Frau König, wie kommt eine junge Frau auf die Idee, sich bei der Bundeswehr ausbilden zu lassen?

Ich habe das erste Mal so richtig von einem Bekannten davon gehört. Dann habe ich mich etwas eingelesen und ihn mit Fragen gelöchert. Die Ausbildung zur Brandmeisteranwärterin ist bei der Bundeswehr so breit gefächert und vielschichtig, das hat mich sehr angesprochen. Also habe ich mich beworben.

Welche Voraussetzungen mussten Sie dafür mitbringen?

Da gab es ganz unterschiedliche Kriterien. Allein für die Bewerbung wird eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung, die deutsche Staatsbürgerschaft, der Führerschein Klasse B und die Bereitschaft, als Beamter bundesweit eingesetzt zu werden, gefordert. Wer dann in die engere Auswahl kommt, wird zum Eignungstest an ein Karrierecenter, für den Bereich Süden in Stuttgart, eingeladen. Dort gibt es einen umfassenden Sporttest, sowie einen schriftlichen Test in verschiedenen Bereichen wie Mathematik oder Allgemeinbildung und abschließend noch das Verfassen eines Aufsatzes. Wer hier überzeugen konnte, wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Kein ganz einfacher Weg.

Nein, aber es ist eine große Chance. Ich habe lange gehadert, beim Rettungsdienst zu kündigen. Schlussendlich war aber klar, wenn nicht jetzt, wann dann. So eine Chance bekommt man nicht umsonst. Und ich habe die Entscheidung nicht bereut.

Welche Bereiche umfasst Ihre Ausbildung?

Zuerst einmal mussten wir den Führerschein C machen, anschließend folgte für ein halbes Jahr die Feuerwehrgrundausbildung. Dabei gilt es, alle auf den gleichen Stand zu bringen, egal ob man Vorerfahrungen hat oder nicht. Für diese Ausbildung gibt es nur eine Schule in ganz Deutschland – in Stetten a.k.M. Nach den Prüfungen ging es auf Deutschland-Rundreise. Dabei ist man alle drei Wochen an einem neuen Standort. Dazu zählen ein Marinehafen, eine Untertageanlage, ein Truppenübungsplatz sowie militärische Standorte von Hubschraubern, Kampfflugzeugen und Transportflugzeugen. Hier wird beispielsweise geübt, wie man jemanden aus einem Panzer befreit oder wie man mit brennender Munition umgeht. All das gibt es bei der klassischen Feuerwehrausbildung nicht. Aktuell befinde ich mich im nächsten Abschnitt, dem Verwaltungslehrgang. Dabei lernen wir Hintergründe über das Besoldungsrecht, die Beamtenlaufbahn. Wichtiges, aber trockenes Zeug eben (lacht).

Inwieweit hat Corona Ihre Ausbildung bisher beeinflusst?

Im März wurden wir erstmal nach Hause geschickt, der Lehrgang wurde unterbrochen. Mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen konnten wir ihn wieder aufnehmen. Darüber waren wir alle sehr dankbar. Klar hat das kameradschaftliche Miteinander gefehlt, denn nach dem Feierabend durften wir nicht mehr zusammen sein. Aber jeder von uns war froh, dass wir weiter machen durften. Leider konnte das Praktikum bei der Berufsfeuerwehr nicht stattfinden und der Verwaltungslehrgang findet digital statt. Ansonsten galten und gelten auch für uns die üblichen Hygienevorschriften. So haben die Verantwortlichen geeignete Räume gesucht, um den Lehrgang mit genügend Abstand fortführen zu können.

Wie geht es nach dem Verwaltungslehrgang weiter?

Die letzten drei Monate der insgesamt 18-monatigen Ausbildung bildet der Abschlusslehrgang zum Gruppenführer. Danach gibt es wieder schriftliche, mündliche und praktische Prüfungen. In einem Einplanungsgespräch wird während des Abschlusslehrgangs geschaut, an welchen Stellen Personalbedarf herrscht. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gern nach Laupheim, zum Hubschrauberstandort.

Woher kommt Ihre Passion für die Feuerwehr?

Ich war schon seit meiner Jugend bei den Johannitern und dem Jugendrotkreuz aktiv. Dann hat mich ein Freund mal mitgenommen zur Jahreshauptübung der Feuerwehr. Dabei habe ich gemerkt, dass mich das Technische auch interessieren würde. Erst habe ich mich nicht getraut, aber 2010 bin ich zur Freiwilligen Feuerwehr Hagnau gegangen, später durch meinen Umzug nach Fischbach. Dort war ich auch Jugendwart. Durch die Nähe zu Friedrichshafen sind Kontakte zu den hauptamtlichen Feuerwehrkräften entstanden und ich hatte einen Einblick in das Berufsfeld. Gleichzeitig erlebte ich meinen Job im Büro als nicht erfüllend. Ich mag es, in den Tag zu starten, ohne zu wissen, was passiert. Ich will anpacken, was schaffen, den Menschen helfen, ihnen in Notlagen beistehen können. Für mich gibt es dabei keine halben Sachen, du musst dafür leben.

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Dass Sie das tun, merkt man sofort. Wie erleben Sie Ihre Rolle als Frau bei der Bundeswehr, haben Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?

Nein überhaupt nicht, eher im Gegenteil. Ich musste mir noch nie einen blöden Spruch anhören, ob ich etwas schaffe oder nicht. Im Gegenteil, es wird eher positiv gesehen. Es wurde von Anfang an kein Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht, von der Eignungsprüfung angefangen bis zu den täglichen Übungen. Die Kameraden empfinden den anderen Umgang, sobald eine Frau dabei ist, als angenehm. Und ich hatte schon immer lieber Männer um mich als zickige Frauen (lacht). Man muss halt zupacken und den Jungs die Stirn bieten. Außenstehende reagieren meist mit Interesse, wenn sie von meiner Ausbildung hören.

Ich als Außenstehende habe sicherlich noch ein ziemlich antiquiertes Bild von der Bundeswehr mit mehreren Stockbetten in einer kahlen Baracke.

Oh ja, da liegen Sie ziemlich daneben (lacht). Wir haben während des Lehrgangs alle unser Einzelzimmer mit eigenem Bad und Kühlschrank. Privatsphäre ist absolut gegeben. Dann gibt es eine gemeinsame Küche, es fühlt sich an wie in einer riesigen WG.

Warum gibt es Ihrer Meinung nach so wenig Frauen in diesem Bereich?

Zum einen gibt es wahrscheinlich grundsätzlich wenig Frauen mit dem Berufswunsch Feuerwehrfrau. Es ist halt doch noch ein klar Männer-dominierter Beruf. Auch in der Freiwilligen Feuerwehr ist der Frauenanteil zum Teil noch sehr gering. In meinem Ausbildungsjahrgang sind wir jetzt gerade mal fünf Frauen bei rund 85 Männern – und das ist schon viel. Im Jahrgang unter uns gibt es nur zwei Frauen. Bei den Soldaten an sich gibt es mehr Frauen. Zum anderen ist die Berufsausbildung als Brandmeisteranwärterin bei der Bundeswehr gefühlt noch recht unbekannt. Leider trauen sich das viele Frauen völlig unbegründet nicht zu. Dabei habe ich hier Frauen kennengelernt, die ihren Beruf als Feuerwehrfrau und Familie vereinbaren.

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Was nehmen Sie ganz persönlich aus Ihrer bisherigen Zeit dort mit?

Ich konnte verschiedene Feuerwehrthemen neu kennen lernen oder vertiefen. Der Einblick in die Struktur und den Ablauf der Bundeswehr war völlig neu für mich. Ganz persönlich bin ich dadurch noch selbstbewusster geworden, mein Auftreten und Durchsetzungsvermögen wurden gefordert.

Was sind Ihre Wünsche für 2021?

Natürlich möchte ich meine Ausbildung möglichst gut abschließen. Dann wünsche ich mir, dass ich auf eine Wache komme, in der ich mich gut integrieren kann und wo es mir gelingt gut anzukommen. So schön und abwechslungsreich die Ausbildung ist, ich freue mich wieder auf etwas Konstantes. Ebenso wünsche ich mir, dass in das neue Jahr Ruhe einkehrt und dass die Leute ihr Leben zu schätzen lernen und respektvoll miteinander umgehen.