Aus einer intensiv genutzten Acker- und Gründlandfläche bei Ittendorf soll eine artenreiche Nasswiese werden. Das sieht das Renaturierungskonzept vor, mit dem die Stadt Markdorf ihr Ökokonto aufbessern möchte. Unterstützt wird sie dabei von einem emsigem Helfer: Dem Biber, der dort siedelt. Vor drei Jahren wurden die ersten Biberdämme im Riedgraben entdeckt.

Der baut schon. Vor drei Jahren wurde der erste Damm beim Alten Weiher entdeckt.
Der baut schon. Vor drei Jahren wurde der erste Damm beim Alten Weiher entdeckt. | Bild: Jörg Büsche

Aus „Alter Weiher“-Areal soll ein „Dauergrünland“ werden

Rund zwei Millionen Punkte werden der Stadt gutgeschrieben, wenn die „Maßnahme Nr. 16 im Gewann Briel/Alter Weiher“ abgeschlossen ist. Zum Vergleich: Eine rund 5000 Quadratmeter große Streuobstwiese zählt etwa 40000 Ökopunkte. Die im Areal „Alter Weiher“ noch vorhandenen Äcker und Grünlandflächen müssen aus der bisherigen Intensiv-Nutzung herausgenommen und stattdessen zu „Dauergrünland“ werden.

Des Weiteren muss der Riedgraben „Hochstaudenflure“ gesäumt werden. Das sind Lebensräume, in denen von März bis September Wildpflanzen wachsen – echter Baldrian zum Beispiel, Giersch oder die Sumpf-Schafgarbe. Lebensräume, in denen sich eine Vielzahl Insekten wie Libellen, Schmetterlinge, aber auch Kleintiere und Vögel, tummeln.

Hier spart die Stadt demächst Ökopunkte an, indem sie den Lebensraum entlang des Riedgrabens aufwertet.
Hier spart die Stadt demächst Ökopunkte an, indem sie den Lebensraum entlang des Riedgrabens aufwertet. | Bild: Jörg Büsche
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Vorarbeiten beginnen in wenigen Wochen

Noch ist es nicht soweit. Aber schon in wenigen Wochen beginnen die Vorarbeiten. Den ersten Schritt beschreibt Kristina Lipinski, Mitarbeiterin des Überlinger Büros „Dreihundertfünfundsechzig Grad – Freiraum und Umwelt“, das das Konzept für die Renaturierungsmaßnahme ausgearbeitet hat. „Im April beziehungsweise im Mai wird im Bereich Alter Weiher Saatgut ausgebracht, das von artenreichen Wiesen aus der Region stammt“, so die diplomierte Landschaftsarchitektin. Dadurch kann es dann zur allmählichen Rückkehr der genetischen Vielfalt kommen.

Einst diente die Senke entlang des Riedgrabens bei Ittendorf als Kloster-Weiher – vermutlich zur Karpfenzucht. Beim Untergrund handelt es sich größtenteils um Niedermoorböden, die durch die landwirtschafltiche Nutzung jedoch weitgehend degeneriert sind. Ziel der Renaturierung ist ihre Wiedervernässung. Der Grundwasserspiegel soll angehoben werden, damit Zersetzungsprozesse aufgehalten werden können – und nicht weiterhin Treibhausgase entweichen. „Dabei unterstützt uns der Biber mit seinen Dämmen“, erklärt Kristina Lipinski.

Materiallager für den Dammbau.
Materiallager für den Dammbau. | Bild: Jörg Büsche

So verschwand der Biber

Biber gestalten die Landschaft

Claudia Huesmann ist die Biberbeauftragte für den Bodenseekreis. „Biber bauen Dämme, um den Wasserstand für sich passend einzustellen und zu regulieren“, erklärt Huesmann. Die Nager verändern die Landschaft insofern, dass durch ihre Dämme aus munter strömenden Fließgewässern strömungsberuhigte Bereiche werden. In denen kann sich der Biber, unbehelligt von seinen natürlichen Feinden, bewegen. Fische und andere Lebewesen finden hier Rückzugsräume. „Das wirkt sich positiv auf die Artenvielfalt im Gewässer aus“, sagt die Biberbeauftragte.

Biberrutsche und gefällte Bäume im Hintergrund.
Biberrutsche und gefällte Bäume im Hintergrund. | Bild: Jörg Büsche
Eindeutig: diesen Stamm hat der Biber gefällt.
Eindeutig: diesen Stamm hat der Biber gefällt. | Bild: Jörg Büsche

Doch nicht nur im Gewässer reichert sich die Struktur an. Mehr Lebewesen finden sich auch über und außerhalb des durch den Biber vernässten Bereichs. Zusammenfassend sagt die Biberbeauftragte des Kreises: „Der Biber bringt durch seine baulichen Aktivitäten auf natürliche Art und Weise die gewünschte Dynamik und Aufwertung der Gewässerstruktur ins Gewässer“. Somit erübrigt sich für die Stadt im Bereich „Alter Weiher“ jede aktive Umgestaltung des Gewässers. Das übernimmt der Biber.

Dass sich weitere Biber-Familien ansiedeln, ist indes eher unwahrscheinlich. „Biber sind territoriale Tiere“, erläutert Claudia Huesmann. Ist ein Bachabschnitt von einer Familie besiedelt, werden „familienfremde“ Tiere vertrieben – sollte es nötig sein, auch in Revierkämpfen.

Mit ihren Dämmen tragen Biber zum Ansteigen des Grundwasserspiegels bei.
Mit ihren Dämmen tragen Biber zum Ansteigen des Grundwasserspiegels bei. | Bild: Jörg Büsche

Stadt führt Verhandlungen mit den Pächtern

Im Vorfeld der geplanten und demnächst beginnenden Arbeiten beim „Alten Weiher“ hat die Stadt Gespräche mit den Pächtern geführt, berichtet Jacqueline Leyers, Sachbearbeiterin im Markdorfer Bauamt. Leyers zeigt sich zufrieden über den Verlauf der Verhandlungen. Anliegen der Stadt sei es, Konfliktpotenzial zu vermeiden.

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