Die Malerin Barbara Muhr aus Regensburg erhielt den mit 4000 Euro dotierten Förderpreis für gegenständliche Kunst des Bodenseekreises 2022. Der Publikumspreis, der mit 1000 Euro verbunden ist, ging an Moritz Dümmel aus Stuttgart. Landrat Lothar Wölfle überreichte am Freitagabend die Auszeichnungen im Neuen Schloss. Zudem bekam Anna Diehr aus Stuttgart, die beim Publikumspreis nur sechs Stimmen weniger als Dümmel einheimste, eine kleine Anerkennung.

Barbara Muhr erhält von Landrat Lothar Wölfle im Spiegelsaal des Meersburger Neuen Schlosses den Förderpreis für gegenständliche Kunst ...
Barbara Muhr erhält von Landrat Lothar Wölfle im Spiegelsaal des Meersburger Neuen Schlosses den Förderpreis für gegenständliche Kunst des Bodenseekreises 2022. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Bei der vorigen Preisverleihung vor zwei Jahren saß der Landrat pandemiebedingt allein vor einer Kamera, dieses Jahr stand er, sichtlich froh darüber, vor dem vollen Spiegelsaal. Im Publikum saßen auch eine Delegation aus dem Partner-Landkreis Leipzig mit Landrat Henry Graichen an der Spitze sowie der Landtagsabgeordnete Martin Hahn (Grüne). Das Motto „Mach Dein Ding!“, unter dem die vorangegangene Ausstellung mit Werken der Preisbewerber stand, sollte laut Wölfle für junge Künstler auch eine Aufforderung sein, nach der weltweiten Lähmung im Lockdown wieder durchzustarten. Zu den in der Ausstellung vertretenen Sujets zählten denn auch Corona sowie die politische Entwicklung in Europa.

Julia di Dio vom Kreiskulturamt stellte alle Künstler kurz vor. Sie stammen aus unterschiedlichen Herkunftsländern, etliche aus Südkorea, Japan und erstmals auch aus China. Der Querflötist Jonas Ribeiro aus Trossingen begleitete die Veranstaltung musikalisch.

Die unkonventionellen, vielschichtigen Gemälde von Barbara Muhr überzeugten die Jury. Die Mitglieder sahen Anspielungen auf Geschichte, ...
Die unkonventionellen, vielschichtigen Gemälde von Barbara Muhr überzeugten die Jury. Die Mitglieder sahen Anspielungen auf Geschichte, Literatur und Kunstgeschichte. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Heike Frommer, Leiterin der Galerie Bodenseekreis und Jurymitglied, stellte in ihrer Laudatio auf die Preisträger auch klar heraus, dass gegenständliche Kunst alles andere als eindeutig und ein schnödes Abbild der Wirklichkeit sein kann. Die realistische Kunst sei jedoch mit dem Aufkommen der Klassischen Moderne und der ungegenständlichen Kunst, die die ästhetische Wahrnehmung veränderten, sowie nach der Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus auf Bedenken gestoßen.

Das könnte Sie auch interessieren

Barbara Muhrs Werke empfand die Jury laut Frommer als frisch, unkonventionell und selbstbewusst. Muhrs Bilder enthielten viele Anspielungen auf Geschichte, Literatur und Kunstgeschichte, so etwa Marien- und Christussymbolik im Gemälde „Apotheosis“, das eine selbstbewusste schwarze Frau zeigt. Die Preisrichter würdigten „in Muhrs Malerei das überzeugte Spiel mit der Geschichte, die Assoziationsfreude und die überraschenden Wendungen“. Ihre Bildfindungen seien mehrschichtig und spielten mit verschiedenen Wirklichkeitsebenen.

Nach der Corona-Zwangspause fand die Verleihung des Förderpreises für gegenständliche Kunst des Bodenseekreises 2022 wieder mit ...
Nach der Corona-Zwangspause fand die Verleihung des Förderpreises für gegenständliche Kunst des Bodenseekreises 2022 wieder mit Live-Publikum im Spiegelsaal des Meersburger Schlosses statt. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Hyperreal wirken auf den ersten Blick Moritz Dümmels großformatige Kohlezeichnungen. „Ach, das ist gar kein Foto“, war laut Frommer eine häufige Reaktion von begeisterten Betrachtern. Dümmels Technik sei zweifellos virtuos und bis ins 19. Jahrhundert sei das in der Kunst die Voraussetzung für Schönheit gewesen, während man heute oft höre, das sei ja nur Kopieren. Auch den amerikanischen Fotorealisten, mit denen Dümmel einiges gemeinsam habe, habe man diesen Vorwurf gemacht. Ihr Anliegen sei es aber gewesen, Fotografie in Malerei zu übersetzen, wobei ja bereits das Foto eine Interpretation von Wirklichkeit darstelle.

Dümmel wähle realistische Motive für seine Zeichnungen und fokussiere sich auf das Essentielle. „Wahrheit“ nenne er das, was er durch Konzentration auf das Wesentliche herausarbeiten wolle. Und angesichts seines Mediums Holzkohle, sollte man Dümmels Virtuosität unbedingt anerkennen, meinte Frommer lächelnd. „Glänzende Oberflächen mit etwas zu schaffen, das einem die Finger schmutzig macht – das ist schon eine Leistung!“