Das erste Bodensee-Weinfest fand am zweiten September-Wochenende 1975 statt. Erst einige Monate zuvor, am 1. April 1975, hatte Hans Stübner seinen Dienst als Tourismuschef bei der Stadt Meersburg begonnen. Horst Eickmeyer, der damalige Bürgermeister, betrachtete es als Stübners erste und große Aufgabe in Meersburg, ein Weinfest zu organisieren. „Dies wurde schon seit mehreren Jahren in der Stadt immer wieder debattiert, aber nicht verwirklicht“, erinnert sich Stübner, der heute in Lindau lebt.

Nicht nur Befürworter

In den Akten habe es beispielsweise ein Schreiben des damaligen Vorsitzenden des Meersburger Wirte-Stammtisches, Karl Benz, von der Weinstube „Zum Becher“ gegeben. „Aufgrund meines Besuches auf dem Freiburger Weinfest halte ich eine solche Veranstaltung in Meersburg für nicht durchführbar“, zitiert Stübner Benz. Den Befürwortern standen in Meersburg die Bedenkenträger gegenüber, die etwa Konkurrenz zwischen den Winzern, Wirten und Hoteliers um Einnahmen befürchteten.

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Hinzu kam, dass Stübner, der aus Immenstadt am Alpsee stammt, nach eigenen Angaben wenig Ahnung von der Weinwirtschaft hatte. „Im Allgäu trinkt man mehr Bier. Schnell hatte ich aber einen guten, vertrauensvollen Draht zu Ernst Adams, der, als Mann von der Mosel, damals der Direktor des Staatsweingutes war“, sagt Stübner. In der Weinkunde und im Aufbau eines entsprechenden Netzwerkes sei er ihm ein großer Lehrmeister und aktiver Helfer gewesen.

Bürgermeister Horst Eickmeyer hält beim Weinfest 1979 eine Rede. Mit ihm auf dem Podium stehen die Trachten und Musiker.
Bürgermeister Horst Eickmeyer hält beim Weinfest 1979 eine Rede. Mit ihm auf dem Podium stehen die Trachten und Musiker. | Bild: Stadtarchiv Meersburg

Schon immer auf Schlossplatz

Als Festplatz waren von Anfang an der Schlossplatz, die Vorburggasse und der Glatte Stein vorgesehen. „Es war sehr wichtig, dass alle Winzer aus dem Badischen Bodensee-Anbaugebiet eingeladen werden. Die Verkaufsstände der Bäcker, Metzger und Fischer sowie der alkoholfreien Getränke wurden mit Meersburger Betrieben besetzt“, berichtet Stübner. In den ersten zwei Jahren hätten sie einfache Marktstände aus Überlingen geliehen und eine Brauerei habe ihnen gegen geringe Gebühren Biertischgarnituren bereitgestellt. „Es wurde vereinbart, dass keine Zelte oder andere Überdachungen aufgebaut werden. Es soll eine Open-Air-Veranstaltung sein und dies auch trotz des Wetterrisikos. Das Flair der Altstadt ist noch heute unübertroffen und trägt zum Erfolg bei“, so der damalige Tourismuschef. Der Termin sei bis heute das zweite Wochenende im September, und zwar von Freitag, 17 Uhr, bis Sonntag, 23 Uhr.

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Der städtische Bauhof war für den Auf- und Abbau zuständig und Handwerksbetriebe aus Meersburg besorgten die Beleuchtung und die Beschallung der Plätze. Anfänglich hat sich die Meersburger Feuerwehr um die große Platzreinigung gekümmert. Schüler des Gymnasiums verdienten sich beim Verkauf der Weingläser sowie bei den Einlass-Kontrollen und für Aufräumarbeiten ein Taschengeld. Erst in späteren Jahren übernahm der Turn- und Sportverein Meersburg diese Aufgaben.

Namen mit Notlüge gesichert

„Im Verlauf der ersten Jahre habe ich für den Bestand des Namens Bodensee-Weinfest kämpfen müssen, denn Konstanz wollte uns diese Bezeichnung streitig machen. Dies gelang mir mit der Notlüge, dass der Name als geschützt eingetragen sei“, verrät Hans Stübner. Niemand habe dies damals hinterfragt.

Ausgerechnet am Freitag des ersten Weinfestes 1975 hat es sehr stark geregnet. „Ich war voller Aufregung und habe immer zur Wetterwarte Zürich telefoniert, aber auch aus dem Spiegelsaal im Neuen Schloss die Wetterfront im Westen beobachtet“, sagt Stübner.

Gutes Wetter ist nicht immer garantiert. Auch 1984 regnete es beim Bodensee-Weinfest. Doch die Besucher nahmen einfach unter ihren ...
Gutes Wetter ist nicht immer garantiert. Auch 1984 regnete es beim Bodensee-Weinfest. Doch die Besucher nahmen einfach unter ihren Regenschirmen an den Biergarnituren Platz. | Bild: Stadtarchiv Meersburg

Um 16 Uhr haben die Verantwortlichen die Eröffnung abgesagt und auf den nächsten Tag um 11 Uhr verschoben. „Das Wetter am Samstag und Sonntag war wunderbar und das erste Bodensee-Weinfest ein großer Erfolg“, so Stübner. Auch die Meersburger Bürger waren seinen Ausführungen nach begeistert. Über kritische Wetterlagen beim Bodensee-Weinfest wurde einmal Jahre später im Gemeinderat diskutiert. Bürgermeister-Stellvertreter und Bäckermeister Kurt Kränkel habe in der Sitzung mit Blick auf mögliche Verschiebungen gesagt: „Wenn es am Freitag regnet, dann werfe ich euch die geschnittenen Zwiebeln (für die Dinnele) vor das Rathaus.“ Und so bewiesen die Menschen zum Beispiel 1984, dass es sich selbst mit dem Regenschirm auf dem Weinfest feiern lässt.

Erlös für neuen Steinway-Flügel

Finanziell hat die Veranstaltung immer Gewinn eingebracht, wie sich Stübner erinnert: „Jedes Jahr hatten wir finanzielle Überschüsse, diese auch nach der Abrechnung der Bauhoflöhne an die Stadtkasse.“ Dem Verkehrsamt sei es immer ein Anliegen gewesen, die Einnahmen im gleichen Haushaltsjahr zu investieren und „nicht von der Stadt ins nächste Jahr übertragen zu lassen“. Es wurden neue Marktstände gebaut und eine eigene Beschallungsanlage angeschafft.

Ein Auftritt der Knabenmusik im Jahr 1984. Die Musiker sind seit jeher dabei.
Ein Auftritt der Knabenmusik im Jahr 1984. Die Musiker sind seit jeher dabei. | Bild: Stadtarchiv Meersburg

„Für den Spiegelsaal im Neuen Schloss haben wir sogar einen neuen Steinway-Flügel gekauft, der von Justus Frantz in Hamburg ausgesucht und auch von ihm eingespielt wurde“, berichtet Hübner. Der Pianist hatte einmal im Neuen Schloss den Deckel vom Sauter-Flügel, den die Stadt Meersburg zuvor besessen hatte, abgeschraubt. Mit der Aussage, sein Programm auf diesem Flügel nicht spielen zu können, hatte er den Deckel auf den Boden gelegt. Stübner, der damals ebenfalls für die Schlosskonzerte zuständig war, gibt zu, ihn indirekt ein bisschen angespitzt zu haben. Denn: Bürgermeister Eickmeyer habe vom Weinfest-Erlös keinen Flügel bezahlen wollen. Nach den Klagen des wichtigen Pianisten verhielt sich das allerdings anders. Das neue Instrument wurde angeschafft.

Eine Halbe Bier vor Eröffnung

16.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Eröffnung des ersten Weinfestes, ging Stübner von seinem Büro in der ehemaligen Wache auf dem Schlossplatz in den Klosterkeller unterhalb des Rathauses, um eine Halbe Bier zu trinken. Danach nahm der ehemalige Tourismuschef am Einzug durch das Obertor zum Schlossplatz teil.

Und auch heute ist das Stübners Moment: „Ich komme immer regelmäßig freitags um 17 Uhr.“ Gefallen würde ihm, wenn das Treppenhaus im Schloss während des Weinfestes abends wieder beleuchtet würde. „Das habe ich immer beleuchtet. Ich vermisse das“, erklärt Stübner.