Eine schlaflose Nacht hatten Vertreter der Feuerwehren Meersburg und Daisendorf, des Baubetriebshofs und Angelsportvereins, als der Siechenweiher durch den Starkregen an einem Samstag im Juni über die Ufer zu treten drohte. Da das Ablaufbauwerk verstopft war, konnten die Wassermassen nicht abfließen – und so wurde stundenlang Wasser abgepumpt, um den Pegel zu senken. Für etwas Ablenkung sorgte dabei der Besuch eines Bibers.

Abschrecken ließ sich das Tier durch den lautstarken Einsatz der sechs Pumpen, darunter einer Tauchpumpe, nicht. Bürgermeister Robert Scherer berichtet nach Rücksprache mit der Meersburger Feuerwehr: „Der Biber kam gegen 1 Uhr aus der gegenüberliegenden Wiese.“ Dort hatte sich das Tier noch kurz an den Schläuchen aufgehalten, aus denen das abgepumpte Wasser über die Wiese in den Döbele floss. Der Bach führt hinunter zum Bodensee.
Biber fallen erst durch Spuren auf
Dann erschien der Biber an einem der Einsatzwagen. „Der Biber ging wohl in Richtung Weiher, hat sich sichtlich Gedanken gemacht, ob er umdrehen soll, hat sich aber dann dazu entschieden, doch in den Siechenweiher zu gehen“, schreibt der Bürgermeister. „Das Ganze ging so circa fünf Minuten.“ Feuerwehrmann Tobias Wacker gelangen die seltenen Videoaufnahmen. Biber sind dämmerungs- und nachtaktiv. Üblicherweise fällt ihre Anwesenheit erst durch Spuren und Bauten auf.
Claudia Huesmann vom Umweltschutzamt des Bodenseekreises weiß um das Vorkommen. Die Biberbeauftragte erklärt: „Das Biberrevier im Siechenweiher ist im Umweltschutzamt seit Oktober 2020 bekannt. Wann genau die Tiere dort das Revier besetzten, entzieht sich unserer Kenntnis. Die erste Meldung erreichte uns im zuvor genannten Zeitraum.“ Innerhalb des Siechenweihers sei es als Folge der Winterung des Weihers 2020/2021 zur Verlagerung der Biberburg (Fortpflanzungs- und Ruhestätte) in den Bereich des Zulaufes gekommen.
„Nachdem der Weiher im Frühjahr 2021 widerbespannt wurde (Wiederanstau), hat die Biberfamilie die Burg dort aufgegeben und ist in den Torenbach umgezogen. Wo genau sich seitdem das Revierzentrum befindet, ist uns nicht bekannt. Das Gebiet am Torenbach ist stark zugewachsen und dadurch unzugänglich“, erläutert Huesmann. „Der Siechenweiher wird aber weiterhin als Nahrungshabitat genutzt und ist damit wichtiger Teil des Biberrevieres.“ Das Revier werde in regelmäßigen Abständen von der ehrenamtlich tätigen Biberberaterin begangen. Laut Huesmann steht man zudem mit dem Bauhof der Stadt Meersburg in engem Austausch.
Die Tiere sind inzwischen im gesamten Bodenseekreis präsent. „Bevorzugte Bereiche gibt es nicht. Sie besiedeln sowohl Fließ- als auch Stillgewässer“, erläutert die Biberberaterin. Seitens der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg werde keine flächige Revierkartierung geführt und das Umweltschutzamt sei für eine flächige Erfassung des Bestandes nicht zuständig. „Die Kenntnisse zu Biberrevieren resultieren aus Meldungen aus der Bevölkerung, Betroffenen von Konflikten und aus Zufallsbeobachtungen. Wir gehen derzeit von 75 bis 100 Revieren im Bodenseekreis aus“, teilt Huesmann mit.
Positive Auswirkungen der Bauten
Die Biberbeauftragte hebt die positiven Auswirkungen der Bautätigkeit der Tiere hervor: „Der Biber renaturiert verbaute Gewässer, schafft durch Dammbauten Unterstände für Fische und Kleinlebewesen im Gewässer sowie Lebensraum für Amphibien und Libellen in nassen Stellen im Gewässerrandstreifen.“ Zudem verzögern die Dämme den Abfluss, wodurch natürlich Hochwasser zurückgehalten und Abflussspitzen verzögert werden, wie Huesmann ausführt. „Hingegen verbleibt in Niedrigwasserzeiten und Trockenzeiten Wasser und damit Lebensraum für Wasserorganismen in den Bächen.“ Durch das Anheben des Wasserspiegels in den Bächen sei auch das Grundwasser in den angrenzenden Flächen langfristig angehoben, „wovon Flächenbewirtschafter in Trockenzeiten profitieren“.
Schutzmaterialien zahlt das Land
Huesmann: „Zu Konflikten kann es kommen, wenn der durch Dämme verursachte erhöhte Wasserstand dazu führt, dass Drainagen aus angrenzenden Flächen nicht mehr auslaufen können oder gar Wasser aus dem Bach austritt und in die Fläche fließt.“ Abhilfe schafffen hier Dammdrainagen, mithilfe derer der Wasserstand reguliert wird. Der Einbau sei mit der Unteren Naturschutzbehörde abzustimmen, betont Huesmann. Gegen Fällungen und Verbiss bieten Drahthosen Schutz. Obstanlagen können mittels Elektrozäunen geschützt werden. Schutzmaterialien werden zu 100 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert. Förderlich ist, auf gute Nachbarschaft zu setzen. So haben die Angler am Siechenweiher 2020 Abraum bereit gelegt, damit der Schaden an Bäumen unterbleibt.