Das Verfahren um die Brandstiftungen in Markdorf endete bereits am zweiten Prozesstag mit einem Urteil. Wegen des Geständnisses des Angeklagten gleich zu Beginn des ersten Verhandlungstages konnte das Verfahren verkürzt werden, der ursprünglich angesetzte dritte Verhandlungstermin war nicht mehr nötig. Das Landgericht Konstanz verurteilte den 26-jährigen Angeklagten am Freitagmittag zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren.
Staatsanwältin Patricia Müller hatte sechseinhalb Jahre Haft wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung gefordert, Verteidigerin Nicole Pfuhl sah nur eine fahrlässige Körperverletzung und beantragte fünfeinhalb Jahre, davon zwei Jahre als Therapie in einer stationären Einrichtung.
Gericht: Es fehlt die „echte Reue“
Die Kammer unter der Leitung des Vorsitzenden Richters Arno Hornstein sah beim Angeklagten jedoch keinen echten Willen, gegen seine Abhängigkeiten tatsächlich angehen zu wollen. Die Taten in der Brandnacht seien auch nicht alkoholbedingt, sondern bewusst verübt worden – aus Frust und Hass gegenüber dem Staat. Auch im Prozess habe der Angeklagte keine echte Reue gezeigt, sagte Hornstein: „Es fehlt mir die Überzeugung, dass Sie sagen, es tut mir aufrecht leid.“
Das Geständnis, so der Richter, sei ebenfalls nicht aus Reue getätigt worden, sondern vornehmlich aus dem Kalkül heraus, angesichts der erdrückenden Beweislast das Strafmaß noch mildern zu können. Dennoch habe der Angeklagte mit seinem Geständnis dem Gericht ein aufwändiges Verfahren erspart. Dies sei anzurechnen, weswegen das Strafmaß ein Jahr unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft bleibe, so Hornstein. Gegenüber dem SÜDKURIER sagte Pfuhl, sie werde sich nun mit ihrem Mandanten beraten, ob sie in Revision gehen werde. Die einwöchige Frist dafür werde sie vermutlich ausnutzen.
Angeklagter kann kein Motiv für seine Taten nennen
Bereits die ersten Minuten des ersten Prozesstages hatten dem Verfahren eine Wendung gegeben: Pfuhl verlas ein vollumfängliches Geständnis des Angeklagten. Dem Mann wurde vor Gericht zu Last gelegt, in der Nacht auf den 22. Mai zuerst den Bauwagen des städtischen Waldkindergartens oberhalb von Möggenweiler, dann die dreistöckige Scheune mit Pferdestall im Lilienweg und zuletzt eine weitere Scheune in Möggenweiler in Brand gesetzt zu haben. Bei dem Brand im Lilienweg kamen auch zwei Pferde der Tochter des Besitzers in den Flammen zu Tode.

Weshalb er sich in der fraglichen Nacht gegen 1 Uhr von einer Feier auf einem Grillplatz am Gehrenberg quer über die Wiesen zu den späteren Brandorten auf den Weg gemacht hatte, konnte er nicht beantworten. Er begehe seine Taten eher aus einem allgemeinen Frust, antwortete er auf Nachhaken Hornsteins vage.
Etliche Vorstrafen, schwierige Kindheit und Jugend
Der 26-Jährige hat ein langes Vorstrafenregister und saß in Bayern auch bereits einmal in Haft. Eine schwierige Kindheit im Heim, Alkohol- und Drogenprobleme und stete Konflikte mit dem Gesetz prägten seine Jugend. Am ersten Verhandlungstag schilderten auch die als Hauptzeugen geladenen Betroffenen der Brände ihre traumatischen Erlebnisse der Nacht – die bei allen bis heute nachwirken.
Ein ebenfalls als Zeuge geladener Kripobeamter legte dar, weshalb die Ermittler dem Mann so rasch auf die Spur gekommen waren. Er war noch am Abend des Folgetages festgenommen worden. Fotos und Videos von Zeugen, die den 26-jährigen auf seinem nächtlichen Weg angetroffen hatten, passten zu Bildern einer Vernehmung infolge des Brandes einer Gartenhütte anfangs des Jahres. Zudem konnten die Ermittler per Ortungsdaten auf seinem Handy den Weg des Angeklagten in der Nacht nachzeichnen.
Gutachter: Kein Ansatz für eine Therapie
Trotz der Alkohol- und Drogenprobleme sehe er keinen Ansatz für eine therapeutische Unterbringung, sagte der medizinische Sachverständige am zweiten Verhandlungstag. Zahlreiche abgebrochene Entzüge und fehlende Einsicht in seinen Drogenkonsum sprächen dagegen, auch mangels Erfolgsaussicht. Auch eine verminderte Schuldfähigkeit in der Tatnacht sehe er nicht. Dafür sei sein Vorgehen zu planvoll gewesen.

Staatsanwältin: Gezielte Taten und „unfasslicher Schaden“
Dieser Argumentation folgte auch die Staatsanwältin. Er habe sich „gezielt aufgemacht, um Brände zu legen“, sagte Müller. Damit habe er „unfasslichen Schaden angerichtet“, sowohl in persönlicher als auch materieller Hinsicht. Dabei spiele es keine Rolle, ob sich der Gesamtschaden auf 150 000 oder 400 000 Euro belaufe. Durch die Brände hätten, bei etwas weniger Glück und Zufall, auch noch mehr Personen verletzt oder gar getötet werden können. Und: „Es ist für mich überhaupt nicht erkennbar, dass Ihr Geständnis von echter Reue getragen ist.“

Verteidigerin: Einfach wegsperren bringt nichts
Weder habe sich der Angeklagte bewusst sein müssen, dass in dem Stall Pferde gewesen seien, noch, dass durch die Brände Personen zu Schaden kommen könnten, hielt Pfuhl entgegen. Daher plädiere sie für fahrlässige statt vorsätzlicher Körperverletzung. Das Geständnis habe er außerdem bereits vor Prozessbeginn gegenüber dem Gutachter gemacht, nicht erst unter dem Druck der Beweislast. Zudem habe es bei ihrem Mandanten stets den Zusammenhang zwischen Alkohol und Drogen und den Straftaten gegeben. Von daher sehe sie eine Therapie angezeigt: „Ihn nur in eine JVA wegzusperren, bringt überhaupt nichts“, so Pfuhl. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.