage. Für mich bedeutet Schutz der Natur deshalb Schutz des Menschen.
Mit dem Planetenweg in Kluftern wollen Sie ebenfalls das Bewusstsein für die begrenzten Ressourcen unseres Planeten stärken. Wie entstand die Idee?
Ich habe zusammen mit meiner Familie vor etwa 30 Jahren während eines Urlaubs in Dänemark einen Planetenweg kennengelernt, der die Entfernungen in unserem Sonnensystem erlebbar macht. Der Klufterner Planetenweg, eingegliedert in den Klufterner Ortsrundweg mit Kunst und Geschichte, hat eine Gesamtlänge von 4,5 Kilometern. Der innerste Planet, Merkur, steht in der Holzgasse nur 54 Meter von der Sonne entfernt, die Erde erreicht man nach 150 Metern.
Wie ist der aktuelle Stand des Planetenwegs?
Die Finanzierung ist in trockenen Tüchern. Bis Ende April wollen wir die Betonfundamente für die Stelen mit den Bronzeminiaturen der Planeten fertigstellen. Der Guss der Bronzen ist abgeschlossen. Es kommen noch die Feinarbeiten und die abschließende Patinierung. Die Sonne mit einem Durchmesser von 1,39 Metern steht schon seit November vor der Schule. Im gleichen Maßstab von eins zu einer Milliarde ist die Erde mit einem Durchmesser von gerade mal 12,8 Millimetern winzig. Ich weiß im Moment nicht, ob im Zuge der Corona-Krise der Zeitplan eingehalten werden kann. Eigentlich wollten wir den Planetenweg im Mai eröffnen, aber ohne Leute würde das sicher keinen Spaß machen.

Können Sie der aktuellen Corona-Krise mit Blick auf die Zukunft auch etwas Positives abgewinnen?
Trotz aller Angst und Unsicherheit bringt die Krise mit sich, dass wir uns wieder auf das zurückbesinnen, was wir direkt vor unserer Haustür finden. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen wir zum Beispiel in unserer Ortschaft Kluftern alle wichtigen Einrichtungen. Hier können wir einkaufen und haben Arzt und Apotheke. Die Corona-Krise gibt vielleicht auch die Gelegenheit, die Schönheit der näheren Umgebung zu entdecken, sei es die wilde Argen oder der Spetzgart-Tobel, alles gleich nebenan. Wir können nach wie vor den Blick über den See auf die Alpen genießen.
Schön ist, dass Kernfamilien wieder mehr zusammen unternehmen und gemeinsam Dinge entdecken. Die Situation macht vielleicht bewusst, dass man nicht immer wer weiß wohin fliegen muss. Nun kommt es darauf an, dass man zusammensteht. Sinnvoll ist es, über das Internet lokale Angebote wahrzunehmen, sei es die Bestellung beim örtlichen Lebensmittelladen oder eines Buches beim Buchhändler in Markdorf oder die Buchung eines Online-Yogakurses bei einer regionalen Anbieterin, und damit den kleinen Betrieben durch die schwere Zeit zu helfen.
Welche dauerhaften Verhaltensänderungen würden Sie sich von der Gesellschaft wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass auch in Zukunft großer Wert auf das persönliche Gespräch, das Miteinander mit Freunden und Bekannten gelegt wird. Es erhöht die Lebensqualität und macht glücklich, ebenso wie das gemeinsame Planen und Umsetzen von Projekten. Dagegen sind das Gespräch mit Alexa oder Siri und die Jagd nach Schnäppchen im Internet auf Dauer nicht befriedigend. Aktuell merken wir, was einem fehlt, wenn persönliche Kontakte auf ein Minimum reduziert sind. Wenn man allein zu Hause sitzt, nützt es wenig, wenn Kühlschrank und Waschmaschine miteinander sprechen können.
Wie nutzen Sie aktuell die zusätzliche Zeit?
Im Haushalt gibt es ja immer Dinge zu tun, die liegengeblieben sind. Außerdem lässt sich vieles telefonisch oder per E-Mail erledigen. Ich bin viel in Kontakt mit anderen, wenn es um die Verkehrswende vor Ort, die Bodenseegürtelbahn, den Ausbau von Radwegen oder Gehwegen geht. Arbeiten für die Heimatgeschichte stehen immer an. Um diese Themen kann ich mich auch jetzt kümmern. Ich genieße Spaziergänge querfeldein über Wiesen und Felder. Sobald es warm wird, ist unser Garten an der Reihe. Im Moment merke ich noch kaum einen Unterschied, außer dass ich abends nicht bei Sitzungen oder Besprechungen bin, sondern zu Hause.
Was sind Ihre Pläne, wenn die Corona-Krise vorbei ist? Was wollen Sie als erstes angehen?
Als erstes gilt es den Planetenweg fertigzustellen. Dann freue ich mich auf einen ausgedehnten Fahrradurlaub in Süddeutschland zusammen mit meiner Frau. Dafür müssen aber die Hotels und Pensionen wieder geöffnet sein. Alles andere kommt wie es kommt, das Leben bleibt spannend.